Alles ist anders bei der Berlinale
Die Pandemie zwingt die Festspiele ins Internet – als Branchentreff für Fachleute
Berlin Also, ein gutes Wort hat Carlo Chatrian schon gefunden. Fragt man den einen Teil des BerlinaleLeitungsduos, wie er sich vor Beginn der Filmfestspiele fühlt, fällt ihm ein Begriff ein. „Im Deutschen gibt es das Wort „komisch“, sagt der Italiener. „Für uns ist das gerade passend.“Die Situation sei ungewöhnlich, aber nicht im unangenehmen Sinne. Die Berlinale muss wegen der Pandemie online stattfinden – zumindest vorerst. Am Montag (1. März) beginnt ein digitaler Branchentreff. Fachleute und Journalisten werden daheim vor ihren Computern sitzen. Man wird über Filme lesen können, auch wenn es noch dauert, bis sie im Kino laufen. Denn noch sind die Filmtheater in Deutschland geschlossen.
Normalerweise wären jetzt Autogrammjäger am roten Teppich unterwegs. Schauspieler würden in Limousinen vorfahren. Vor den Kinosälen gäbe es Warteschlangen. Das fällt aus. Erst im Sommer soll es ein Festival fürs Publikum geben. Was also bleibt nun überhaupt vom Festivalgefühl? Und kann das funktionieren?
Das Programm jedenfalls liest sich spannend. Insgesamt 15 Filme gehören zum Wettbewerb, darunter das Regiedebüt von Schauspieler Daniel Brühl namens „Nebenan“, die Literaturverfilmung „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“von Dominik Graf oder der neue Film der Französin Céline Sciamma, die mit „Porträt einer jungen Frau in Flammen“zuletzt in Cannes erfolgreich war. Welcher Film am Ende den Goldenen Bären gewinnt, soll ohne großes Tamtam verkündet werden.
Die Pandemie hat der Branche einen Einbruch beschert. Die Kinobesuchszahlen sind in Deutschland angesichts der Schließungen drastisch eingebrochen – und viele abgedrehte Filme liegen bereit. „Filmstau“nennen das manche in der Branche. Normalerweise wird die Berlinale gerne genutzt, um Werbung für einen Film zu machen – auch von USProduzenten vor der Oscar-Verleihung. Diesmal allerdings fehlen USamerikanische Filme im Wettbewerb. Die Hollywoodstudios seien nicht bereit, derzeit Filme ins Kino zu bringen, sagte Rissenbeek.