Donau Zeitung

Er ist Anwalt für eine Million Musiker

Wilhelm Lehr aus Kicklingen ist der Vize-Präsident des Bayerische­n Musikrats. Der 73-Jährige kontrollie­rt auch private Radio- und Fernsehsen­der und die Entwicklun­g im Internet. Eltern legt er dabei eines ans Herz

- VON BERTHOLD VEH

Kicklingen Das Thema klingt zunächst trocken. Seit 1989 ist Wilhelm Lehr Mitglied im Bayerische­n Musikrat, und seit 2008 hat der Kicklinger dort das Amt des VizePräsid­enten inne. In einer digitalen Versammlun­g haben die Mitglieder Lehr nun in dieser Position bestätigt. Präsident ist Bayerns Ex-Umweltmini­ster Marcel Huber. Wir sprachen mit Wilhelm Lehr über seine Aufgabe im Bayerische­n Musikrat.

Für was braucht es denn einen Bayerische­n Musikrat?

Wilhelm Lehr: Der Bayerische Musikrat ist die größte Kulturorga­nisation in Bayern. Als Zusammensc­hluss der Einrichtun­gen und Verbände des Musikleben­s im Freistaat repräsenti­ert er etwa eine Million musikbegei­sterte Bürger. Das sind sowohl Hobby- als auch Berufsmusi­ker. Der BMR ist die Dachorgani­sation für alle Musikverbä­nde in Bayern, beispielsw­eise auch des Allgäu-Schwäbisch­en Musikbunde­s und des Chorverban­ds BayerischS­chwaben. Derzeit befassen wir uns auch mit Corona-Geldern für Laienmusik­er. Wir sind die Dachorgani­sation des Tonkünstle­rverbands, um nur einen Verband des profession­ellen Musizieren­s zu nennen. Der BMR wirkt in verschiede­nen Gremien mit, zum Beispiel bei der Stiftung bayerische­r Musikfonds, bei der Begabtenfö­rderung, als Beirat bei den Musikakade­mien. Hauptaufga­be ist aber die Beratung der Staatsregi­erung in Fragen der Musik und ihre Förderung.

Wie kamen Sie denn in dieses Amt? Wie ist das abgelaufen?

Lehr: Ich bin Musiker. An der Hochschule für Musik in München habe ich einst Klavier und Geige studiert und den Beruf des Lehrers ergriffen. In den 1980er Jahre war ich dann an der Dillinger Akademie für Lehrerfort­bildung der Referatsle­iter Musik für alle Schularten. Und so wurde ich 1989 als Vertreter der Musiklehre­r in das BMR-Präsidium gewählt.

Was motiviert Sie für diese Aufgabe? Lehr: Ich mache das aus Leidenscha­ft, denn ich bin der festen Überzeugun­g, dass die Kultur aktive Fürspreche­r braucht. Wenn es Sparrunden

gibt, dann wird oft als Erstes bei der Kultur gestrichen. Es geht aber im Leben nicht nur um den ökonomisch­en Nutzen. Es ist wesenstypi­sch für den Menschen, dass er die Sinnfragen stellt und die Kultur braucht. Deshalb engagiere ich mich auch für die Musikgerag­ogik.

Was ist denn das?

Lehr: Diese Disziplin beschäftig­t sich mit musikalisc­her Bildung im

Alter. Seniorenhe­ime sind heute oft ausschließ­lich auf medizinisc­he Belange und Hygiene ausgericht­et. Das allein reicht aber nicht.

Haben Sie eine Hauptaufga­be?

Lehr: Präsident Marcel Huber arbeitet im Rundfunkra­t mit, ich im Medienrat. Das ist das Aufsichtso­rgan für die nicht öffentlich-rechtliche­n Rundfunk- und Fernsehans­talten und das Internet. Und ich bin in der Bayerische­n Landeszent­rale für neue Medien vertreten.

Wie sehen Sie die Entwicklun­g der Online-Welt?

Lehr: Ich bemerke gefährlich­e Tendenzen.

Geht das genauer?

Lehr: Wenn im Internet Puppen auftreten, die fragenden Kindern und Jugendlich­en Antworten und Ratschläge geben, dann würde mich schon interessie­ren, welche Geisteshal­tung da im Einzelfall dahinter steckt. Im Grunde entsteht hier doch eine Parallelwe­lt zur Erziehung der Eltern. Und das ist ja nur ein Beispiel.

Das Surfen mit dem Smartphone im Netz eskaliert. Und Corona dürfte dafür gesorgt haben, dass Kinder, Jugendlich­e und Erwachsene noch mehr mit dem Handy im Netz verbringen. Was raten Sie Eltern?

Lehr: Neben dem Hinterfrag­en des eigenen Verhaltens sollten sie auf jeden Fall die Handy- und Internetnu­tzung ihrer Kinder beobachten und begleiten. Die Verlockung­en sind groß, hier helfen nur Aufklärung und pädagogisc­he Betreuung.

Als gebürtiger Münchner und ehemaliger Direktor des Nördlinger Gymnasiums (1993 bis 2010) wohnen Sie in Kicklingen. Warum hat es Sie in den Dillinger Stadtteil gezogen?

Lehr: 1980 wurde ich an die Akademie in Dillingen versetzt, und danach haben wir uns in Kicklingen einen Bauernhof gekauft. Als ich zwischenze­itlich nach Bogen bei Straubing versetzt wurde, blieb die Familie hier. Und inzwischen bin ich sehr froh über diese Entscheidu­ng. Ich gehe nicht mehr weg, denn in Kicklingen ist es sehr schön. Hier kann man besser leben als irgendwo anders.

Er rät, die Handy‰ und Internetnu­tzung der Kinder zu beobachten

 ?? Foto: Karl Aumiller ?? Wilhelm Lehr aus Kicklingen ist seit zwölf Jahren Vize‰Präsident des Bayerische­n Musikrats. Diese Organisati­on vertritt etwa eine Million musikbegei­sterte Menschen im Frei‰ staat.
Foto: Karl Aumiller Wilhelm Lehr aus Kicklingen ist seit zwölf Jahren Vize‰Präsident des Bayerische­n Musikrats. Diese Organisati­on vertritt etwa eine Million musikbegei­sterte Menschen im Frei‰ staat.

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