Gelungen vielseitig
Die Ärzte haben noch einiges zu bieten
Das Bohei war groß. Höhepunkt: Drei Herren in schwarzen Anzügen stimmen das Intro der „Tagesthemen“an und äußern sich dann staatstragend zur Lage der Kulturschaffenden. Das erste Werk der Ärzte nach acht Jahren Pause wurde dabei nur am Rande erwähnt. So bleibt die Frage: Was haben die Ü50-Punker musikalisch noch zu bieten?
Auf puren Punk ließen sich die Ärzte nie reduzieren, sie streunten gern durch die Stile, schreckten auch vor Schlagerhaftem nicht zurück. „Hell“ist jetzt vielseitig wie selten. Gelungen vielseitig. „Ich, am Strand“– Schnappschüsse eines Lebens („Ich mit Nina, Hose beult, ich ohne Nina, schwer verheult“), unterlegt mit ReggaeRhythmen. „Polyester“– könnte auch aus dem Fundus von Coldplay stammen. „Das letzte Lied des Sommers“– poppigerwachsene Fortführung von „Westerland“. „Liebe gegen Rechts“– sie können auch Country. „Woodburger“– ein etwas bemühtes politisches Statement. Natürlich, es gibt auch noch die punkigen Spaßstücke. „Plan B“– Anleitung für angehende Rockstars („Immer vorn am Mikro stehen, dann hört man besser, wenn du schreist“).
Aber es klingt auch so etwas wie Altersweisheit durch. Oder ist es neckisches Understatement? „Ich bin nichts als eine Sackgasse der Evolution, darum gebt mir bitte niemals eine Vorbildfunktion.“Ein frommer Wunsch, der sich nicht mehr erfüllen lässt. Dazu ist es jetzt zu spät, zu spääääät. ★★★★✩