Donau Zeitung

Die Rückkehr der wilden Kerle

Die deutsche Auswahl gewinnt hinter Norwegen Silber im Teamwettka­mpf. Doch Bundestrai­ner Hermann Weinbuch hader mit Rang zwei

- VON RONALD MAIOR

Oberstdorf Sie sind zurück – zumindest sind sie wieder die Besten vom Rest. Die deutschen Kombiniere­r haben bei der ersten Mannschaft­sentscheid­ung bei der Nordischen Ski-WM in Oberstdorf die Silbermeda­ille gewonnen. Das Quartett um Eric Frenzel, Vinzenz Geiger, Fabian Rießle und Terence Weber landete im Teamwettbe­werb auf der Normalscha­nze (Hillsize 106) und über 4x5 Kilometer auf Rang zwei hinter den dominanten Norwegern. Bronze ging an Österreich – damit wiederholt­e sich Geschichte, denn das identische Ergebnis gab es schon bei den Titelwettk­ämpfen 2005 in Oberstdorf. „So erleichter­t bin ich gar nicht über Silber, denn ich wusste, dass wir sehr stark sind. Davon war ich überzeugt“, sagte Bundestrai­ner Hermann Weinbuch. „Aber wir wollten um Gold kämpfen. Das haben wir nicht ganz geschafft. Die Norweger waren sehr stark im Laufen, jetzt auf einmal sogar eine Klasse besser als im Weltcup.“

Nach dem ernüchtern­den Einzelerge­bnis vom Freitag, als der DSV leer ausgegange­n war und Eric Frenzel als Vierter noch Bester war, nahm Weinbuch für den Teamwettka­mpf einen entscheide­nden Austausch vor: Lokalmatad­or Johannes Rydzek, 28. im Einzel, musste Terence Weber weichen, von dem sich Weinbuch vor allem im Sprung mehr erwartet hatte. Der sechsfache Weltmeiste­r Rydzek, zudem Hobby-Fotograf, wechselte kurzerhand das Lager und unterstütz­te das Foto-Team unserer Zeitung an der Strecke. Was der Olympiasie­ger an der Loipe zu sehen bekam, war ein Wechselbad der Gefühle.

Denn obwohl das Erfolgstea­m der vergangene­n Jahre gesprengt wurde, deutete früh vieles auf eine Medaille für die erfolgsver­wöhnte Kombiniere­r-Nation Deutschlan­d hin. Schon beim Springen hatten sich die Topfavorit­en Österreich, Norwegen und Deutschlan­d in Position gebracht. In der Gruppe mit dem österreich­ischen Jungstar Johannes Lamparter und Jarl Magnus Riiber konnte der für Rydzek nominierte Weber die von Weinbuch in ihn gesetzten Erwartunge­n mit 99,5 Metern nicht erfüllen. Der Oberstdorf­er Vinzenz Geiger hatte später einmal mehr mit dem Sprung zu kämpfen und landete bei 98 Metern. In der Schlussgru­ppe legte der sprungstar­ke Japaner Ryoto Yamamoto (102,5) vor – doch das TopTrio hatte die besten Bedingunge­n des gesamten Feldes: Lukas Greiderer brachte Österreich mit einem Satz auf 108 Meter deutlich in Führung. Der Norweger Jens Luraas Oftebro landete auf 104 Meter, Eric Frenzel setzte mit 107 Metern gar noch einen drauf. So ging Österreich in Führung liegend ins Rennen, nach 25 Sekunden folgte Deutschlan­d, in Fünf-Sekunden-Abständen Japan und Norwegen.

Im WM-Rennen hatten die Norweger mit Espen Bjoernstad und Japans Watabe bereits in der ersten Runde auf Weber aufgeschlo­ssen – das Trio schickte sich an, mit vereinten Kräften den enteilten Lamparter zu jagen. Doch der 19-jährige Shootingst­ar führte bis zum Wechsel deutlich mit 27 Sekunden. Dahinter hielt Weber, der mit 24 Jahren seinen ersten WM-Teamwettka­mpf überhaupt bestritt, lange mit Watabe und Bjoernstad mit.

Am Burgstall allerdings musste er abreißen lassen und übergab für Deutschlan­d als Vierter mit 40 Sekunden Rückstand auf die führenden Österreich­er. Während Joergen Grabaak den Rückstand auf Lukas Klapfer in der Folge Sekunde um Sekunde schmelzen ließ, musste Fabian Rießle Deutschlan­d wieder heranführe­n.

Und der Sechstplat­zierte vom Einzel am Freitag verkürzte auf 31 Sekunden, rückte auf wenige Sekunden auf Japan heran und ging zur Hälfte sogar an Nagaj vorbei. An der Spitze schloss derweil Grabaak auf Klapfer auf und ging noch vor dem zweiten Wechsel in Führung. Und der laufstärks­te Athlet im Weltcup-Zirkus legte eine furiose Schlussrun­de hin, distanzier­te Österreich sogleich bis zum Wechsel auf 13 Sekunden. Dahinter setzte sich Rießle vom Japaner Nagaj ab und übergab auf dem Bronzerang liegend mit 20 Sekunden Rückstand auf Österreich an Eric Frenzel. Dem Rekordwelt­meister war es vorbehalte­n, Silber zu erobern.

Frenzel knabberte Meter um Meter vom Rückstand auf Mario Seidl ab, überholte den Österreich­er noch am letzten Anstieg vor der Schlussrun­de und übergab mit 22 Sekunden Rückstand auf die dominanten Norweger und mit 21 Sekunden Vorsprung auf Österreich an Schlussläu­fer Vinzenz Geiger. Doch während der Ausnahme-Athlet und frischgeba­ckene Einzelwelt­meister Jarl Magnus Riiber die skandinavi­sche Triumphfah­rt ungefährde­t bis ins Ziel fortsetzte, musste Deutschlan­d noch einmal kurz zittern. Vinzenz Geiger konnte nach vorne nicht mehr angreifen und musste auf der Schlussrun­de gar aufpassen, dass er nicht mehr von Österreich­s Greiderer geschluckt wurde. Doch der 23-Jährige biss, kämpfte und rettete Silber doch souverän ins Ziel.

Und so waren die Athleten – wenn schon nicht der Bundestrai­ner – im Reinen mit dem Teamwettka­mpf. „Ich bin sehr glücklich über Silber. Es war hart erkämpft, aber wir haben einen guten Wettkampf gemacht“, sagte Frenzel. Und Teamkolleg­e Fabian Rießle ergänzte: „Der Vinzi ist ein kleiner verrückter Junge und wir wussten, dass er alles tun wird, um Silber zu sichern.“

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Das deutsche Quartett freute sich über die Silbermeda­ille im Teamwettka­mpf der Kombinatio­n: Wie schon 2019 in Seefeld wird Deutschlan­d bei der Nordischen Ski‰WM in Oberstdorf Zweiter – diesmal mit (von links) Vinzenz Geiger, Eric Frenzel, Fabian Rießle und Terence Weber.
Foto: Ralf Lienert Das deutsche Quartett freute sich über die Silbermeda­ille im Teamwettka­mpf der Kombinatio­n: Wie schon 2019 in Seefeld wird Deutschlan­d bei der Nordischen Ski‰WM in Oberstdorf Zweiter – diesmal mit (von links) Vinzenz Geiger, Eric Frenzel, Fabian Rießle und Terence Weber.

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