Peking entmachtet Hongkong
Nachdem oppositionellen Politikern die Mandate aberkannt worden sind, steht der Leitsatz „ein Land, zwei Systeme“nur noch auf dem Papier
Büros in Hongkong geschlossen. Die USA verhängten Sanktionen gegen Personen und Institutionen, die helfen, die Demokratie von Hongkong zu beseitigen. Und Großbritannien hat Hongkonger Bürgern, die noch zu Zeiten der britischen Kolonialherrschaft geboren wurden, ein Visum angeboten.
Benachbarte Staaten versuchen bereits, viele Firmen und kluge Köpfe aus dem einstigen Stadtstaat und Finanzzentrum abzuwerben. Südkoreas Regierung lockt mit Investitionsanreizen, Japan will ein Paket aus Steuervergünstigungen schnüren. Dagegen kann Taiwan nicht nur mit seinen liberalen Strukturen punkten, sondern auch mit der chinesischen Sprache, die die meisten Hongkonger beherrschen. Zudem hat sich Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in den letzten Jahren immer wieder solidarisch mit der Hongkonger Demokratiebewegung erklärt.
Taiwan scheint für viele Hongkonger, die ihre Heimat verlassen wollen, als Gastland am attraktivsten zu sein. Schon im Sommer, kurz nachdem in Hongkong das nationale Sicherheitsgesetz erlassen worden war, fanden hunderte Menschen in Taiwan Unterschlupf. Anders als Japan und Südkorea wirbt das Land nicht nur um Bestverdiener und erfolgreiche Unternehmen, sondern nimmt auch Flüchtlinge auf. Ungewiss ist, wie stark der Exodus aus Hongkong werden wird. Leichten Herzens, so sagen es auch viele demokratisch eingestellte Menschen, können sie ihre Heimat nicht verlassen. Nicht wenige wollen erst ausprobieren, ob sie nicht auch an einem Ort ohne Meinungsfreiheit leben könnten.