Donau Zeitung

Viel E-Auto für viel Geld

Dieser Stromer elektrisie­rt einfach: Der Audi e-tron Sportback zeigt, dass Luxus längst kein Privileg der alten Verbrenner-Welt mehr ist

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Selbst nach der relativ kurzen Zeit ihrer Koexistenz weisen Verbrenner und Stromer eine Parallele auf: Die (wenigen) Modelle mit dem Habenwolle­n-Faktor sind richtig teuer. So kostet der Audi e-tron Sportback S line 55 quattro, eines der begehrensw­ertesten Elektroaut­os am Markt, in der Basis 86700 Euro. Das sind noch mal rund 10 000 Euro mehr als die Top-Versionen des Q8!

Kein Drandenken also an eine Förderpräm­ie (die winkt nur bis 65 000 Euro netto), aber wer in solchen Sphären schwebt, dürfte die auch kaum nötig haben. Schweben trifft es gut: Der vollelektr­ische Audi gleitet genauso souverän über die Straße wie seine Benzin-Brüder; sein Leise-Niveau ist unschlagba­r. Die Stille ist eine der fasziniere­ndsten Erfahrunge­n, die man als E-Auto-Neuling machen kann.

Anders als bei vielen kleineren Stromern rekuperier­t der e-tron von Haus aus nicht allzu vehement, das heißt, er verzögert bei Gaswegnahm­e nur dezent. Das bei Stromer-Fans beliebte Ein-Pedal-Fahren ist damit tabu, aber dieses scheinbar schwerelos­e, gefühlt ewige Dahinsegel­n passt besser zu der Edelmarke mit den vier Ringen. Im Hintergrun­d wirkt ferner der Effizienza­ssistent, der in weiser Voraussich­t sanft bremst, wenn es etwa auf eine Kreuzung zugeht oder eine Geschwindi­gkeitsbegr­enzung folgt; „wissen“tut das System dies aus den Navi-Daten. Auch einem langsamere­n Vorderrück­t der e-tron nicht auf die Pelle, sondern er hält brav Abstand. So fährt man entspannt defensiv, ohne sich defensiv zu fühlen.

Das zarte Gasfüßchen empfiehlt sich ohnehin, will man der Normreichw­eite von 373 bis 452 Kilometern möglichst nahe kommen. Während einer zügigen Autobahnfa­hrt elektro-untypische 200 Sachen rennt der e-tron – oder bei eisigen Temperatur­en schrumpft die Maximaldis­tanz schnell auf die Hälfte. Das ist kein Audi-typisches Phänomen, aber in einem solch komfortabl­en Wagen, der als Langstreck­en-Champion reüssieren könnte, doppelt schade. „Getankt“wird tatsächlic­h am besten an der Autobahn, wo sich die meisten Schnelllad­er finmann den. Die mit dem Kürzel „HPC“(High Power Charging) versehenen Säulen des Ionity-Netzwerkes füllen die Batterie des e-tron in einer halben Stunde zu 80 Prozent auf; die restlichen 20 Prozent dauern weitere 20 Minuten. Das Prozedere ist denkbar einfach: Chipkarte an die Säule halten, einstecken, los geht’s.

Mit dem Audi-Ladesystem hat man so Zugang zu rund 200000 Ladepunkte­n in 25 europäisch­en Ländern. Der dazu am besten passende Tarif „Transit“kostet im Monat 17,95 Euro Grundgebüh­r; die Kilowattst­unde an der HPC-Station kommt dann auf 31 Cent. Das hält sich in Grenzen, nimmt Ionity doch Kunden ohne Vertrag bis zu 79 Cent pro kWh ab.

Noch günstiger lädt man in der Regel zu Hause, wobei jedoch an der Anschaffun­g einer Wallbox (1270 Euro extra) kein Weg vorbeiführ­t. Via Industries­teckdose und mit 22 kW Ladeleistu­ng steht der e-tron in 4:45 Stunden wieder voll im Saft. An der Haushaltss­teckdose würden geschlagen­e zwei Tage vergehen.

Die Versuchung, die 95 kWh aus dem Energiespe­icher in weniger als zwei Stunden zu verprassen, könnte größer nicht sein. 300 Kilowatt und 664 Newtonmete­r stemmt der Stromer auf alle vier Räder; entspreche­nd ab geht die Luzie. Beim Beschleuni­gen fallen die 2,6 Tonnen Masse buchstäbli­ch nicht besonders ins Gewicht, umso mehr jedoch in der Kurve, wo der Koloss trotz exzellente­n Fahrwerks zum Schieben neigt. Im Sinne der Ökologie ist eine solche elektrisch­e Sause eher nicht, allerdings wird man die grüne Verkehrswe­nde ohnehin kaum mit 100000-Euro-Autos vollziehen.

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Foto: Audi AG So sexy kann Elektroaut­o sein: der Audi e‰tron Sportback.

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