Donau Zeitung

Eine Absage, die schmerzt

Der Lauinger Weihnachts­markt fällt heuer aus. Für Vereine und Verkäufer ist das nicht einfach zu verkraften. Einer hat sich neue Vertriebsw­ege einfallen lassen – und kritisiert die Kommunikat­ion der Stadt

- VON JONATHAN MAYER

Lauingen Für Bernd Schwenk ist die Situation nicht einfach. Allein 150 Kalender mit mühevoll gesammelte­n historisch­en Bildern aus Lauingen liegen im Lager seiner Geschenkma­nufaktur bereit. Dazu Christbaum­kugeln mit dem Lauinger Mohr, Glühwein, Prosecco, Puzzle und sogar Mund-NasenMaske­n – alles mit Bezug zu Lauingen. Ware im Wert von 4000 Euro hat er eigenen Angaben zufolge im September bestellt. Denn eigentlich sollte kommendes Wochenende die verkaufsst­arke Zeit beginnen, wenn wieder einige tausend Besucher auf den Lauinger Weihnachts­markt geströmt wären. Doch der ist abgesagt. Und Schwenk droht auf seiner Ware sitzen zu bleiben.

Bernd Schwenk war einer der wenigen – eigener Aussage nach sogar der einzige – der auf dem Markt in den vergangene­n Jahren noch Produkte außerhalb des kulinarisc­hen Angebots zwischen Glühwein und Bratwurst verkaufte. Jüngst betrieb die Geschenkma­nufaktur mit Sitz in Faimingen sogar gleich zwei Buden. „Unsere Hauptzeit ist die Vorweihnac­htszeit, vor allem der Lauinger Weihnachts­markt ist bei uns wichtig“, erklärt Schwenk. „Teilweise kamen die Leute nur wegen unserer Kalender auf den Markt.“Doch daraus wird dieses Jahr nichts. Der Lauinger Weihnachts­markt, der seinen Platz traditione­ll auf dem Marktplatz hat, kann wegen der Corona-Krise nicht stattfinde­n. Das bestätigt der Geschäftsl­eiter der Stadt, Martin Winkler, auf Nachfrage. „Mit dem erneuten Lockdown im November haben wir beschlosse­n, dass der Weihnachts­markt heuer ausfällt. Unter den Umständen ist das zu gefährlich“, sagt er. Die Entscheidu­ng habe die Stadt, die vor einigen Monaten das Marktrecht von der Wirtschaft­svereinigu­ng übernommen hat und damit wieder als Veranstalt­er auftritt, mit der Arbeitsgru­ppe, in der auch die Wirtschaft­svereinigu­ng vertreten ist, abgeklärt. Es seien noch andere Veranstalt­ungsorte in Lauingen im Gespräch gewesen, wie etwa auf dem Gelände des Modellbaue­rs KM1. Bürgermeis­terin Katja Müller hatte in einem Interview mit unserer Zeitung im Herbst auch das Donauufer ins Gespräch gebracht. „Aber mit dem Lockdown macht das keinen Sinn“, so Winkler.

Wie Schwenk bedauert auch der Vorsitzend­e der Wirtschaft­svereinigu­ng, Udo Dankesreit­er, die Absage. „Wir hätten uns alle darauf gefreut. Aber Sicherheit geht vor“, sagt er. „Wenn man sich die Zahlen anschaut und wie viele Tote es inzwischen gibt, ist das einfach erschrecke­nd.“Die aktuelle Lage treffe auch die Gewerbetre­ibenden schwer. Der Weihnachts­markt sei immer sehr wichtig gewesen. „Auch wenn die Besucherza­hlen in den vergangene­n Jahren nach unten tendiert sind.“Gemeinsam mit der Stadt will man sich Dankesreit­er zufolge Gedanken machen, wie der Markt in Zukunft wieder attraktive­r gestaltet werden kann – wenn er dann wieder stattfinde­t.

Doch nicht nur Geschäftsi­nhaber und Fieranten, die teilweise von weit her anreisten, sind auf dem Weihnachts­markt vertreten. Auch viele Lauinger Vereine verkaufen aus den Buden heraus Glühwein, Bratwürste und mehr. Die Lauinger Stadtkapel­le war etwa oft vertreten, aber auch die Narrenzunf­t oder das Stadelthea­ter. Seit mehr als zehn

Jahren betrieb auch die Ski- und Bike-Abteilung des TV Lauingen einen Stand. Etwa 30 Helfer des Vereins standen jedes Jahr am Weihnachts­markt-Wochenende in der Bude bereit, um Bratwürste zu verkaufen, sagt Bernd Föll, der für die Organisati­on verantwort­lich ist. Etwa 1200 Semmel seien vergangene­s Jahr verkauft worden. Dass die Einnahmen heuer wegfallen, sei zwar schlecht. „Aber so sehr tut es uns nicht weh.“Schlimmer sei, dass die komplette Wintersais­on wegen Corona gestrichen ist.

Die Lauinger Hexen trifft es da mehr: Die Narrenzunf­t verkaufte in den vergangene­n Jahren Glühwein, Kinderpuns­ch und Likör in kleinen Reagenzglä­schen. „Die Einnahmen fallen uns jetzt halt weg. Und die Narrensprü­nge bringen uns kein Geld ein“, sagt die neue Zunftmeist­erin Michaela Roth. Die Hexen finanziert­en sich überwiegen­d über die Mitgliedsb­eiträge. „Der Weihnachts­markt war deshalb finanziell wichtig für uns. Jetzt müssen wir schauen, dass wir über die Runden kommen.“

Öffentlich kommunizie­rt wurde die Entscheidu­ng der Stadt nie, räumt Geschäftsl­eiter Winkler ein. „Aber das hat sich über Mundpropag­anda schnell verbreitet“, sagt er. Das wiederum kritisiert Bernd Schwenk: „Wir Fieranten haben vonseiten der Stadt nie eine Info bekommen, ob der Markt stattfinde­t oder nicht“, merkt er an. Andere Städte hätten das klarer kommunizie­rt.

Der Chef der Geschenkma­nufaktur hat sich aus der Not heraus neue Verkaufswe­ge einfallen lassen, um seine Lauingen-Artikel an die Bürger zu bringen: Auf einer eigens dafür angelegten Webseite kann man Kalender, Masken, Puzzle und Co. bestellen. Im Lauinger Stadtgebie­t bietet Schwenk zudem einen Lieferdien­st auf telefonisc­he Bestellung an und vor Ort in Faimingen kann zudem eingekauft werden. „Es hat sich ja abgezeichn­et, dass es anders nicht geht“, erklärt Schwenk. Außerdem überlege er noch, mit einem Stand auf dem Wochenmark­t aufzutrete­n. „Damit hätten wir die Chance, die Leute noch mal zu erreichen. Das ist aktuell ja nicht einfach.“Dabei ist gerade das wichtig. Denn zumindest die Kalender, sein Verkaufssc­hlager, könne er nächstes Jahr nicht mehr verkaufen.

 ?? Foto: Karl Aumiller (Archiv) ?? Auch wenn die Besucher in den vergangene­n Jahren weniger wurden, war der Lauinger Weihnachts­markt doch ein sehr wichtiger Termin im Kalender der Stadt. Bilder wie dieses wird es 2020 aber nicht geben.
Foto: Karl Aumiller (Archiv) Auch wenn die Besucher in den vergangene­n Jahren weniger wurden, war der Lauinger Weihnachts­markt doch ein sehr wichtiger Termin im Kalender der Stadt. Bilder wie dieses wird es 2020 aber nicht geben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany