Überschwemmungsgebiet: Wie geht es in Rettingen weiter?
Die Gemeinde Tapfheim lehnt die Festsetzung weiter klar ab. Experte äußert Zweifel an einer Modellrechnung
Tapfheim Dass die Gemeinde Tapfheim das für den Ortsteil Rettingen vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Donauwörth ermittelte Überschwemmungsgebiet ablehnt, ist nichts Neues. Sie hat deshalb mit Ludwig Seitz (Kanzlei Labe & Partner) einen Rechtsanwalt verpflichtet, der die Belange der Kommune, aber auch der Interessengemeinschaft (IG) Rettingen vertritt. Nun haben zwei Erörterungstermine stattgefunden, die – so hofft man in Tapfheim – vielleicht eine Wende bringen könnten.
„Die Gesprächstermine waren sachlich und fundiert“, sagt der Donau-Rieser Landrat Stefan Rößle. Er habe sich gerade für den zweiten Termin in der Schmutterhalle in Bäumenheim mit den Menschen, die Einwendungen erhoben hatten,
Zeit genommen, um die Argumente zu hören. Bei der ersten Gesprächsrunde mit den Vertretern der Kommune sei er (wegen terminlicher Überschneidungen) am Ende noch dazugestoßen, erklärt der Landkreis-Chef. Damit widerspricht er der ursprünglichen Darstellung, nicht anwesend gewesen zu sein. Er sei froh, dass zahlreiche Vertreter von Institutionen und Behörden dabei gewesen seien.
Regierungsdirektor Harald Hegen als Verhandlungsleiter bedauert, dass man coronabedingt zwei Veranstaltungen habe abhalten müssen. Ihm wäre es lieber gewesen, einen einzigen Erörterungstermin durchzuführen, um eine möglichst große Transparenz zu erhalten. Auf die Möglichkeit, einen virtuellen Termin anzusetzen, habe man im Interesse der Einwender verzichtet. Auf 33 Seiten wird in einem Protokoll von der ersten Sitzung das Wesentliche festgehalten, das Protokoll des zweiten Termins steht noch aus. Das wiederum monierte inzwischen mehrmals im Gemeinderat Karl-Philipp Sautter als Sprecher der IG Rettingen. Er vermutet dahinter „Verschleppung und Taktik“. Hegen widerspricht dieser Darstellung. Dass noch kein Protokoll erstellt sei, liege schlichtweg daran, dass er den Ablauf „gewissenhaft“und „ausgewogen“darstellen wolle.
Aber auch sachliche Gründe führt er an. Man habe verabredet, dass man mit dem Protokoll (ein Rohentwurf mit 45 Seiten steht) auch die Antwort auf eine Kernfrage herausgeben wolle. Betroffene versprechen sich davon, dass möglicherweise einiges in einem neuen Licht erscheinen werde.
Die Kommune hatte die Unterlagen des Wasserwirtschaftsamtes sowie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt gleich von zwei Sachverständigen überprüfen lassen.
Ein Ergebnis davon: Die Abflussmenge des Wassers bei einem hundertjährlichen Hochwasser (HQ 100) wird von den Behörden mit 1450 Kubikmetern pro Sekunde berechnet. Diese Modellrechnung bezweifelt aber Anton Nuding, Professor an der Hochschule in Biberach. Er äußerte seine Überzeugung, dass man die Abflussmenge „durchaus anders“hätte berechnen können.
Eine Einschätzung, die Landrat Rößle tätig werden lässt. „Das wollen wir noch einmal prüfen lassen“, sagt er. Die Antwort des Landesamtes für Umwelt wolle man dem Protokoll beifügen. Verfahrensführer Hegen zeigt sich überrascht, dass jetzt mit Eile auf die Ausfertigung des Protokolls gedrängt werde, „gerade weil wir so eine wichtige fachliche
Frage noch abklären wollen“. Damit verfahre man so, wie bei dem sechsstündigen zweiten Erörterungstermin verabredet.
Auch Tapfheims Bürgermeister Karl Malz hat seine aktuelle Einschätzung inzwischen erläutert: „Seit 2013 wehren wir uns entschieden gegen eine Ausweisung des Überschwemmungsgebiets in Rettingen. Die Gemeinde und rund 50 betroffene Bürger haben gegen die vorläufige Sicherung Klage eingereicht. Die Behörden wollen aber trotzdem die endgültige Festlegung vornehmen.“Grundsätzlich stelle man in Zweifel, dass das Gebiet Rettingen bei einem HQ 100 der Donau überhaupt überschwemmt werde. Außerdem habe man „erhebliche Bedenken“an der Richtigkeit der hydraulischen Berechnungsgrundlagen der Wasserwirtschaftsverwaltung. Malz begrüße es, dass das Landesamt für Umwelt nun „nacharbeiten“müsse. (bih)
Foto: Helmut Bissinger
45 Seiten stehen schon