Landleben als Lebensgefühl
Im ländlichen Raum ist es normal, dass ein Hahn kräht. Das Läuten von Kuhglocken und der Geruch von Gülle gehören ebenso dazu wie die Kirche im Dorf, deren Glockenturm nun mal läutet. Punkt. So einfach könnte die Antwort sein. Wenn ein besonders lauter und mitteilsamer Hahn die Nachbarschaft auf Trab hält, muss man das Thema differenzierter sehen. Ein Hobby, wie das der Kleintierzüchter, das zur Arterhaltung beiträgt, ist löblich. Viele Rassen, wie das Augsburger Huhn, stehen auf der Roten Liste gefährdeter Tierarten. Doch in einem Meter Entfernung kommt ein Hahnenschrei gut und gerne auf 100 Dezibel, was mit der Lautstärke eines Presslufthammers vergleichbar ist. Das hat ein Forscherteam aus Belgien nachgewiesen. Wenn sich Nachbarn von lauten Hahnenschreien zu frühen Morgenstunden gestört fühlen, ist das auch verständlich. Vor allem, wenn im Frühjahr zusätzlich noch die Balzlaute hinzukommen. Es ist somit berechtigt, dass in Wohngebieten das frühmorgendliche und nächtliche Krähen verboten ist. Die Betonung liegt hier jedoch auf dem Wort Wohngebiet.
Einem Stadtmenschen kann das Krähen eher lästig sein. Für andere sind der Geruch nach Gülle und das Gackern der Hühner ein Stück Heimatgefühl. Kein Wunder, dass unsere Leser vom Land in den Sozialen Medien leidenschaftlich kommentieren und argumentieren. Und da muss man den FacebookKommentaren, gespickt mit vielen Ausrufezeichen, ausnahmsweise recht geben: Wem das Leben auf dem Land nicht passt, ist vielleicht dort fehl am Platz.