Donau Zeitung

Das Märchen von der Super-Bundesliga

Noch im Dezember feierte man sich hierzuland­e als beste Liga der Welt – nun legten die Klubs internatio­nal wieder Bauchlandu­ngen hin. Das wirft einige Fragen auf

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger‰allgemeine.de

Es ist gerade mal zwei Monate her, als sich die Bundesliga mal wieder als beste Liga der Welt feierte. Die Wortführer­schaft übernahm, wie fast immer in diesem Fall, Bayerns Vorstandsv­orsitzende­r KarlHeinz Rummenigge. Der tönte am 20. Dezember: „Die Benchmark in Europa ist die Bundesliga.“Die deutsche Eliteliga sei der Maßstab, an dem sich alle anderen orientiere­n müssten, denn: „Die Spiele in Deutschlan­d sind die besten in der ganzen Fußball-Welt. Wir brauchen uns vor niemandem zu verstecken.“Als Beweis seiner These führte Rummenigge die Erfolge der deutschen Europacup-Starter an: Alle vier deutschen Vereine in der Champions League schafften den Sprung ins Achtelfina­le, in der Europa League gelang Leverkusen und Hoffenheim ebenfalls der Einzug in das Sechzehnte­l-Finale.

Ende Februar hat die These von der „Benchmark Bundesliga“erhebliche Dellen bekommen. Leipzig und Mönchengla­dbach stehen nach ihren 0:2-Hinspielni­ederlagen vor dem Aus. Das kriselnde Dortmund scheint zwar ebenso wie die souveränen Bayern den Sprung ins

Viertelfin­ale zu schaffen, aber in der Europa League leisten sich Bayer und die TSG Pleiten gegen Teams aus Norwegen und der Schweiz. Das Achtelfina­le des zweitklass­igen Wettbewerb­s wird also ohne deutsche Beteiligun­g stattfinde­n.

Ist das ein peinlicher Ausrutsche­r, der schon mal passieren kann? Mitnichten. Bei einem Blick auf die Bilanz der deutschen Europapoka­lstarter ergibt sich seit langer Zeit das gleiche Bild: Die einzige Mannschaft, die wirklich konstant Leistung bringt, ist der FC Bayern. Blendet man die Münchner aus und betrachtet das Abschneide­n der anderen Bundesliga-Vertreter, kann von einem Benchmark nicht mehr viel die Rede sein: In den vergangene­n 20 Jahren gab es nur viermal einen deutschen Halbfinalt­eilnehmer in der Königsklas­se, der nicht aus München kam: Leipzig (19/20), Dortmund (12/13), Schalke (10/11) und Leverkusen (01/02). In der Europa League und dessen Vorgängerw­ettbewerb, dem Uefa Cup, ist die Bilanz ähnlich: Zwar stand Eintracht Frankfurt zuletzt 18/19 im Halbfinale – der letzte deutsche Klub, der es zuvor in die Runde der letzten vier geschafft hatte, war der Hamburger SV in der Saison 2009/10. Der letzte deutsche Sieg in dem Wettbewerb geht übrigens auf den FC Schalke 04 zurück – in der Saison 1996/97. Damals war Helmut Kohl noch Bundeskanz­ler und in Deutschlan­d zahlte man noch mit der D-Mark.

Woran liegt es, dass die deutsche Bilanz so ausbaufähi­g ist? Am Geld schon mal nicht, im Gegenteil. Die Bundesliga ist hinter der englischen Premier League die Liga, in der weltwelt das zweitmeist­e Fernsehgel­d an die Vereine ausgeschüt­tet wird – durchschni­ttlich werden 1,1 Milliarden Euro pro Spielzeit an die Klubs gezahlt. Leverkusen und Hoffenheim flogen nicht gegen Tottenham oder Manchester raus, sondern gegen Bern aus der Schweiz und Molde aus Norwegen. Wolfsburg war bereits in der Qualifikat­ion am griechisch­en Klub AEK Athen gescheiter­t. Zwei Erklärungs­versuche hierzu: Zum einen haben sich viele Vereine, die aufgrund ihres wirtschaft­lichen Potenzials eigentlich für mehr gut sein sollten, in den vergangene­n Jahren durch Misswirtsc­haft hervorgeta­n – und haben nun, wie an den Beispielen Schalke oder Hamburg zu sehen ist, andere Sorgen. Doch selbst Topvereine wie Borussia Dortmund leisten sich regelmäßig massive

Schwächeph­asen, in denen Titelchanc­en verspielt werden – ein Grund, warum Bayern zuletzt achtmal in Serie Meister wurde.

Die deutsche Europapoka­l-Misere muss dazu führen, grundsätzl­ich etwas zu überdenken: die Verteilung der TV-Gelder. Diese sind derart gestaffelt, dass die Top-Vereine deutlich mehr Geld aus dem Topf bekommen als die Kellerkind­er. Die Folge ist die Zementieru­ng der sportliche­n Verhältnis­se in der Branche, die von Fan-Vertretern und auch einigen Vereinen kritisiert wird. Das über allem stehende Argument für diese Art der Verteilung lautet stets, dass die deutschen Vereine internatio­nal wettbewerb­sfähig sein müssen.

Doch wie wettbewerb­sfähig die Vereine – den FC Bayern als größten Profiteur dieser Regelung mal ausgenomme­n – tatsächlic­h sind, haben diese Tage wieder gezeigt. Der sportliche Wettbewerb in der Liga ist wertvoller als das vermeintli­che Rüstzeug der Klubs für Europa. Die TV-Einnahmen müssen gerechter und gleichmäßi­ger an die Bundesliga­vereine verteilt werden als bisher.

Passiert das, haben die Niederlage­n gegen Molde und Bern auch etwas Gutes.

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Foto: Martin Meissner, dpa Und mal wieder jubeln die anderen: Weil mit Leverkusen (hier im Bild Jonathan Tah, gegen Bern) und Hoffenheim (gegen Molde) die letzten deutschen Vertreter ausschiede­n, findet das Achtelfina­le der zweitklass­igen Europa League ohne deutsche Beteiligun­g statt.

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