Generation Corona
Wie gehen Jugendliche mit der Pandemie um? Und sind sie wirklich nachlässiger in Sachen Abstand, Hygieneregeln und Kontaktbeschränkungen? Der Dillinger Stadtjugendpfleger widerspricht vehement
Landkreis Die Jugendlichen feiern auch nach der Sperrstunde. Die halten sich eh an keine Regeln. Die machen, was sie wollen. Solche und ähnliche Sätze sind schnell gesagt. Kritik, auch unter „normalen“Bedingungen, am Verhalten der jüngeren Generationen wird oftmals schnell geübt. Jetzt, in der Pandemie, noch mehr. So zumindest der Eindruck. Die „Generation Corona“, wie sie in bereits genannt wird, muss auf einiges verzichten – Freunde treffen, Partys feiern, reisen. Nicht einmal zum 18. Geburtstag darf eine Feier geschmissen werden. Das tut jungen Menschen besonders weh, oder? Wir haben Jugendliche aus dem Landkreis Dillingen gefragt, wie sie mit der Pandemie und den daraus folgenden Umständen umgehen.
Beim Betreten des Jugendcafés scheint auf den ersten Blick alles wie immer: Hinten sitzt eine Vierergruppe am Tisch und spielt UNO, vorne sitzt Matthias Grätsch lässig mit dem Tablet auf einem Sofa. Aber auch hier ist Corona mittlerweile Alltag, denn auf dem Boden
Markierungen, alle tragen Masken, auf einem Regal eine Box mit Desinfektionsmitteln. Das Dillinger JuCa hat unter normalen Bedingungen drei Mal die Woche ab 14 Uhr auf. Für die Jugendlichen ein Platz, um sich zu treffen, zu Kickern und sich untereinander auszutauschen. „Auch jetzt war es so, teilweise standen wir zu zehnt im Hof und jeder hat ein bisschen davon erzählt, wie es so läuft während Corona“, erzählt der Stadtjugendpfleger. Die meisten hätten die Zeit ganz gut durchgehalten, es gibt aber genügend andere Beispiele von jungen Frauen und Männer, die unter den Kontaktbeschränkungen leiden. Deshalb hat Grätsch Sorgen, wenn ab Montag auch alle Jugendeinrichtungen im Landkreis wieder schließen müssen. Er sagt: „Für die Jugendarbeit ist das fatal“. Jugendcafés seien für die jungen Menschen ein Ort, um auch mal Dampf abzulassen, mit der erneuten Schließung falle das weg. Dabei gelten auch bei ihnen in den Einrichtungen Hygienevorschriften: Gesamt dürfen sich zwölf Jugendliche im Café aufhalten, Hände desinfizieren und Abstände einhalten sind selbstverständlich. So ist die Situation in Dillingen. Und, das betonen Grätsch und seine Kollegin Réka Kovács, die den Höchstädter Jugendtreff leitet, deutlich: „Alle halten sich dran.“Grätsch räumt zwar ein, dass es durchaus mal „Blindgänger“gebe, aber die meisten seien sehr verantwortungsbewusst. Den Begriff „Jugendliche“müsse man deshalb auch differenzierter sehen. Oftmals sind junge Erwachsene bis 30 Jahre mit eingeschlossen. Bei denen sähe die Situation anders aus, so Grätsch.
Im Gespräch mit den Jugendlichen – alle im Alter zwischen elf und 18 – bestätigt sich seine Einschätzung. Für den elfjährigen Amir war der Lockdown im Frühjahr beispielsweise in Ordnung, so auch dieses Mal. „Anfangs war es gut, ich musste nicht in die Schule, aber andererseits durfte ich meine Freunde nicht treffen und irgendwann wurde es zu Hause auch langweilig“, erzählt er. Die 17-jährige Viki hat Anfang des Jahres in einer Kinderkripkleben pe gearbeitet, sie macht eine Ausbildung zur Erzieherin. Von April bis Juni waren die Praktikanten dann fast gänzlich zu Hause. „Als die Betreuung weiter ging ab Juni, habe ich mich schon gefragt: Für was war ich drei Monate zu Hause, wenn jetzt wieder Normalbetrieb ist?“Im Sommer habe sie sich immer mit denselben zwei Freunden getroffen, beide gehen ebenfalls regelmäßig ins Jugendcafé, und auch sonst hätte sich aus ihrem Freundeskreis die Mehrzahl an die Beschränkungen gehalten. „Es waren schon eher Erwachsene und junge Erwachsene, die sich nicht dran gehalten haben“, erinnert sich Viki. Die Hoffnung, im Dezember ihre Volljährigkeit feiern zu können, möchte sie vorerst nicht aufgeben. Ihre Freunde Miku und Rafael hingegen hatten Pech: Beide mussten auf eine große Feier zum 18. verzichten. Rafael hatte einen Tag vor den Ausgangsbeschränkungen Geburtstag. „Es nervt“, sagt er, „aber ich habe mich dran gewöhnt.
So schlimm ist es dann auch nicht.“Im Sommer wäre es schlimmer gewesen, im Winter bleibe man eh mehr zu Hause – zum Zocken.
Auch Miku habe sich immer an die Regeln gehalten, wie sie sagt. In der Kinderspielstadt, die vom Jugendcafé organisiert wird, hat sie geholfen. 30 ehrenamtliche junge Menschen im Alter von 15 bis 25 waren dabei. „Schon bei den Vorbereitungen waren die Jugendlichen sehr engagiert: Wie machen wir es mit den Masken? Wie können die Abstände eingehalten werden?“, ergänzt Grätsch. „Da gab es keine Widerworte. Zehn Stunden am Tag hatten sie ihre Masken auf und haben sich wirklich vorbildlich verhalten.“Es wäre teils erstaunlich gewesen, wie verantwortungsvoll sie seien, auch miteinander. Skeptiker, Leugner, Menschen, die auf Demos gehen oder große Feste feiern – das sei eher die Gruppe „Ende 20 aufwärts“. Aber: „Natürlich gibt es Ausreißer – wie in jeder Altersgruppe. Allerdings gehört die Mehrheit der Jugendlichen nicht dazu.“Im Gegenteil: So manch Erwachsener könne sich von den jungen Leuten „eine Scheibe abschneiden“.
Schließung für Jugendarbeit fatal
Blindgänger gibt es in jedem Alter