Vom einsamen Bauernhof auf die große Bühne
Wie Alexandra Jörg aus Krumbach über einige Umweg zu ihrer künstlerischen Berufung fand und welche Rolle in ihrem Leben Zufallsbegegnungen spielten. Was der Auftritt bei „The Voice of Germany“für sie bedeutet
Vor einem Millionenpublikum im Fernsehen aufzutreten, das dürfte der Traum von vielen jungen Menschen sein, die gerne singen. Schon als kleines Mädchen habe sie immer das Gefühl gehabt, es stecke etwas in ihr und das müsse raus und das sollte von vielen Menschen gesehen und gehört werden, erklärt die Sängerin Alexandra Jörg. Was das kleine Mädchen, aufgewachsen auf einem Aussiedlerhof bei Weitnau südwestlich von Kempten, spürte und wovon sie träumte, das erfüllte sich am 25. Oktober, als der Privatsender SAT. 1 Alexandra Jörgs Teilnahme bei den Blind Auditions von „The Voice of Germany“ausstrahlte. Erstmals fühle sie sich als Künstlerin so richtig wahrgenommen, sagte die Sängerin im Gespräch mit unserer Zeitung.
Die 43-Jährige ist glücklich, in einem bundesweiten Wettbewerb weitergekommen zu sein. Wann ihr nächster Auftritt im Fernsehen zu sehen ist, steht aber noch nicht endgültig fest.
Der Weg zum Erfolg war für Alexandra Jörg kein schneller und direkter. Viel hätte es ihr geholfen, meint sie, wäre sie am Gymnasium zum Leistungskurs Musik zugelassen worden. Ihre Stimme und ihr Gitarrespielen bei einer Stubenmusik, das sei den Entscheidungsträ
von damals wohl zu wenig und nicht das Richtige gewesen, vermutet sie. Nach dem Abitur studierte sie Biologie an der Universität Konstanz. Dort lernte sie die Frau eines Biologieprofessors kennen, die als Sängerin arbeitete und die ihr Gesangsstunden vermittelte sowie die
an einem Doppelquartett für alte Musik. Eine weitere Zufallsbegegnung brachte sie musikalisch weiter: In der vorlesungsfreien Zeit jobbte Alexandra Jörg bei „Sea Life“, wo ihr eine Arbeitskollegin den Kontakt zu einer Irish Folk Band herstellte, bei der sie dann als
Sängerin mitwirkte. Nach dem Studium wollte sie ins Kunstfach wechseln und sang einem Professor an der Musikhochschule Stuttgart vor. Gesanglich habe sie überzeugt, erklärte ihr der Professor, aber für das Gesangsstudium sei sie wohl schon etwas zu alt und sie spiele nicht Klagern vier. Sie sei schon an der Tür gewesen, erzählt Alexandra Jörg, als sie den Rat mit auf den Weg bekam, es doch einmal bei einer Berufsfachschule für Musik zu versuchen. So kam Alexandra Jörg nach Krumbach. Sie studierte hier drei Jahre und war danach in der Lage, als Lehrerin für Biologie und Musik zu arbeiten, am Ringeisen-Gymnasium in Ursberg, an der Inge-Aicher-Realschule in Pfuhl, am Maristenkolleg in Mindelheim.
Der Drang zu Bühne ließ sie nicht los und es boten sich Möglichkeiten in Mittelschwaben, beispielsweise bei Fun & Brass oder bei der ASMBig-Band. Doch es sei ihr Problem, dass sie, wenn sie auf der Bühne stehe, so konzentriert sei, dass sie kaum etwas wahrnehme, meint Alexandra Jörg. Sie erkenne nicht, ob und wie das Publikum mitgehe, wie viel Applaus sie bekomme, was ihr Gesang dem Publikum wert sei. Amüsiert habe es sie, als ein Bandmitglied von Fun & Brass berichtete, einem Zuschauer in der ersten Reihe sei die Kamera aus den Händen gefallen, sein Mund vor Staunen offengeblieben, als Alexandra Jörg in einem auffallenden Outfit ins Scheinwerferlicht trat und sogleich fetzig loslegte.
Nach und nach erst erschloss sich Alexandra Jörg, wie sie wirkte. Sie sah, dass ihr Anteil an den Konzertprogrammen zunahm, dass sie auf Plakaten zu sehen war und ganze AbTeilnahme schnitte von Konzertbesprechungen ihrem persönlichen Können gewidmet waren.
Das habe ihr den Mut gegeben, ein eigenes Konzert zu organisieren, einen Abend mit berühmten Schlagern aus den 20er-Jahren, gemeinsam mit der Sängerin Gabriele Fischer-Berlinger und drei wunderbaren Instrumentalisten. Die Nachfrage nach Konzertkarten sei damals so groß gewesen, dass der Saal hätte mehrfach gefüllt werden können. Den letzten Auftritt mit „Edda & The Waltons“, kurz vor dem ersten Lockdown, bestritt Alexandra Jörg als Sängerin ganz allein. Weitere Konzerte konnten wegen der Pandemie nicht stattfinden, was immerhin den Vorteil habe, dass sie sich jetzt ganz auf „The Voice of Germany“konzentrieren könne, meint Alexandra Jörg. Dort ist sie mit ihrer Wahl von Mark Forster als Coach sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit sei angenehm und konstruktiv, sie lerne auch Dinge zu hören, die sie so noch nicht wahrgenommen habe.
Das Format „The Voice of Germany“verfolge sie schon über viele Jahre. Die Sendung sei ausgesprochen publikumswirksam, zugleich auch so aufgebaut, dass sich die Teilnehmer am Wettbewerb in unterschiedlichen Situationen bewähren müssten, mit verschiedenen Anforderungen konfrontiert wären, an denen sie wachsen könnten.