Bahn zieht sich von Ticketverkauf an der Station zurück
Sie bietet im Nachbarlandkreis Günzburg Fahrkarten im Zug statt am Automaten. Das Reisezentrum Günzburg wird geschlossen
Landkreis
Die Deutsche Bahn hat entlang der MittelschwabenbahnStrecke die Fahrkartenautomaten abgebaut, stattdessen könne man im Zug an einem Gerät oder beim Personal die Tickets erwerben. Was bedeutet das nun konkret für die Kunden – und worauf müssen sie sich einstellen, wenn das private Unternehmen Go-Ahead Ende nächsten Jahres die Fuggerexpress-Linie zwischen Ulm, Augsburg und München übernimmt und sie in Günzburg umsteigen? Diese Frage stellt sich auch in anderer Hinsicht: Denn die Bahn hat unserer Zeitung mitgeteilt, dass sie ihr Reisezentrum in Günzburg schließt.
Jörg Bruchertseifer vom Fahrgastverband Pro Bahn sieht kein Problem darin, dass die Deutsche Bahn bei der Mittelschwabenbahn den Weg ändere, auf dem man an die Fahrkarten kommt. Die Forderung des Verbands sei, dass man spontan mit dem Zug fahren können muss, und dazu zähle auch, spontan ein Ticket zu kaufen. Es gebe schon andere Strecken, auf denen man das beim Zugbegleiter tun kann, gerade weil die meisten inzwischen im Internet ihre Fahrkarten lösten. Die
Deutsche Bahn erklärt auf Anfrage, dass „im Rahmen des Redesigns unserer Fahrzeuge in alle ein Automat eingebaut wurde“. Wo noch kein Automat vorhanden ist, werde immer Personal mitfahren.
Falls ein Gerät defekt oder mal kein Zugbegleiter an Bord ist, werde das für den Fahrgast kein Problem bedeuten – er könne ja nichts dafür. „Sollte eine Kontrolle stattfinden, kann der Kunde eine Fahrkarte ohne Zuschlag erwerben. Sollte er zum Beispiel in Mindelheim oder Günzburg in einen anderen Zug der Linien Ulm–Augsburg beziehungsweise Memmingen–München umsteigen, muss er sich beim Umstieg einen Fahrschein kaufen“, erklärt die Sprecherin. Jörg Bruchertseifer von Pro Bahn ergänzt, dass ein Fahrgast kostenlos mitgenommen werden müsse, wenn er am Bahnsteig oder im Zug kein Ticket mit Bargeld kaufen könne.
Angesichts dessen, dass etwa in Zügen der Bayerischen Regiobahn die Automaten im Zug abgebaut wurden und ab nächstem Jahr in DB-Fernverkehrszügen keine Tickets mehr verkauft werden, stellt sich jedoch die Frage, wie lange das neue Angebot vorhält. Dazu betont die Sprecherin: „Eine erneute Anpassung des Vertriebskonzepts ist aktuell kein Thema, insbesondere, da wir ja aktuell erst alle Züge mit Automaten ausgestattet haben.“
Einen anderen Weg geht der Konkurrent Go-Ahead. Das private Bahnunternehmen übernimmt unter anderem im Dezember nächsten Jahres die Nahverkehrsstrecke zwischen Ulm, Augsburg und München. An bestimmten Stationen werden Fahrkartenautomaten installiert, außerdem ist unter anderem in Günzburg ein Kundencenter geplant. Sprecher Winfried Karg erklärt, dass dies Teil der Ausschreibung der zuständigen Bayerischen Eisenbahngesellschaft gewesen sei. In der Regel würden an den Stationen, an denen nur Züge von GoAhead halten, die Geräte installiert. Denn dort sei man dazu verpflichtet worden, den Fahrkartenvertrieb zu übernehmen. An Stationen, an denen Züge mehrerer Unternehmen halten, wie in Günzburg oder Augsburg, könne es unterschiedlich sein. Doch „die Fahrkarten werden gegenseitig anerkannt, das heißt, eine Fahrkarte von Günzburg nach Ulm gilt dann künftig zum Beispiel in den Zügen von Agilis und unserem Unternehmen gleichermaßen – egal, wer sie verkauft hat.“Teil des Vertrags sei auch, in allen Zügen Begleitpersonal an Bord zu haben.
Auch die Bahn-Sprecherin betont, die Kunden könnten sich also weiterhin bei der DB durchgehende Fahrscheine bis zum Zielort kaufen, auch wenn eine Teilstrecke mit GoAhead zurückgelegt wird. Aber eine Veränderung wird es mit dem Betreiberwechsel geben. Mit der Übernahme der Regionalverkehre zwischen Ulm, Augsburg und München, also der bisherigen Fuggerexpress-Linie, durch Go-Ahead werde dieses Unternehmen „auch den personenbedienten Fahrscheinverkauf am Bahnhof Günzburg verantworten“, da von Günzburg Richtung Ulm und Augsburg deutlich mehr Reisende unterwegs seien als in Richtung Krumbach und Mindelheim. Es sei auf alle Fälle gewährleistet, dass unabhängig vom Betreiber weiterhin Fahrscheine für DBStrecken verkauft werden. Doch das eigene Reisezentrum werde dann Ende 2022 geschlossen. Für Günzburg wäre es ein Problem, wenn GoAhead sich nur auf die in der Ausschreibung geforderten Leistungen konzentriere – Sprecher Karg jedenfalls verweist hier auf den Verkauf von Nahverkehrsfahrkarten. „Der Vertrieb von Fernverkehrsfahrscheinen ist Aufgabe der DB Fernverkehr AG, die uns auf unsere Initiative hin signalisiert hat, kein Interesse daran zu haben, uns damit zu beauftragen.“Wiederum schiebt die Bahn die Verantwortung auf GoAhead: Dem Betreiber stehe es frei, eine Lizenz dafür zu erfragen, die er „selbstverständlich auch bekommen würde“. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft als zuständige Stelle für den Schienenpersonennahverkehr in Bayern hat auf Fragen unserer Redaktion nicht reagiert.