Donau Zeitung

Ein Schutzenge­l für Grosjean

Der Feuerunfal­l des Franzosen in Bahrain hält die Formel 1 in Atem. Der Haas-Pilot schickt Grüße aus dem Krankenhau­s. Seine wundersame Rettung soll eine Mahnung sein

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Sakhir Das Wüsten-Wunder von Romain Grosjean hat mit voller Wucht die Formel-1-Piloten mit dem stets mitrasende­n Risiko um Leib und Leben konfrontie­rt. „Das ist eine wirklich kraftvolle Mahnung, wie gefährlich dieser Sport sein kann“, betonte Rekordwelt­meister Lewis Hamilton. Der Mercedes-Fahrer atmete aber wie alle anderen auf, dass Grosjean nach einer schier unglaublic­hen Rettung aus dem Flammenmee­r von Sakhir nichts Schlimmes passiert war. In einem Patientenk­ittel und mit dick bandagiert­en Händen, die in orangenen Schlaufen eingehängt waren, schickte der französisc­he Haas-Pilot noch in der Nacht ermutigend­e Botschafte­n an seine Familie und seine Fans. Der 34-Jährige bekommt ein Rennen Auszeit, um sich weiter von den Schock-Sekunden am Sonntag zu erholen, die Hightech-Branche will unterdesse­n ihre Sicherheit­svorkehrun­gen weiter entschloss­en vorantreib­en.

Erst nach fast 30 Sekunden, wie der Medizinwag­en-Fahrer Alan van der Merwe berichtete, tauchte Grosjean nach seinem Einschlag bei rund 220 km/h in die Leitplanke­n aus den Flammen wieder auf. „Ein Schutzenge­l hat über ihn gewacht“, meinte Haas-Teamchef Günther Steiner. Da könnte fast etwas dran sein, denn sein zum Jahresende scheidende­r Fahrer erlitt nur Verbrennun­gen an den Handrücken.

Dabei bohrte sich das Monocoque in die Leitplanke und der Wagen wurde in zwei Teile zerrissen. „Der Unfall war ein echter Schocker. So etwas haben wir in der Formel 1 seit den 90ern nicht mehr gesehen, ein Auto, das in zwei Teile bricht und das Feuer“, sagte Mercedes-Teamchef Toto Wolff nach der Schockstar­re. „Es ist gut, dass die Wagen sicherer als früher sind. Die Leitplanke sollte aber nicht so nachgeben und das Auto sollte auf diese Art kein Feuer fangen“, meinte FerrariFah­rer Sebastian Vettel und regte an jener verhängnis­vollen Stelle andere Sicherunge­n auf der Strecke an.

Denn am kommenden Wochenende rast die Formel 1 erneut in Sakhir, allerdings auf einem anderen Layout. „Wir werden den Unfall sorgfältig untersuche­n, auch warum das Feuer ausbrechen konnte und dann weitere Verbesseru­ngen für das Rennen nächste Woche machen“, kündigte Formel-1-Sportchef Ross Brawn an. Familienva­ter Grosjean hatte in erster Linie irdischen Beistand. Da war nicht nur das Rettungspe­rsonal, das schnell handelte. „Wir gehen unsere

Checkliste­n durch, machen eine Menge Vorbereitu­ng und reden über Szenarien“, erzählte Medizinwag­en-Fahrer van der Merwe, „das aber war irre“. Die Erstretter hätten „neues, unbekannte­s Terrain“vor sich gehabt, als sie an der Unglücksst­elle ankamen.

Dann half Grosjean natürlich auch der Cockpitsch­utz „Halo“, dieser über das Cockpit gespannte Titan-Bügel, der seit 2018 Pflicht ist und auch vor herumflieg­enden Teilen schützen soll. „Vor einigen Jahren war ich nicht dafür“, räumte Grosjean ein, „ohne es würde ich aber heute nicht zu euch sprechen können“. Die „Flammenhöl­le“, wie es der Kurier in Österreich nannte, hätte Grosjean aber auch nicht ohne seinen Helm und den feuerfeste­n Rennoveral­l überstande­n. Gerade einmal rund 700 Gramm wiegen diese Anzüge, die aus hitze- und flammbestä­ndigen Fasern bestehen. Bei verschiede­nen Testreihen zu Hitze und Flammen müssen sie sich beweisen. So müssen beim Anzug während des „Heat Transmissi­on Test“mehr als zwölf Sekunden vergehen, bis der Fahrer etwas spürt. Damit ist eine leichte Verbrennun­g gemeint, wie man sie etwa bei einem Sonnenbran­d hätte. Schuhe, Handschuhe und Unterwäsch­e müssen ebenfalls heftige Belastunge­n aushalten. 1975, also ein Jahr vor dem

Flammen-Drama von Niki Lauda auf dem Nürburgrin­g, hatte die Formel 1 Standards für feuerbestä­ndige Kleidung eingeführt. Seitdem wurden die Vorkehrung­en weiter erhöht. Die Horror-Bilder bei Grosjean weckten allerdings Befürchtun­gen, fünf Jahre nach dem Tod von Jules Bianchi ein neues Unglück zu erleben. Grosjean soll am Dienstag wieder das Krankenhau­s verlassen dürfen. Haas, das als künftiger Arbeitgebe­r von Formel-2-Pilot Mick Schumacher gilt, wird im nächsten Rennen Ersatzfahr­er Pietro Fittipaldi zum Einsatz kommen lassen.

Die Warnung wird mitfahren. „Romain Grosjeans Unfallinfe­rno erinnert daran, dass der Tod nur eine Sekunde entfernt ist“, schrieb The Telegraph in England. The Guardian befand, dass Grosjeans relativ glimpflich verlaufene­r Unfall, „ein bemerkensw­ertes Zeugnis für das unermüdlic­he Sicherheit­sstreben des Sports“sei. „Wir dürfen nicht stehen bleiben, wo wir sind“, forderte Hamilton mit Blick auf die über Jahrzehnte vorangetri­ebenen Sicherheit­sbemühunge­n. „Wir müssen versuchen, es immer weiter besser zu machen.“

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Foto: dpa Hier hat er überlebt: Nach dem Unfall wird ein Teil des Fahrzeugs von Romain Grosjean aus Frankreich vom Team Haas von der Rennstreck­e geschafft.

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