Laterne, Laterne – leuchte trotz Corona
Was sich Schulen und Kindergärten einfallen lassen, um St. Martin auch in Zeiten der Pandemie zu feiern
Landkreis Sie steht mit einer Laterne im Wald, als ihr Licht ausgeht. Mit ihrem Mantel hatte das kleine Mädchen verzweifelt versucht, ihr Licht vor dem eisigen Wind zu schützen. Erfolglos. Was nun? Das erfahren die Kinder im Kindergarten Don Bosco am Mittwoch in einer Geschichte. Lange hatte Kindergartenleiterin Bianca Kaltenegger gehofft, dass auch in diesem Jahr zu St. Martin, am 11. November, ein Laternenumzug stattfinden kann. Doch die steigenden Infektionszahlen hatten in letzter Minute einen Strich durch den Plan des Kindergartens gemacht. Kaltenegger sagt: „Gefeiert wird aber trotzdem.“Heuer schlüpfen die Kinder in den einzelnen Gruppen einfach selbst in die verschiedenen Rollen und spielen die Geschichte vom heiligen Martin nach. „Von Steckenpferd bis Mantelteilung ist alles dabei“, sagt sie. Neben dem Basteln von Laternen steht dieses Jahr aber auch ein besonderes Bilderbuch im Vordergrund. In der Erzählung, sagt die Kindergartenleiterin, gehe es um ein kleines Mädchen, das ganz alleine auf der Welt ist. Als ihr Laternenlicht ausgeht, sucht sie Hilfe von verschiedenen Menschen: eine moderne Geschichte über das Teilen und Füreinander-da-Sein.
Themen, die auch bei der Dillinger Grundschule im Mittelpunkt stehen. Klassenlehrerin Angelika Müller erklärt: „Ich gehe mit meinen Schülern der Frage nach, wie wir St. Martin ein bisschen mehr in unseren Alltag integrieren können.“Corona hat auch den Religionsunterricht beeinflusst. Weil die Schüler nicht mehr aufgeteilt werden können, kommen verschiedene Glaubensrichtungen zusammen in die Stunde. „Aus diesem Grund steht bei uns der soziale Aspekt in diesem Jahr noch mehr im Vordergrund“, sagt die Klassenlehrerin. Gerade in der Pandemie, so die Pädagogin, habe die Botschaft einen besonderen Stellenwert.
Ganz auf das St.-Martins-Fest verzichten wollte auch Pfarrer Johannes Schaufler in Gundelfingen nicht. Die Pfarrgemeinde hatte in zwei kleineren Gottesdiensten das Fest am Wochenende bereits gefeiert. Das klassische Fest mit Reiter, Pferd und Mantelteilung konnte es in diesem Jahr auch dort nicht geben. „Sonst haben wir sogar einen Leiterwagen, mit dem wir Gänse in unser Martinsspiel einbinden“, erklärt der Pfarrer. Für viele mag das eine Enttäuschung gewesen sein, vermutet er. Dass die Tradition trotz Pandemie aufrechterhalten wird, ist dem Pfarrer wichtig: Nur auf die Umsetzung kommt es an. Einen Laternenumzug konnte coronabedingt zwar nicht stattfinden, im Gottesdienst gab es für die Kinder aber kleine Ausmalbilder und ein Teelicht mit der Botschaft: „Überlege, wo du im Alltag wie Martin sein kannst.“Im Kindergarten beispielsweise gebe es dazu eine besondere Aktion. Kleidung, die nicht mehr passt, sollen die Kinder an andere weitergeben und ihnen eine Freude machen. „Damit bekommen sie einen Blick für andere und lernen das Teilen“, sagt er. Dankbarkeit und die Freude am Schenken könnten die Kinder nicht nur am Martinstag lernen, auch das Erntedank- und Weihnachtsfest vermittle diese Botschaft.
Martinsgänse, Martinsspiel, Laternen – auch im Zöschinger Kindergarten wird St. Martin hochgehalten, betont Leiterin Bernadette Bauer –, obwohl ihre Einrichtung keine kirchliche ist. „Für Kinder ist St. Martin so etwas Schönes, diese Tradition darf nicht sterben.“In der vergangenen Woche hatte der Kindergarten nach einem Aufruf bei Facebook zwei Laternenfenster gestaltet. Die goldigen Bastelarbeiten wurden den Kindern inzwischen mit nach Hause gegeben. Zusammen mit einem Zettel für die Eltern, bitte jeden Abend von 17 bis 19 Uhr ein Licht in einem ihrer Fenster zum Leuchten zu bringen. „Wir sind ein kleines Dorf, das könnte klappen“, meint Bauer. Am Montag haben die Kinder Martinsgänse aus Hefeteig gebacken und verzehrt, am Dienstag werden sie gemeinsam einen rund 45 Zentimeter langen Martinszopf miteinander teilen. Schließlich geht es bei St. Martin ja ums Teilen. Ein Martinsspiel mit Plastikschwert und Mantel, Martinslieder singen, das alles gehört dazu. „Die Kinder lieben die Zeit sehr. Es ist schade, dass es heuer wegen Corona weder Umzug noch einen Gottesdienst gibt – wo doch unsere Kirche auch noch St. Martin heißt“, sagt Bauer.
Laternen, die im Fenster leuchten, gibt es auch bei den Kindern zu entdecken, die den Kindergarten in Gottmannshofen besuchen. In diesem Jahr lautet das Motto dort: Stuhlkreis statt Martinsspiel. Auch wenn Corona es erschwert, möchte das Team rund um Leiterin Renate Bunk den Kindern in diesem Jahr die Geschichte des heiligen Martin nahebringen. „Wir wollen vermitteln, dass wir alle ein bisschen wie Martin sein können“, erklärt Bunk. Dass das Fest in diesem Jahr nicht ganz so üppig gefeiert werden kann, sagt sie, leuchte den Kindern ein.
Umso schöner ist es dann, wenn wenigstens ein Stück der Tradition erhalten bleiben kann, findet Grundschullehrerin Ingrid Miller.
Gemeinsam mit den Zweitklässlern der Aschbergschule beschäftigt sich die Pädagogin in diesem Jahr noch einmal ausführlich mit dem heiligen Martin. Ob im Musik-, Religionsoder Kunstunterricht: „Unser Ziel ist es, die Botschaft auf die Lebenswirklichkeit der Schüler zu übertragen“, sagt sie. Gerade in der Pandemie könne das Thema noch einmal ganz anders aufgegriffen werden. Besonders schön findet die Lehrerin deshalb die Aktion „Laternenspaziergang“. Kinder stellen dazu noch bis zum 15. November ihre selbst gebastelten Laternen in das Fenster und gehen anschließend mit ihrer Familie spazieren. „Ich hoffe, dass noch viele Leute mitmachen“sagt die Lehrerin. Täglich ab 18 Uhr sollen die bunten Lichter kleinen und großen Augen eine Freude bereiten.
Den tristen Corona-November ein bisschen erträglicher und schöner machen will auch der Lichterwald im Kulturgewächshaus in Birkenried. Wer dort in den nächsten Tagen spazieren geht, kann ein Hoffnungslicht hinterlassen. Ob aus einem Einwegglas oder einer Dose. Ob mit LED-Lichtern oder einem Teelicht: Die Aktion beginnt am Samstag, 21. November, ab 19 Uhr und soll auch auf Facebook und Instagram übertragen werden.