Behandlungsverzögerung erhöht Sterberisiko
Wenn die Krebstherapie zu spät beginnt, kann das dramatische Folgen haben. Welche Auswirkungen bereits ein vierwöchiger Aufschub für die Patienten haben kann
Kingston Eine Verzögerung in der Behandlung kann für Krebs-Patienten schwerwiegende Folgen haben, warnen kanadische und britische Mediziner im Fachblatt The BMJ. Schon ein Monat Verzögerung in der Krebstherapie könne das Sterberisiko um drei bis 13 Prozent erhöhen, so das Fazit der Wissenschaftler.
Das Team um den Onkologen Timothy Hanna von der kanadischen Queen’s Universität hatte untersucht, wie sich eine Verzögerung zwischen Diagnose und Therapiebeginn auf die Mortalität von Patienten auswirkt. Dafür führten die Wissenschaftler eine Metaanalyse von 34 Studien aus der Zeit von Januar 2000 bis April 2020 mit insgesamt knapp 1,3 Millionen Patienten durch. Das Ergebnis: „Eine vierwöchige Verzögerung der Therapie ist bei allen gängigen Formen der Krebsbehandlung mit einem Anstieg der Mortalität verbunden, wobei längere Verzögerungen zunehmend nachteilig sind“, so Hauptautor
Hanna. Konkret erhöhe sich das Sterberisiko bei Operationen für jede vierwöchige Verzögerung um sechs bis acht Prozent, bei einigen Strahlen- und systemischen Therapien sogar um bis zu 13 Prozent.
Im Mai hatte eine Studie des National Institute for Health Research (NIHR) der britischen Universität Birmingham für Aufsehen gesorgt, der zufolge weltweit rund 28 Millionen chirurgische Eingriffe aufgrund von Corona verschoben wurden. Wie viele Operationen in Deutschland wegen Corona aufgeschoben wurden, lässt sich nach Angaben von Joachim Odenbach von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) erst sagen, wenn endgültige Daten vorliegen. Insgesamt seien in den Kliniken hierzulande aber keine lebensnotwendigen Eingriffe, sondern in erster Linie elektive Leistungen verschoben worden. Viele davon seien etwa auf den plastischchirurgischen Bereich entfallen, zudem habe beispielsweise die AOK 80 Prozent weniger HüftprothesenOPs verzeichnet. Zudem hingen sinkende Eingriffszahlen nicht nur mit den Kapazitäten an Personal und Betten in den Kliniken zusammen. „Es gibt auch Patienten, die derzeit Angst haben, ein Krankenhaus oder eine Arztpraxis zu besuchen“, so Odenbach.