Wie es für Osram weitergehen könnte
Der scheidende Chef Olaf Berlien verabschiedet sich von den Aktionären und sieht seinen Kurs bestätigt: Er hat das Traditionsunternehmen auf Hightech-Produkte getrimmt. Die neuen Machthaber von AMS können sich entfalten
München Das Osram-Licht strahlt seit Dienstagabend wieder am Stachus. Lange war die berühmte Leuchtreklame erloschen. Es ging um Denkmalschutzgeschichten. Nun aber prangt da wieder der historische Werbespruch: „Osram – Hell wie der lichte Tag.“
Das Münchener Traditionsunternehmen zeigt wieder mehr Präsenz, so könnte man meinen. Das ist schön, zugleich aber kann man sich fragen, ob die neuen energiesparenden LEDs mit digitaler Steuerung vielleicht etwas zu hell strahlen. Denn Osram gehört nach einer schlagzeilenträchtigen Übernahme doch längst mehrheitlich dem österreichischen Sensorspezialisten AMS. Und Osram hat Zeiten hinter sich, die nicht unbedingt finster wie die dunkle Nacht waren, aber eben zuletzt auch nicht so richtig hell.
Zumindest fragten sich viele Osramiten anlässlich der ordentlichen Hauptversammlung am Dienstag, wie es weitergeht. Die Aktionäre hatten Anfang November dem Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrag zugestimmt und AMS wird nun endgültig vollen Zugriff bekommen. Denn dieser Vertrag könne, wie am Dienstag bekannt schon kurzfristig eingetragen und damit wirksam werden, was bisher Klagen verhindert hatten. Personell hat AMS an der Spitze ohnehin schon glatt gezogen: Das digitale Aktionärstreffen leitete bereits der neue Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Stockmeier, der im Vorstand von AMS sitzt und Peter Bauer an der Spitze des Kontrollgremiums ablöst. Und das Osram-Gesicht der vergangenen sechs Jahre, Olaf Berlien, verabschiedete sich mit „Wehmut“und einer „guten Portion Stolz“bei den Investoren. Der Vorstandsvorsitzende verlässt nach der Übernahme – wenig überraschend – Osram. Auf ihn folgt der AMS-Finanzvorstand Ingo Bank, der früher bei Osram bereits für die Finanzen verantwortlich zeichnete.
Berlien warb dabei erneut um Akzeptanz für den Zusammenschluss mit dem kleineren österreichischen Unternehmen. Emotional sei der für die Mitarbeiter „nicht einfach“. Das ändere aber nichts an der „strategischen Logik des Zusammenschlusses“. Denn, so Berlien: „Gemeinsam, als Partner, können wir der unangefochtene Marktführer für optische Lösungen werden.“Das ist zumindest das Ziel. Für sich bilanzierte der 58-Jährige: „Die konsequente Ausrichtung auf Hightech-Produkte war richtig. Und auch wenn sich nicht alle Technologievorstöße ausgezahlt haben – am Ende ist es uns doch gelungen, Osram mit attraktiven, zukunftsweisenden Produkten fit für die nächsten Jahre zu machen.“
Auch Osram hatte unter Corona zu leiden, besonders im Bereich Automotive und Entertainment. Zuwurde, dem wird gerade stark gespart. Hatte man im vergangenen Quartal noch rote Zahlen präsentiert und für das gesamte Geschäftsjahr (das bei Osram im Oktober endet) 267 Millionen ausgewiesen, zeigte Berlien sich am Dienstag perspektivisch allerdings zuversichtlich. Nicht zuletzt wegen des „hervorragend“laufenden Halbleitergeschäfts hatte Osram jüngst die Prognose für das Gesamtjahr angehoben und erwarte für das laufende Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum „zwischen 10 und 14 Prozent“.
Die von der Übernahme nicht unberührte Belegschaft wird das freuen. Bessere Zahlen helfen. Zugleich läuft die Umstrukturierung. Wie Osram-Finanzvorstand Kathrin Dahnke bekräftigte, sollen Teile der Digital-Sparte, der Bereich Vorschaltgeräte und Elektronik, verkauft werden. Gesucht werde ein Käufer, der für Kontinuität stehe und „eine langfristige Perspektive für das Geschäft und seine Mitarbeiter bietet“.
Olga Redda, 2.Bevollmächtigte der IG Metall Regensburg und im Aufsichtsrat von Osram, schätzt die Situation so ein: „Ich sehe Osram gut aufgestellt, aber ich sehe viele Fragezeichen mit Blick auf die deutschen Standorte, die nicht zur Optohalbleiterbasierte Semiconductors-Sparte gehören.“Die Belegschaft bleibe jedenfalls verunsichert. In der Zusammenschlussvereinbarung hatte AMS Zusagen für die Mitarbeiter und Produktionsstätten von Osram, insbesondere in Deutschland, gemacht. So wurden fusionsbedingte Kündigungen bis Ende 2022 ausgeschlossen. Aber, sagt Gewerkschafterin Redda: „Das ist nicht genug. Wir wollen konkreter wissen, wo die Reise für die einzelnen Standorte hingeht.“
Daniela Bergdolt, Vizepräsidentin der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, bilanzierte im Gespräch mit unserer Redaktion so: „Olaf Berlien hat einen guten Job gemacht, weil er Osram vom Glühbirnenhersteller zum Hightech-Unternehmen gewandelt hat. Er hat getan, was das Unternehmen brauchte.“AMS und Osram müssten sich jetzt gut arrangieren, gerade weil es ein so großes Potenzial gebe. Mit Blick auf etwaige Verkäufe von Unternehmensteilen analysiert die Aktionärsschützerin so: „Ich kann die Sorgen der Belegschaft verstehen, aber das Wichtige ist, dass Osram nun an die Spitze des Weltmarktes kommt. Meine Hoffnung ist, dass das mit allen Arbeitnehmern gelingt.“