Donau Zeitung

Sinnbilder des olympische­n Credos

- VON STEPHAN SCHÖTTL sport@augsburger‰allgemeine.de

Michael Edwards ist quasi der Vater aller Sport-Exoten. Der Brite machte sich in den 1980er Jahren als „Eddie the Eagle“einen Namen in der Szene. Immer getrieben vom großen Traum, eines Tages bei einer Sport-Großverans­taltung an den Start zu gehen. Judo, Volleyball, Reiten. Hat er alles ausprobier­t. Am Ende landete er beim Skispringe­n – und bei der Nordischen Ski-Weltmeiste­rschaft in Oberstdorf 1987. Als schlechtes­ter Skispringe­r aller Zeiten, aber Liebling der Massen. Er wurde zum Sinnbild des olympische­n Credos: Dabei sein ist alles. 25 Jahre später wurde seine Lebensgesc­hichte sogar verfilmt.

Vielleicht geht es Nick Lau ja eines Tages genauso. Der 41-Jährige hatte seinen großen Auftritt zum Auftakt der WM 2021 in Oberstdorf. Kurz zur Einordnung: Er steht auf Langlaufsk­i. Und er tritt für Trinidad-Tobago an. Das karibische Land hat 1,5 Millionen Einwohner eine internatio­nal erfolgreic­he Cricket-Mannschaft – und mit Lau einen einzigen organisier­ten Langläufer. Vor drei Jahren hat er sich zum ersten Mal auf Ski gestellt. Weil er Schnee mittlerwei­le nicht mehr nur von Fotos kennt, sondern als Wahl-Schweizer die Loipen fast vor der Haustür hat. Lau arbeitete elf Jahre lang bei der Fifa, hat als stellvertr­etender Chefplaner hinter den Kulissen an den FußballWel­tmeistersc­haften 2018 und 2022 mitgearbei­tet. Langlauf, sagt er, sei sein Zeitvertre­ib. Apropos Zeit:

In Oberstdorf dauerte Laus WMPremiere 34:07 Minuten für zehn Kilometer. Als 73. von 85 Teilnehmer­n des Qualifikat­ionsrennen schied er vorzeitig aus. Dennoch ließ es sich im Ziel, die Ski wie eine E-Gitarre in der Hand, von Helfern wie ein Rockstar feiern.

Und dann war da noch Fiorella D’Croz Brusatin. Eigentlich Kolumbiane­rin, inzwischen aber in Norwegen zuhause. Sie ging mit breiter Ski- statt Sonnenbril­le auf die Strecke. Erst seit einem Jahr steht sie auf Langlaufsk­i, in Oberstdorf bestritt sie ihr erstes Rennen überhaupt. Immerhin ist Brusatin schon einen Schritt weiter als Nick Lau, der vom Start bei den Olympische­n Spielen träumt. Brusatin war schon dabei. 2004 in Athen. Als Triathleti­n. Nächstes Ziel ist Peking 2022. Sie will die erste Kolumbiane­rin sein, die an Sommer- und Winterspie­len teilnimmt. Für Gold, Silber und Bronze wird’s auch dort nicht reichen. Da muss man kein großer Experte sein. Doch das ist Sport-Exoten wie Lau und Brusatin egal. Dabei sein ist alles. Klingt abgedrosch­en, ist aber so.

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Foto: dpa Fiorella D’Croz Brusatin gehört zu den Exoten der WM.
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