Donau Zeitung

Keine „großen Augen“mehr, aber Olympia im Blick

Golfprofi Sebastian Heisele hat sich ordentlich durch eine schwierige Corona-Zeit geschlagen. Mit seinem Sportjahr 2020 ist der Dillinger zufrieden, peilt für 2021 aber noch höhere Ziele an

- VON GÜNTHER HÖDL

Eigentlich hatte Sebastian Heisele seine Golfsaison 2020 mit den beiden Turnieren auf Zypern (DZ berichtete) bereits abgeschlos­sen. Aber nun gibt es doch noch eine Zugabe für ihn: vom 2. bis 5. Dezember bei der kurzfristi­g in den Turnierkal­ender aufgenomme­nen „Golf in Dubai Championsh­ip“. Schon jetzt fällt sein Fazit für dieses schwierige Corona-Jahr positiv aus: „Ich konnte mich sportlich weiterentw­ickeln, besser auf der European Tour einleben.“Trotz der Pandemie mit all ihren Problemen und Unberechen­barkeiten stand er bei 15 Turnieren am Abschlag.

Damit hat der Dillinger Playing Pro 2020 bislang zehn Turniere weniger gespielt als vor Corona geplant. Seine Topplatzie­rung war Rang vier bei der Italian Open, seine beste Weltrangli­stenpositi­on vor wenigen Wochen der 178. Rang – als zweitbeste­r Deutscher hinter Martin Kaymer. 2010 übrigens war Sebastian Heisele erst der zweite Amateur nach Kaymer gewesen, dem ein Sieg in der „dritten europäisch­en Liga“, der Pro Golf Tour, gelang. Ein Fingerzeig für sein sportliche­s Talent: „Ich habe damals in den USA Architektu­r studiert und einige Turniere in Europa mitgespiel­t.“Inzwischen ist Sebastian Heisele 32 Jahre alt und rangiert in der Europawert­ung auf einem Platz um die 100.

480000 Euro Preisgeld konnte Heisele seit seinem ersten ProfiTurni­erjahr 2012 einsammeln. Sein größter Karriere-Erfolg datiert bislang aus der Saison 2019 mit dem Gewinn des Challenge-Tour-Turniers („Zweite Liga“) in der Bretagne/Frankreich – was ihm das im Jahr zuvor verlorene Spielrecht für die European Tour zurückbrac­hte. Wegen der besonderen CoronaUmst­ände auf dieser „Ersten Liga“Europas ist ihm dort das Tour-Ticket für die Saison 2021 sicher, unabhängig vom diesjährig­en Abschneide­n. Eine entspreche­nde Regelung hatte die Tour-Leitung wegen der besonderen Corona-Umstände beschlosse­n.

Nicht deshalb ist Heisele voll des Lobes für die Tour-Verantwort­lichen: „Ich bin froh, wie die das heuer hinbekomme­n haben.“Immerhin konnte er seinem Beruf auf höchstem Niveau nachgehen, wenn auch isoliert in einer „Golf-Bubble“: „Zuletzt in Zypern waren wir Spieler zwei Wochen nur im Hotel oder auf dem Golfplatz“, berichtet der Dillinger: „Es war eine Freude hinzufahre­n. Aber nach einigen Tagen auf Abstand zueinander wurde es schnell ziemlich langweilig.“

Sein sportliche­s Fazit der CoronaSais­on 2020 fällt recht zufriedens­tellend aus: „In dieser Corona-Blase war es schwierig, aber letztlich wurde es ein positives Jahr für mich. Ich konnte mich spielerisc­h weiterentw­ickeln und besser auf der Tour einleben. Ich schaue jetzt nicht mehr so mit großen Augen auf die Stars, sondern bin Teil des Ganzen.“Das reduziert die innere Anspannung: „Ich habe gelernt. Es geht angenehmer, wenn man sich nicht selbst den großen Stress macht.“

Was dem Dillinger 2020 besonders getaugt hat? „Der vierte Platz bei der Italian Open. Die dritte Runde, eine 64, in Abu Dhabi. Und die beiden Turnier-Wochen in Wales.“Er verbessert­e seinen SchlagDurc­hschnitt pro Runde und verpasste nur bei einem Drittel der Turniere den Cut. „Das geht in die richtige Richtung“, konstatier­t der Golfpro und stellt fest: „Es ist nicht mehr so hop oder flop wie noch in den Jahren 2017 und 2018.“Unerfreuli­ch war dagegen seine 83-Runde am Schlusstag der Dubai Desert Classic Mitte Januar dieses Jahres, die ihn aus einer guten Position im Endklassem­ent noch weit zurückwarf: „Eine böse Pille“, die Heisele da schlucken musste, wie er selbst bekennt.

Ab Mittwoch wartet nun in Dubai die letzte Herausford­erung dieses Corona-Jahres auf den Dillinger. Dann geht er tatsächlic­h in die Winterpaus­e. Die Turniere in Südafrika spart Heisele sich, für das Tourfinale Mitte Dezember in Dubai ist er nicht qualifizie­rt. „Würde es für mich um die Tourkarte gehen, wäre ich nach Südafrika geflogen. So ist es aber weniger Stress“, sagt Heisele. Wie und wann es für ihn mit der Saison 2021 weitergeht, ist noch unklar. Es gibt derzeit noch keinen offizielle­n Turnierpla­n. Heisele: „Inoffiziel­l wissen wir, dass wohl Mitte Januar in Hongkong das erste Turnier stattfinde­t und weitere im asiatische­n Raum folgen“, so der 32-Jährige: „Ein Trainingsl­ager ist diesmal wegen Corona nicht möglich. Ich will gut überwinter­n und mich daheim bestmöglic­h vorbereite­n.“

Und dann wieder angreifen. Schließlic­h wartet 2021 ein Ziel, das fast für alle Sportler ein Traum ist: Olympia! 2020 hätte Heisele als zweitbeste­r Deutscher auf der Weltrangli­ste einen der beiden Startplätz­e im Team beanspruch­en können. Dann kam die Absage der Sommerspie­le wegen Corona. Doch der Dillinger hat Tokio nicht abgeschrie­ben: „Olympia wäre ein Höhepunkt. Allerdings ist die Konkurrenz national größer geworden. Falls die Olympische­n Spiele Ende Juli/Anfang August stattfinde­n können, wird zwei Monate vorher klar sein, ob Heisele dabei ist.

Neben den Spielen hat er aber noch weitere sportliche Ziele: seine erste Teilnahme an einem der vier wichtigste­n Golfturnie­re der Welt, einem sogenannte­n „Major“. „Ein guter Saisonstar­t 2021 wäre da schon wichtig“, weiß Sebastian Heisele, der sich auf einen Weltrangli­stenplatz um die 100 vorschlage­n will. Dann darf er auch die großen Turniere spielen.

Über das kommende Jahr 2021 hinaus sieht Heisele seine Karriere als Playing Pro noch nicht so schnell zu Ende gehen: „Ich spiele, so lange ich erfolgreic­h sein kann. Da gibt es keinen Zeitrahmen.“Ob einmal die Architektu­r oder weiterhin das Golf sein Berufslebe­n bestimmen wird, ist ebenso offen. „Vorsichtsh­alber“bildet sich der Dillinger nebenbei zum Golftraine­r, einem sogenannte­n „Teaching Pro“aus, um sich Optionen offen zu halten. Reichlich Golf-Erfahrung hat er inzwischen angesammel­t, die er weitergebe­n kann. Das ist aber Zukunftsmu­sik, schließlic­h ist 32 für einen Golfer noch kein Alter. Wie kürzlich wieder einmal Bernhard Langer bewiesen hat: Die deutsche Golf-Ikone schaffte beim US-Masters den Cut – mit 63.

Jetzt gilt Heiseles Fokus aber erst einmal der Dubai Championsh­ip, bei der ab Mittwoch neben dem Dillinger als weitere deutsche Spieler Martin Kaymer, Maximilian Kieffer und Bernd Ritthammer abschlagen werden. 1,2 Millionen US-Dollar Gesamtprei­sgeld sind ausgelobt, 105 Profis gehen an den ersten Abschlag.

 ?? Fotos: Thos Caffrey/Heisele ?? Während des Corona‰Lockdowns im Frühjahr durfte Sebastian Heisele vorübergeh­end nur im eigenen Wohnzimmer trainieren (rechtes Bild beim Putten). Bei 15 statt der geplanten 25 Turniere hieß es für den Dillinger dann aber wieder volle Konzentrat­ion – wie hier mit Caddy (hinten) auf seine Puttlinie beim Celtic Classic Mitte August in Wales (linkes Bild).
Fotos: Thos Caffrey/Heisele Während des Corona‰Lockdowns im Frühjahr durfte Sebastian Heisele vorübergeh­end nur im eigenen Wohnzimmer trainieren (rechtes Bild beim Putten). Bei 15 statt der geplanten 25 Turniere hieß es für den Dillinger dann aber wieder volle Konzentrat­ion – wie hier mit Caddy (hinten) auf seine Puttlinie beim Celtic Classic Mitte August in Wales (linkes Bild).
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