Eine weitere Lösung für den unerfüllten Kinderwunsch?
Die Arbeit des Höchstädter Netzwerks Embryonenspende wird vor dem Obersten Landesgericht München verhandelt. Das Urteil dürfte bundesweit Aufsehen erregen
Landkreis/München Das Thema hat Wellen bis weit über die Grenzen unserer Region geschlagen: Vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht in München hat am Mittwoch der Berufungsprozess gegen den Höchstädter Verein Netzwerk Embryonenspende begonnen. Angeklagt sind der Vorsitzende des Vereins, HansPeter Eiden, sowie zwei Mediziner. Es geht um Verstöße gegen das Embryonenschutzgesetz. Die Frage, die das Gericht beantworten muss, ist die folgende: Wann beginnt ein Leben?
Der Fall, über den wir bereits mehrfach berichteten, begann 2018. Damals wurde vor dem Amtsgericht Dillingen über die Praxis des Netzwerks Embryonenspende verhandelt. Es ging um die Frage, ob Eizellen, die anderen Frauen im Rahmen von Kinderwunschbehandlungen entnommen wurden, weitergegeben werden dürfen. Denn der Höchstädter Verein hat – eigenen Angaben zufolge ohne Gewinnabsicht – Eizellen, die bereits mit Spermien zusammengebracht und dann eingefroren worden waren, bevor es zur Verschmelzung kam, an Paare mit unerfülltem Kinderwunsch vermittelt.
Dieses Vorgehen fällt in eine Gesetzeslücke. Denn das deutsche Embryonenschutzgesetz verbietet die Weitergabe unbefruchteter Eizellen. Ebenso darf eine Eizelle nicht mit dem Ziel befruchtet werden, sie einer anderen Frau einzupflanzen als der, von der die Zelle stammt. Der Verein sieht beide Straftatbestände als nicht gegeben an. Denn: Nach der sogenannten Imprägnierung der Eizelle folge unwiderruflich die Befruchtung. Entsprechend gebe der Verein keine unbefruchteten Eizellen weiter. Auch der zweite Straftatbestand greift nach Ansicht des Vereins nicht. Denn die weitergegebenen Eizellen sollten ursprünglich der Frau eingesetzt werden, von der sie stammten.
Den Fall hat inzwischen die Generalstaatsanwaltschaft München übernommen. Sie geht davon aus, dass imprägnierte Zellen noch nicht befruchtet sind und die Befruchtung erst stattfindet, wenn die wieder aufgetaute Zelle einer anderen Frau eingesetzt wurde. Zudem sieht die Anklage den Vorwurf bestätigt, dass eine Befruchtung einer Eizelle mit dem Ziel stattfindet, sie einer anderen Frau einzupflanzen. Eine Niederlage in dieser Sache, sagt HansPeter Eiden gegenüber unserer Redaktion, käme einem „staatlichen Vernichtungsgebot für Embryonen“gleich. „Das würde für die betroffenen Paare, Spender wie Empfänger, enorm viel bedeuten.“Ihm selbst droht eine Geldstrafe.
Vor rund zweieinhalb Jahren wurde der Verein vom Amtsgericht Dillingen bereits freigesprochen, weil er auf Nachfrage bei diversen Behörden zu dem Thema keine klaren Antworten erhalten hat. Die Praxis als solche hat das Gericht damals aber als unzulässig erklärt. In der Berufungsverhandlung neun Monate später vor dem Landgericht Augsburg erhielt der Verein schließlich Recht. Seine Arbeit und damit die Weitergabe imprägnierter Eizellen sei voll und ganz legitim, hieß es.
In der Verhandlung am Mittwoch vor dem Obersten Landesgericht wurde das Urteil auf Rechtsfehler überprüft. Die Staatsanwaltschaft forderte, es aufzuheben und zurück an das Landgericht Augsburg zu geben. Die Angeklagten wiederum forderten die Verwerfung der Revision. Das Urteil soll nun am kommenden Mittwoch verkündet werden – und wird wohl große Bedeutung für Paare mit unerfülltem Kinderwunsch haben. Laut eines Gerichtssprechers wird es das erste obergerichtliche Urteil bundesweit sein.
Hans-Peter Eiden wartet bereits gespannt auf das Ergebnis. Er sei ganz guter Dinge, sagt er. „Doch wissen tu ich nichts.“Er betont, dass er seine Arbeit nicht für sich selbst mache. „An erster Stelle stehen die Spender, die es nicht übers Herz bringen, die Eizellen wegzuwerfen.“In ganz Deutschland gebe es derzeit 200 000 eingefrorene Eizellen, die für die Weitergabe in Frage kämen.
Im Gespräch kündigt Eiden bereits an, dass er persönlich im Falle einer Niederlage vor dem Obersten Landesgericht nicht noch einmal vor Gericht ziehen wolle. „Ich bin müde. Ich mache das schon seit zehn Jahren. Irgendwann muss ich auch mal aufhören.“Der Verein solle aber auch dann fortbestehen.