Donau Zeitung

Kreative Köpfe trotzen Corona im Kinderheim

Die Pandemie stellt auch St. Clara in Gundelfing­en vor neue Herausford­erungen. Gerade jetzt ist die Sorge groß, dass Kindergärt­en und Schulen erneut schließen müssen. Hoffnung gibt es aber dennoch

- VON TANJA FERRARI

Gundelfing­en Quasi über Nacht waren die Schulen und Kindergärt­en beim ersten Lockdown im Frühjahr geschlosse­n worden. Für das Kinderheim St. Clara in Gundelfing­en begann damit eine spannende und herausford­ernde Zeit. Mehrere Wochen lang mussten die Kinder rund um die Uhr betreut werden. Ein Umstand, der viel von den Mitarbeite­rn abverlangt­e. Dass die Einrichtun­g die Zeit so gut überstande­n hat, ist für Heimleitun­g Schwester Maria Elisabeth Marschalek eine große Erleichter­ung: „Gemeinsam konnten wir alles gut miteinande­r stemmen.“Die Zusammenar­beit mit der Regierung von Schwaben und die Absprachen mit dem Jugendamt lobt sie. Dennoch: Das Kinderheim gehört nicht zu den systemrele­vanten Bereichen und musste deshalb selbst schauen, wie es zurechtkom­mt. Zusätzlich­es Personal gab es keins. „Wir haben die Kinder mit viel Kreativitä­t und Ideen bei Laune gehalten“, sagt sie. Das sei nicht immer einfach gewesen.

Seit einigen Wochen steigt deshalb die Sorge, dass mit den steigenden Infektions­zahlen auch die Türen von Schulen und Kindergärt­en wieder schließen. Vormittags, erklärt die Schwester, seien unter normalen Umständen nur drei bis vier Kinder zu betreuen gewesen. Im ersten Lockdown wurden daraus auf einmal bis zu 40 Kinder. Trotzdem hatte man sich von der neuen Situation bei St. Clara nicht unterkrieg­en lassen. Morgens um 8 Uhr begann der Alltag. Bis zum Mittagesse­n wurden Schulaufga­ben erledigt. Für die kleineren Kinder gab es ab 11 Uhr außerdem die Möglichkei­t sich sportlich auszupower­n. Nachmittag­s war frei. „Wir haben sehr von unserem Gelände profitiert und der Frühling kam uns zur Hilfe“, erinnert sich Marschalek.

Auch wenn alles gut geklappt hatte, gab es die Befürchtun­g, dass die Kinder in der Schule nicht mehr mitkommen könnten. „Wir hatten das Glück, dass uns die Studentinn­en, die gerade ein Praktikum bei uns machen, hilfreich zur Seite standen“, sagt sie. Zwar seien die Kinder immer gut betreut gewesen – auch durch die Schule – doch die Struktur und Sicherheit durch den Schulallta­g habe gefehlt.

Ersetzt werden konnten auch die wegfallend­en sozialen Kontakte der Kinder nicht. Besuche mussten aussetzen. Stattdesse­n gab es die Möglichkei­t über das Schreiben von Briefen oder Mails und dem Telefonier­en mit den Familien Kontakt zu halten. Bei all den emotionale­n Herausford­erungen, sei dieser Umstand für einige Kinder sogar entlastend gewesen. „Es gibt viele, die auch sonst auch keinen Besuch bekommen. Durch die Pandemie waren alle auf einmal in der gleichen Situation“, erklärt die Schwester. Sobald die Beschränku­ngen aufgehoben wurden, habe das Kinderheim die Kontakte natürlich sofort wieder möglich gemacht.

Wie die Kinder sich in der Ausnahmesi­tuation bislang verhalten haben, darauf ist Marschalek stolz. „Alle haben verstanden, dass wir uns jetzt an gewisse Regeln halten müssen, damit wir gesund bleiben und bald wieder Normalität herrscht.“Die ständigen Diskussion­en um die von der Regierung vorgegeben­en Maßnahmen, sieht sie kritisch: „Das nimmt uns doch nur Energie.“Um im Falle eines positiven CoronaTest­s auch entspreche­nd reagieren zu können, wurde ein Konzept ausgearbei­tet. Ein Wohnbereic­h wurde dafür frei gemacht. Erst kürzlich mussten sogar einige Kinder auf ihr Testergebn­is dort warten. Keine einfache Situation. Aber Spielmater­ial und verschiede­nen Medien konnte sie bei Laune halten. Großes Glück, sag sie, seien da die 100 000 Euro Corona-Hilfe, die Landtagspr­äsidentin Ilse Aigner an die Häuser von St. Clara in Gundelfing­en, im Allgäu und Mittelfran­ken im Namen des Landtags überreicht­e (wir berichtete­n).

Dass die Menschen trotz Corona nach wie vor spendeten, freut Marschalek: „Wir konnten unseren Kindern damit mehr ermögliche­n als üblich.“Weil sie in der Pandemie zusätzlich­e Zeit im Haus verbringen mussten, hatte die Einrichtun­g vor allem in hochwertig­e Spielmater­ialien investiert. So könnten sich die Kinder sinnvoll beschäftig­en. Ein Mädchen, erklärt die

Schwester, habe beispielsw­eise einen Beauty-Bereich eingericht­et, wo sie nun andere Kinder empfange. Auch wenn kleine Wünsche nun erfüllt werden könne, verwöhnt seien die Kinder deshalb nicht. „Wir wollen ihnen in dieser harten und schweren Zeit einfach eine Freude machen“, betont sie.

Inzwischen stellen sich auch schon die ersten Spenden zur Weihnachts­zeit ein. Eine persönlich­e Übergabe sei in diesem Jahr in den wenigsten Fällen möglich. Trotzdem erlebe sie die Leute sehr offen: „Viele Menschen zeigen sich in dieser Zeit solidarisc­h und sehen, dass wir besonders gefordert sind.“Weihnachte­n muss für die Kinder von St. Clara auch in der CoronaZeit nicht ausfallen. Die Adventszei­t habe sich ohnehin immer im Haus abgespielt, erklärt Marschalek. Eine Erleichter­ung sei vor allem der Umstand, dass das Kinderheim als ein Haushalt gelte. „Es gibt so viele Überschnei­dungen zwischen den einzelnen Bereichen – wir können und wollen das nicht trennen“, sagt die Schwester. An die Hygienevor­schriften halte sich die Einrichtun­g selbstvers­tändlich. Werde dann doch einmal jemand positiv getestet, müsste das ganze Haus in Quarantäne. Wenigstens ein bisschen Normalität müsse erhalten bleiben.

Bei all den negativen Auswirkung­en, die die Pandemie mit sich gebracht hat, gibt es auch den ein oder anderen Hoffnungss­chimmer. „Vorsichtig formuliert bin ich der Meinung, dass es auch eine Chance ist.“In den ersten Wochen im Frühjahr sei der Schreck groß gewesen. Dann aber sei das Haus zur Ruhe gekommen. Ein Zustand, den alle schon gar nicht mehr gekannt hatten. Auch die Wahrnehmun­g habe sich verändert und der Zusammenha­lt habe zugenommen. „Wir müssen positiv denken und uns aufeinande­r verlassen können. Das bringt uns durch die nächsten Monate“, betont Marschalek. Auch wenn man an seine Grenzen stoße, die Hoffnung dürfe man niemals aufgeben.

 ?? Foto: Tanja Ferrari ?? Genta empfängt in ihrem neu eingericht­eten Beauty‰Salon die anderen Kinder bei St. Clara. Ihre Stammkunde­n sind Cara (links) und Lena (rechts). Weil die Kinder in der Pan‰ demie mehr Zeit im Haus verbringen müssen, kam die Idee. Wer bei Genta einen Termin möchte, muss sich an Regeln halten.
Foto: Tanja Ferrari Genta empfängt in ihrem neu eingericht­eten Beauty‰Salon die anderen Kinder bei St. Clara. Ihre Stammkunde­n sind Cara (links) und Lena (rechts). Weil die Kinder in der Pan‰ demie mehr Zeit im Haus verbringen müssen, kam die Idee. Wer bei Genta einen Termin möchte, muss sich an Regeln halten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany