Steinmeier kritisiert Proteste
Bundespräsident nennt „Querdenken“-Demo Grenzüberschreitung
Leipzig/Berlin Die massenhafte Missachtung der Corona-Regeln bei der „Querdenken“-Demonstration in Leipzig sorgt weiter für scharfe Kritik. „Rücksichtslosigkeit ist kein Freiheitsrecht“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Dienstag in Berlin. „Wo einige zehntausend Menschen die Auflagen missachten, die Regeln verspotten und weder auf Abstand achten noch Masken tragen, da werden Grenzen überschritten.“
Das Demonstrationsrecht sei ein hohes Gut, betonte Steinmeier zum Auftakt einer Gesprächsrunde mit Covid-19-Erkrankten, die inzwischen wieder genesen sind. Die Gesellschaft müsse sich über Mittel und Wege der Pandemiebekämpfung auseinandersetzen. Demonstrationen müssten möglich sein. „Aber die Demonstrationsfreiheit ist nicht die Freiheit zur Gefährdung anderer. Wer sich nicht an die Regeln hält, ignoriert, dass er andere Menschen einem Risiko aussetzt. Es geht eben nicht nur um die Freiheit ohne Maske. Sondern es geht auch um die Freiheit von anderen.“
Zugleich müsse die Politik die Sorgen der Menschen in der Corona-Krise ernst nehmen. Das tue sie. Das gelte auch für die berechtigten Sorgen um Wirtschaft und Arbeitsplätze, sagte Steinmeier. Allerdings schade es auch der Wirtschaft, wenn sich das Virus ungehindert verbreiten könne. Justizministerin Christina Lambrecht plädierte für ein konsequentes Durchgreifen. Wenn Demonstrationen stattfinden, aber klar ist, dass gegen Auflagen verstoßen wird, dann müsse zügig und konsequent aufgelöst werden“, sagte die SPD-Politikerin RTL/n-tv. Nur so seien die Corona-Einschränkungen in anderen Bereichen zu rechtfertigen. „Wie soll ich denn jemandem erklären, dass die Hochzeitsfeier aufgelöst wird, weil man sich nicht an Auflagen hält, aber bei Demonstrationen lässt man es laufen?“Auch Angriffe auf Polizisten und Journalisten wie in Leipzig seien inakzeptabel.
Am Samstag hatten sich in Leipzig mindestens 20000 „Querdenker“versammelt. Nach Auflösung der Kundgebung zogen die Menschen über den Leipziger Ring. Obwohl Aufzüge derzeit gemäß Corona-Schutzverordnung gar nicht erlaubt sind, ließ die Polizei die Menge gewähren. Am Ende tanzten Menschen in der Innenstadt – von Abstand und Masken war nichts mehr zu sehen.