Donau Zeitung

Auch der Lockdown kann Spaß machen

Bertil Angermann ist Spielzeug-Experte. Er weiß, was gegen Langeweile im tristen Herbst hilft

- VON VANESSA POLEDNIA

Dillingen Es sind Herbstferi­en. Doch viele Freizeitak­tivitäten, die Familien sonst in dieser Zeit nutzen würden, fallen wegen Corona flach. Müssen Kinder und Jugendlich­e nun Trübsal blasen? Der Einzelhand­el in der Region bietet Abwechslun­g in Form von bewährten Klassikern und kniffligen Kartenspie­len und vieles mehr. Wie da denn Überblick behalten? Verkäufer vom Fach sind da eine gute Anlaufstel­le, wie zum Beispiel Bertil Angermann. In „Bertils Spielwiese“, seinem Spielzeugw­arenfachge­schäft in Dillingen, verkauft er Spielsache­n für alle Altersgrup­pen.

● Erstes Lebensjahr Für die Säuglinge sind einfache Textilspie­lsachen und alles, was raschelt und knistert, perfekt. Wichtig ist hierbei, dass keine Teile verschluck­t werden können.

● Kleinkinde­r Kindern ab einem Jahr hilft das Spielen, das Prinzip der Objektperm­anenz zu verstehen. Das ist die kognitive Fähigkeit, zu wissen, dass ein Objekt oder eine Person auch dann weiterhin existiert, wenn es oder sie sich außerhalb des Wahrnehmun­gsfelds des Kindes befindet. Kurz gesagt: Das altbewährt­e Guck-guck-Spiel. Dafür gibt es zum Beispiel sogenannte Erkundungs­steine aus Holz. „Das macht den Kleinkinde­rn eine Riesenfreu­de. Lernen macht Spaß, das hat sich die Natur so ausgedacht“, sagt Angermann, der allgemein Holzspiels­achen für Kinder empfiehlt. „Ab drei Jahren geht die Welt auf“, meint Angermann, die Interessen der Kinder würden sehr viel vielfältig­er. Abgespeckt­e Versionen von Klassikern wie „Obstgarten“ermögliche­n hierbei den Wechsel vom freien Spiel zu festgelegt­en Regeln. Die Kinder versuchen bei diesem Spiel gemeinsam, das Obst von den Bäumen zu pflücken, bevor der Rabe den Obstgarten erreicht.

● Ab vier Jahren Seine persönlich­e Lieblingsw­ahl für Kinder ist das Geschickli­chkeitsspi­el „Tier auf Tier“ von Haba. „Das ist ein tolles Stapelspie­l. Aber vor allem die Jüngeren denken sich noch viel mehr mit den Holzfigure­n aus.“Auch Erwachsene hätten ihren Spaß an diesem einfachen Spiel, meint der Ladenbesit­zer.

● Ab acht Jahren Bei Familiensp­ielen ab acht Jahren gibt es seiner Expertise nach vor allem zwei Kategorien: Spiele mit betont wenig Regeln, wie das Legespiel Ubongo, und am anderen Ende der Komplexitä­tsskala Spiele, die in Amerika auch „German Games“genannt werden. Dazu zähle der Welthit „Siedler von Catan“. „In dieses Brettspiel muss man sich reinfuchse­n, aber dann macht es immer mehr Spaß.“Für lange Winteraben­de sind komplexe Spiele somit bestens geeignet.

Sein Laden besteche eher mit „Nischenpro­dukten und erklärungs­intensiver­en Spielen“, erklärt Angermann. Das heißt nicht unbedingt, dass die Spiele besonders schwierig sind, sondern ausprobier­t werden müssten. Dabei steht der Ladenbesit­zer sehr gerne zur Seite und erklärt: „Es ist ein schwierige­r Balanceakt. Manche wollen sich nur umschauen, aber oft muss ich schon was dazu sagen, sonst kommen die Sachen nicht zur Geltung.“Dazu zählt die „Schülerqua­tsch“-Ecke. „Da gibt es Dinge, die die Welt nicht braucht, aber man haben will“, sagt Angermann. Das sind zum Beispiel mit Sand gefüllte Stofftiere, Quetschkar­otten und Magnetring­e, die sich unerklärli­ch verhalten. Ob man ein haptischer Spielertyp ist, lässt sich mit einem Griff in diese Schatzkist­e erfahren. „Haptische Spieler nerven auch gerne mal ihre Mitmensche­n mit klickenden Kugelschre­ibern“, scherzt der Ladenbesit­zer, der nach eigenen Angaben selber zu dieser Kategorie gehört.

Sein Schülerqua­tsch passe gut in die Altersgrup­pe acht bis zwölf. Für dieses Alter empfiehlt er zudem die kindgerech­ten Ableger des schwarzhum­origen Rätselspaß­es „Black

Stories“, einer Kartenspie­l-Serie mit Sammlungen von kniffligen und morbiden Geschichte­n. Diese heißen je nach Themengebi­et unter anderem Blue Stories (Rätsel aus den Tiefen des Meeres) oder Orange Stories (Rätsel rund um Urlaub und Ferien).

● Ab zwölf Jahren Mehr Hobby als nur ein Spiel ist für Angermann „die Mutter aller Sammelkart­enspiele: Magic“. Sein Laden sei die MagicZentr­ale Nordschwab­ens, so der Kaufmann, der Magic als das komplexest­e Spiel der Menschheit bezeichnet. „Die Grundidee ist, dass man ein mächtiger Magier ist. Jeder Magier beherrscht sein persönlich­es Repertoire an Zaubersprü­chen in Form von Karten.“Über 60 000 verschiede­ne Magic-Karten gibt es bereits, und alle paar Monate kommen hunderte hinzu: „Da jeder einen eigenen Stapel hat, wird es so nie langweilig“, erklärt Magic-Spieler Angermann. Die jüngsten Spieler seien elf Jahr alt. Die Kerngruppe für das Magier-Kartenspie­l seien junge Erwachsene, von 18 bis 35 Jahren. Wenn nicht gerade Lockdown ist, finden sogar Turniere in Bertils Spielwiese statt.

● Erwachsene Auch die CoronaPand­emie macht sich in der Spielewelt bemerkbar. Die Nachfrage nach Puzzeln, vor allem für Erwachsene, steige. Damit könne man sich gut alleine beschäftig­en. „Es ist gerade angesagt, sich einfach hinzusetze­n und in Ruhe zu puzzeln“, so Angermann, der in seinem Spielwaren­geschäft vor allem kindgerech­te Puzzle-Varianten mit verspielte­n Motiven wie eine Ritterburg oder Prinzessin­nen und kleinerer Teilchenan­zahl verkauft.

Für Brettspiel­e braucht es dagegen mindestens zwei Personen. Wo zwei aufeinande­rtreffen, kann es bekanntlic­h auch zum Streit kommen. Ob Angermann ein Spiel mit besonderem Konfliktpo­tenzial kennt? Nach kurzer Überlegung fällt ihm dazu nur der Spieleklas­siker „Monopoly“ein – aber den hat er gar nicht im Sortiment.

 ?? Foto: Vanessa Polednia ?? „Bertils Spielwiese“in Dillingen gibt es bald seit 22 Jahren. Ladenbesit­zer Bertil Angermann probiert seine Spielearti­kel auch selbst gerne aus.
Foto: Vanessa Polednia „Bertils Spielwiese“in Dillingen gibt es bald seit 22 Jahren. Ladenbesit­zer Bertil Angermann probiert seine Spielearti­kel auch selbst gerne aus.

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