Eine Bleibe für Fußballer, Boxer und Rennfahrer
Die Kartäuser-Klause in Erlingshofen hat den Besitzer gewechselt. In 46 Jahren als Chef war Josef Minder Zeitzeuge eines gesellschaftlichen Wandels, auch Promis waren zu Gast. Wer der neue Eigentümer ist und was er plant
TapfheimErlingshofen Die Kartäuser-Klause direkt an der Ortsdurchfahrt an der B 16 in Erlingshofen gibt es in der bisherigen Form jedenfalls nicht mehr. Inhaber Josef Minder hat die Gaststätte an einen Feinkosthändler aus Donauwörth verkauft. Dem Vernehmen nach will der neue Besitzer das Haus als Restaurant weiterführen. Die Räume im bisherigen Privathaus von Josef Minder sollen zu Hotelzimmern umgebaut werden. Minder selbst verbringt seinen Ruhestand in Ebermergen.
46 Jahre sind eine lange Zeit. Deshalb könnte Josef „Sepp“Minder stundenlang über sein Lokal, die bewegte Historie und ganz besondere Begegnungen erzählen: Fußballer, Boxer, Sänger und Rennfahrer haben sich die Klinke in die Hand gegeben. Angesichts der vielen Erlebnisse war es nicht verwunderlich, dass Minder eine Träne verdrücken musste, als er
Räume letztmals absperrte. Es hieß Abschied nehmen aus Tapfheim-Erlingshofen.
Fasching, Kartlerrunden, Treffen von Vereinen, Theateraufführungen – die Kartäuser-Klause war über Jahre „der“Treffpunkt. „Es sind schöne Erinnerungen“, sagt Minder, der die Kartäuser-Klause 1974 von den Eltern übernahm, die ursprünglich das Café Minder betrieben. „Bei meiner Übernahme wurden die Gaststätte, der Saal (für 200 Gäste) und die Küche komplett renoviert.“Dass die Geschichte nun am Silvestertag 2020 endete, hat einen einfachen Grund: Minder hat keinen Nachfolger in der Familie, will als Ruheständler „noch einige Jahre ohne Belastung“verbringen.
Als Koch wollte Josef Minder immer Signalzeichen setzen. Schon zu Zeiten, als die regionale Küche noch kaum ein Thema war, kochte er mit heimischen Produkten. Aber es gab auch internationale Spezialitäten wie
Froschschenkel oder „Piri-Piri“. In 1980er-Jahren waren die Ritteressen oder auch Gerichte vom heißen Stein der Renner. Legendär waren die Jumbo-Schnitzelvariationen zu lediglich fünf Euro. Die Hochzeiten, Familienfeste und Taufen, „Hoigardie ta“, Faschingsbälle, Galaabende und Theater werde er wohl vermissen. „Unvergesslich sind die Silvesterfeiern mit einem 14-Gänge-Menü und Tanz mit Kapelle“, schwärmt Minder. Dazu hätten sich berühmte Gäste gesellt wie der Schlagersänger
Andy Borg oder Motorsportler Hans-Joachim „Strietzel“Stuck junior. Auch Jos Verstappen, Ex-Kollege von Michael Schumacher und Vater des heutigen Formel-1-Rennfahrers Max Verstappen, Mitglieder der deutschen Fußball-Nationalmannschaft wie Manfred Kaltz, Hansi Müller oder der „MachoMan“-Boxer René Weller waren immer wieder mal Gast in der Kartäuser-Klause.
Minder ist zu einem Zeitzeugen für den gesellschaftlichen Wandel in der Gastronomie geworden. Früher, so erinnert er sich, hätten die Vereine in seinem Lokal eine Heimstätte gehabt. Mittlerweile haben die meisten Vereine selbst eigene Heime mit gastronomischem Betrieb aufgebaut. „So wird es die Gastronomie auf dem Land schwer haben, sich zu behaupten“, sagt Minder. Nur einige wenige Gastronomiebetriebe würden überleben können, „aber nicht in jedem Ort“.