Die kleinen Freiheiten der Hobbysportler
Joggen, Golfen, Tennisspielen, Inlineskaten, Rudern, Radfahren oder Reiten zählen zu den Individualsportarten, die im „Lockdown light“bis Ende November ausgeübt werden dürfen – allerdings nur unter strengen Auflagen
Alleine oder zu zweit joggen, radeln, etwas häusliche Gymnastik – viel mehr war nicht drin beim umfassenden Corona-Lockdown im Frühjahr. Seit rund einer Woche gelten zur Bekämpfung der Corona-Pandemie wieder Einschränkungen – im sogenannten „Lockdown light“. Für den Vereins- und Freizeitsport im Landkreis Dillingen bedeutet dies einen weitgehenden Stillstand. Zumindest, was den Liga-Spielbetrieb und das Gruppentraining betrifft. Anders als im Frühjahr ist diesmal aber im Individualbereich etwas mehr an sportlicher Bewegung gestattet. Unter Einschränkungen dürfen dafür sogar Sportanlagen genutzt werden.
Dies wirft aber bei vielen Verbänden und Vereinen Fragen auf, wie die aktuellen Regelungen konkret in der sportlichen Praxis umgesetzt werden können. Der Bayerische Landes-Sportverband (BLSV) hat deshalb eine Pressemitteilung veröffentlicht. Demnach besagt eine Präzisierung, die in der achten bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung geregelt ist, dass Sportanlagen nicht grundsätzlich geschlossen werden müssen. Sie dürfen geöffnet bleiben – allerdings nur unter der Einschränkung, dass Individualsportarten ausgeübt werden.
Zu den wichtigsten Punkten der aus diesen Regelungen resultierenden Fragestellungen hat das für den Sport zuständige Bayerische Innenministerium dem BLSV auf Anfrage geantwortet. Da ist zunächst einmal die Klarstellung des Begriffs Individualsport: Darunter wird jede Sportausübung verstanden, die allein, zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands erfolgt. Dies gelte über alle Sportarten hinweg, zum Beispiel auch für den Kampfsport. Bei der Ausübung des Individualsports müssen aber die Vorschriften aus dem Rahmenhygienekonzept unbedingt eingehalten werden.
BLSV-Präsident Jörg Ammon stellt grundsätzlich fest: „Die Einschränkungen für unsere Sportlerinnen und Sportler sind gravierend.“Umso wichtiger sei es, dass es Antworten auf die drängendsten Fragen der Vereine gibt, die für eine wichtige Orientierung im Sportbetrieb sorgen. „Auch in dieser schwierigen Phase bin ich davon überzeugt, dass unsere Sportvereine und Sportfachverbände verantwortungsvoll im
Sinne ihrer Sportlerinnen und Sportler handeln. Die Gesundheit aller steht hierbei im Mittelpunkt!“Er ist zuversichtlich: „In unserer Lebensgemeinschaft Sport werden wir diese Krise gemeinsam durchstehen.“
Und BLSV-Kreisvorsitzender Alfons Strasser freut sich zwar schon auf die Zeit nach dem ganzen Corona-Spuk, stellt aber für die aktuelle Lage fest: „Unseren Vereinen fehlt mit dem persönlichen Kontakt der Mitglieder und Sportler ein ganz wichtiges Standbein.“Es bestehe die Gefahr, dass die Mitgliederzahlen sinken und sich Ehrenamtliche zurückziehen. Strasser: „Das müssen wir verhindern. Die Politik sollte uns möglichst schnell die Rückkehr zu einem normalen Sportbetrieb ermöglichen.“Hier der aktuelle Blick auf einige unter Auflagen erlaubte Individualsportarten:
● Tennis: Die meisten Hallen sind geöffnet. So auch in Wertingen auf dem Judenberg. Allerdings, so Betreiber Stefan Krebs, wird auf den beiden Plätzen erst ab dem späten Nachmittag und am Abend gespielt. Grundsätzlich sind nur Einzel erlaubt, Doppel hingegen nur mit Personen aus einem gemeinsamen Haushalt. Die Spielerinnen und Spieler müssen in Sportkleidung kommen, denn die Umkleidekabinen, die Duschen und die Gastronomie sind gesperrt.
● Golf: Streng sind auch hier die Corona-Auflagen. Geselligkeit nach der Runde im Klubrestaurant? Duschen? Beides Fehlanzeige. Die Startzeiten sind genau reglementiert, vor und nach dem Spiel heißt das oberste Gebot: Abstand halten! Das fällt beim Golfspiel auf dem weitläufigen Freigelände relativ leicht. Aktuell sind dort nur Solospieler oder maximal Zweier-Gruppen unterwegs, wenn die Spieler nicht dem gleichen Hausstand angehören. Unbestritten ist dabei: Der „Spaziergang mit Ballschlagen“an der frischen Luft tut Körper und Seele gut – fernab jedweder CoronaAnsteckungsgefahr.
● Leichtathletik: Keinesfalls auf die faule Haut legen sich die Läuferinnen und Läufer der LG Zusam. „Bei uns gibt es jede Menge Möglichkeiten, Strecken von wenigen Kilometern bis zu 20 Kilometer zu laufen“, sagt LG-Chef Werner Friedel. Er selbst ist die meiste Zeit alleine im Mertinger Forst unterwegs. Der Einstieg ist entweder am Waldparkplatz Mertingen oder in der Nähe vom Jägerhaus in Lauterbach. „Vor allem unsere Topläufer nutzen den Mertinger Forst auch aufgrund seiner guten Wege fürs Training“, so der Lauterbacher Werner Friedel. Ansonsten seien sie natürlich auch heimatnah am Laufen. Tobias Gröbl beispielsweise in Itzing und Umgebung, Christina Kratzer am Lech,
Michael Scheytt in den Wäldern Richtung Laugna und Osterbuch, Bernhard Gottschalk im Weisinger Forst und Thomas Eser auf einer Waldrunde Richtung Thürheim und im Donauried. Aber auch das gut ausgebaute Radwegenetz werde von den LG-Sportlerinnen und -Sportlern genutzt. „Die meisten unserer Läufer sind ausgerüstet mit Stirnlampe oder Körperbeleuchtung“, ergänzt Friedel. Denn bei Nacht sei vor allem wichtig, gesehen zu werden. Eine Warnweste, Beleuchtung oder sonstiges Leuchtmaterial sind da besonders hilfreich.
● Reitsport: Sondererlaubnisse gibt es hier nicht nur wegen des Individualsports, sondern auch aus Tierschutzgründen. Denn Reiter müssen die Bewegung ihrer Pferde sicherstellen. Dazu gehören auch Ausritte (hier nur zu zweit oder aus einem Hausstand). Allerdings sind in den Reitvereinen meist zeitliche Limits vorgegeben, die für die Grundversorgung ausreichen müssen und zu langes Verweilen auf der Anlage verhindern sollen. Für Tatjana Zoller, Besitzerin des Reiterhofes Zoltingen in der Gemeinde Bissingen, ist in diesen Zeiten vor allem Improvisieren angesagt. „Vieles läuft nur auf Sparflamme, aber wir kommen damit klar“, berichtet die Chefin. So dürfen sich in der Halle maximal vier Personen aufhalten, bei einer Unterrichtsstunde ist neben dem Reitlehrer oder der Reitlehrerin gar nur eine weitere Person erlaubt. Um sich zeitlich nicht ins Gehege zu kommen, hat Tatjana Zoller eine WhatsApp-Gruppe eingerichtet, wo die Reiterinnen und Reiter abklären können, wer zu welcher Zeit in die Halle kann und wer nicht.
● Rudern: Bis zum vergangenen Donnerstag ging Alfred Schuster, Vorsitzender des Lauinger Ruderund Surfclubs, davon aus, dass für seine Mitglieder ein Sportverbot vorliege. Doch dann kam vom Verband die aufklärende Mitteilung, dass Rudern im Einerboot oder im Zweier, falls die Personen aus dem gleichen Haushalt kommen, doch erlaubt ist. Einige, so Schuster, haben die Chance sofort genutzt und haben in den vergangenen Tagen ihre Boote zu Wasser gelassen. Vor allem die Mitglieder des „harten Kerns“, wie Schuster verrät. Diesem gehören circa 20 Erwachsene und zehn Jugendliche an. Insgesamt sind in Lauingen mehr als 100 Ruderer aktiv. In den Wintermonaten etliche davon auf einem der insgesamt zehn Ruderergometer, die im Vereinsheim stehen. Dort muss allerdings exakt auf die Hygienevorschriften geachtet werden, damit nicht zur gleichen Zeit mehr Personen als erlaubt das Gleiche machen wollen – nämlich kräftig die Ruder von vorne nach hinten ziehen.