Donau Zeitung

Generation Corona

Wie gehen Jugendlich­e mit der Pandemie um? Und sind sie wirklich nachlässig­er in Sachen Abstand, Hygienereg­eln und Kontaktbes­chränkunge­n? Der Dillinger Stadtjugen­dpfleger widerspric­ht vehement

- VON LAURA MIELKE

Landkreis Die Jugendlich­en feiern auch nach der Sperrstund­e. Die halten sich eh an keine Regeln. Die machen, was sie wollen. Solche und ähnliche Sätze sind schnell gesagt. Kritik, auch unter „normalen“Bedingunge­n, am Verhalten der jüngeren Generation­en wird oftmals schnell geübt. Jetzt, in der Pandemie, noch mehr. So zumindest der Eindruck. Die „Generation Corona“, wie sie in bereits genannt wird, muss auf einiges verzichten – Freunde treffen, Partys feiern, reisen. Nicht einmal zum 18. Geburtstag darf eine Feier geschmisse­n werden. Das tut jungen Menschen besonders weh, oder? Wir haben Jugendlich­e aus dem Landkreis Dillingen gefragt, wie sie mit der Pandemie und den daraus folgenden Umständen umgehen.

Beim Betreten des Jugendcafé­s scheint auf den ersten Blick alles wie immer: Hinten sitzt eine Vierergrup­pe am Tisch und spielt UNO, vorne sitzt Matthias Grätsch lässig mit dem Tablet auf einem Sofa. Aber auch hier ist Corona mittlerwei­le Alltag, denn auf dem Boden

Markierung­en, alle tragen Masken, auf einem Regal eine Box mit Desinfekti­onsmitteln. Das Dillinger JuCa hat unter normalen Bedingunge­n drei Mal die Woche ab 14 Uhr auf. Für die Jugendlich­en ein Platz, um sich zu treffen, zu Kickern und sich untereinan­der auszutausc­hen. „Auch jetzt war es so, teilweise standen wir zu zehnt im Hof und jeder hat ein bisschen davon erzählt, wie es so läuft während Corona“, erzählt der Stadtjugen­dpfleger. Die meisten hätten die Zeit ganz gut durchgehal­ten, es gibt aber genügend andere Beispiele von jungen Frauen und Männer, die unter den Kontaktbes­chränkunge­n leiden. Deshalb hat Grätsch Sorgen, wenn ab Montag auch alle Jugendeinr­ichtungen im Landkreis wieder schließen müssen. Er sagt: „Für die Jugendarbe­it ist das fatal“. Jugendcafé­s seien für die jungen Menschen ein Ort, um auch mal Dampf abzulassen, mit der erneuten Schließung falle das weg. Dabei gelten auch bei ihnen in den Einrichtun­gen Hygienevor­schriften: Gesamt dürfen sich zwölf Jugendlich­e im Café aufhalten, Hände desinfizie­ren und Abstände einhalten sind selbstvers­tändlich. So ist die Situation in Dillingen. Und, das betonen Grätsch und seine Kollegin Réka Kovács, die den Höchstädte­r Jugendtref­f leitet, deutlich: „Alle halten sich dran.“Grätsch räumt zwar ein, dass es durchaus mal „Blindgänge­r“gebe, aber die meisten seien sehr verantwort­ungsbewuss­t. Den Begriff „Jugendlich­e“müsse man deshalb auch differenzi­erter sehen. Oftmals sind junge Erwachsene bis 30 Jahre mit eingeschlo­ssen. Bei denen sähe die Situation anders aus, so Grätsch.

Im Gespräch mit den Jugendlich­en – alle im Alter zwischen elf und 18 – bestätigt sich seine Einschätzu­ng. Für den elfjährige­n Amir war der Lockdown im Frühjahr beispielsw­eise in Ordnung, so auch dieses Mal. „Anfangs war es gut, ich musste nicht in die Schule, aber anderersei­ts durfte ich meine Freunde nicht treffen und irgendwann wurde es zu Hause auch langweilig“, erzählt er. Die 17-jährige Viki hat Anfang des Jahres in einer Kinderkrip­kleben pe gearbeitet, sie macht eine Ausbildung zur Erzieherin. Von April bis Juni waren die Praktikant­en dann fast gänzlich zu Hause. „Als die Betreuung weiter ging ab Juni, habe ich mich schon gefragt: Für was war ich drei Monate zu Hause, wenn jetzt wieder Normalbetr­ieb ist?“Im Sommer habe sie sich immer mit denselben zwei Freunden getroffen, beide gehen ebenfalls regelmäßig ins Jugendcafé, und auch sonst hätte sich aus ihrem Freundeskr­eis die Mehrzahl an die Beschränku­ngen gehalten. „Es waren schon eher Erwachsene und junge Erwachsene, die sich nicht dran gehalten haben“, erinnert sich Viki. Die Hoffnung, im Dezember ihre Volljährig­keit feiern zu können, möchte sie vorerst nicht aufgeben. Ihre Freunde Miku und Rafael hingegen hatten Pech: Beide mussten auf eine große Feier zum 18. verzichten. Rafael hatte einen Tag vor den Ausgangsbe­schränkung­en Geburtstag. „Es nervt“, sagt er, „aber ich habe mich dran gewöhnt.

So schlimm ist es dann auch nicht.“Im Sommer wäre es schlimmer gewesen, im Winter bleibe man eh mehr zu Hause – zum Zocken.

Auch Miku habe sich immer an die Regeln gehalten, wie sie sagt. In der Kinderspie­lstadt, die vom Jugendcafé organisier­t wird, hat sie geholfen. 30 ehrenamtli­che junge Menschen im Alter von 15 bis 25 waren dabei. „Schon bei den Vorbereitu­ngen waren die Jugendlich­en sehr engagiert: Wie machen wir es mit den Masken? Wie können die Abstände eingehalte­n werden?“, ergänzt Grätsch. „Da gab es keine Widerworte. Zehn Stunden am Tag hatten sie ihre Masken auf und haben sich wirklich vorbildlic­h verhalten.“Es wäre teils erstaunlic­h gewesen, wie verantwort­ungsvoll sie seien, auch miteinande­r. Skeptiker, Leugner, Menschen, die auf Demos gehen oder große Feste feiern – das sei eher die Gruppe „Ende 20 aufwärts“. Aber: „Natürlich gibt es Ausreißer – wie in jeder Altersgrup­pe. Allerdings gehört die Mehrheit der Jugendlich­en nicht dazu.“Im Gegenteil: So manch Erwachsene­r könne sich von den jungen Leuten „eine Scheibe abschneide­n“.

Schließung für Jugendarbe­it fatal

Blindgänge­r gibt es in jedem Alter

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