Donau Zeitung

Weltklasse in der Blase

Die Besten treten in der Internatio­nal Swimming League an. Darunter ist auch Marco Koch, der nur zweimal knapp den Weltrekord über 200 m Brust verpasst hat

- VON ANDREAS KORNES

Budapest In Zeiten wie diesen sind im Sport nur zwei Dinge sicher: Nichts ist so, wie es vorher war. Und wenn doch, dann findet es in einer Blase statt. Eine solche Bubble spannt sich dieser Tage in Budapest über die besten Schwimmer der Welt. Dort hat sich in diesem Jahr die Internatio­nal Swimming League (ISL) einquartie­rt.

Zehn Teams mit (fast) allen Stars der Szene gehen an den Start. Nur die Australier fehlen, da sie wegen der Corona-Pandemie nicht ausreisen durften. Auch von den wenigen deutschen Schwimmern, die überhaupt das Format haben, zur ISL eingeladen zu werden, sagten einige ab, allen voran Weltmeiste­r Florian Wellbrock. Der Deutsche Schwimmver­band (DSV) hatte seine Athleten wegen „nicht kalkulierb­arer Risiken“ausdrückli­ch vor einer Teilnahme gewarnt.

Die Stars der Szene allerdings, unter ihnen auch der US-Amerikaner Caeleb Dressel, sahen kein Problem darin, inmitten einer Pandemie aus der ganzen Welt für fünf Wochen nach Budapest einzuflieg­en. Das dürfte auch daran liegen, dass die ISL ihre Preisgelde­r auf sechs Millionen Dollar mehr als verdoppelt hat. Ausgeschüt­tet wird es nach einem Punktesyst­em, das über die Platzierun­gen in den einzelnen Rennen berechnet wird. Die Erfolgreic­hsten werden mit weit über 200 000 Dollar im Gepäck den Heimweg antreten. Geldgeber und Initiator im Hintergrun­d ist der ukrainisch­e Milliardär und Schwimmfan Konstantin Grigorishi­n. Er hat durchgeset­zt, dass jeder Teilnehmer eine Art Grundgehal­t bekommt, das er selbst aufbessern kann.

Ex-Weltmeiste­r Marco Koch gehört zu den acht Deutschen, die in der ISL (die auf der Kurzbahn geschwomme­n wird) an den Start gehen. Mit seinem Team New York Breakers hat er es in die Halbfinals geschafft, die am heutigen Donnerstag beginnen. Zweimal kam er auf seiner Lieblingss­trecke 200 Meter Brust dem Weltrekord bis auf wenige Hundertste­l nahe. Dann machte ihm ein kleiner Muskelfase­rriss in den Adduktoren zu schaffen. „Ich hoffe, dass ich rechtzeiti­g wieder fit bin für das Halbfinale.“

Außerhalb des Schwimmbad­es ist das Tagesprogr­amm der Sportler in Budapest eher übersichtl­ich. „Nach 20 Uhr dürfen wir gar nicht mehr raus. Am Tag dürfen wir 90 Minuten spazieren gehen, müssen aber auf der Margareten­insel bleiben und dürfen nicht in Cafés oder sonstiges gehen“, erzählt Koch. Die einzelnen Teams werden separiert, Masken und regelmäßig­e Tests sind Pflicht. „Die Wahrschein­lichkeit, dass man sich hier ansteckt, ist deutlich geringer als zu Hause im normalen Alltag“, sagt Koch. Und: „Ich bin froh, dass so etwas stattfinde­t. Dass man sich doch mal wieder messen kann.“

Sportlich sieht sich der 30-Jährige auf einem guten Weg. Der Wechsel zu Dirk Lange als neuem Trainer scheint sich auszuzahle­n. „Ich war zweimal sehr nah am Weltrekord dran. Damit kann ich schon sehr zufrieden sein. In einem perfekten Rennen ist der Weltrekord möglich. Vielleicht passiert es. Wenn nicht, ist es auch okay.“

Jetzt gelte es erst einmal, die Adduktoren­probleme in den Griff zu bekommen. Langfristi­g ist der Fokus komplett auf die Olympische­n Sommerspie­le 2021 in Tokio ausgericht­et. Eine Olympiamed­aille fehlt Koch noch in seiner umfangreic­hen Sammlung. Die ISL macht ihn optimistis­ch, dass die Sommerspie­le auch tatsächlic­h stattfinde­n. „Wenn man sieht, wie es hier funktionie­rt, könnte ich mir schon vorstellen, dass man es hinkriegt.“

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Foto: dpa Ex‰Weltmeiste­r Marco Koch gehört zu den acht Deutschen, die in der Interna‰ tional Swimming League an den Start gehen.

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