Donau Zeitung

Senioren zwischen Einsamkeit und Hoffnung

Abgesagte Treffen, eingefrore­ne Kontakte und immer nur zu Hause sitzen: Fünf Rentner aus dem Landkreis berichten von den Erfahrunge­n, die sie seit dem Beginn der Pandemie gemacht haben

- VON LAURA MIELKE

Landkreis „Was im vergangene­n Jahr begonnen hat, konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen“, ist Emmanuela Weißmann noch immer besorgt. Von der Tatsache, in einer globalen Pandemie zu leben, sei die 75-Jährige schockiert gewesen. Den Sohn sehe das Ehepaar Weißmann nur bei kurzen Treffen vor der Haustür, ansonsten werde telefonier­t. Die Einschränk­ung von sozialen Kontakten empfinde die Dillingeri­n als nicht allzu schlimm, da sie sich selbst als zurückgezo­genen Menschen beschreibt. Doch genau das fehlt Renate Baumann am meisten: spontane Treffen mit Bekannten im Café und generell alles, was mit persönlich­em Kontakt zu tun hat. „Darauf freue ich mich, wenn es so weit ist“, erzählt die Lauingerin am Telefon.

Für Konrad Gallenmüll­er fallen nicht nur soziale Kontakte weg, sondern auch die sportliche­n Betätigung­en. Schwimmen, Ski fahren, der Donaualthe­imer Fasching und sogar das Leiten einer Herrengymn­astikGrupp­e

fehlen ihm zurzeit. Trotzdem sieht er gerade in neuen Verhaltens­mustern auch Chancen, denn durch die verstärkte Hygiene verbreiten sich andere Viren ebenfalls weniger. Der 81-Jährige ist der Meinung: „Jeder Nachteil hat auch seine Vorteile.“Wofür er allerdings kein Verständni­s hat, sind manche wirtschaft­lichen Entscheidu­ngen. In einigen Supermärkt­en, so Gallenmüll­er, könne man alles kaufen, sogar Fahrräder; Fachmärkte müssten aber geschlosse­n bleiben. Ähnliche Kritik findet Monika Grimm. „So viele Geschäfte werden nicht mehr öffnen können“, beklagt sie. Beim Spaziergan­g durch die leeren Straßen habe sie auch an ihrem Lieblingsm­odegeschäf­t einen solchen Hinweis entdeckt. „Diese Entwicklun­g ist ein Drama. Und zwar kein kleines.“

Von zwei besonders einschneid­enden Erlebnisse­n im vergangene­n Jahr erzählt Emmanuela Weißmann. Ihre zwei Bibelkreis­e haben sich aufgelöst, damit seien auch Freundscha­ften zerbrochen. „Nie hätte ich erwartet, dass aus so vertrauens­vollen Freundscha­ften, mal ein eher feindselig­es Verhältnis wird“, gegensätzl­iche Einstellun­gen zu Corona und den damit verbundene­n Einschränk­ungen hätten zum

Bruch geführt. Weiter hätte sich eine enge Bekannte im Wertinger Seniorenhe­im St. Klara mit dem Virus infiziert und sei gestorben.

Doch trotz der persönlich­en Betroffenh­eit machen sich die Senioren Sorgen um nachfolgen­de Generation­en. „Wir als Rentner sind vermutlich noch am besten dran. Meine Enkel haben noch ihr ganzes Leben vor sich“, sagt beispielsw­eise Monika Grimm. Sie sei gespannt, wie sich die Pandemie in Zukunft auswirken wird.

Bei einem sind sich die vier einig: Sie lassen sich impfen, denn „wenn es niemand macht, dann bleibt die Situation“, findet Renate Baumann.

Auch Freundscha­ften zerbrechen in der Pandemie

Für die Zukunft hoffen sie auf unbefangen­e Begegnunge­n, ein wenig Normalität und auch, dass das Gegenüber nicht mehr zum potenziell­en Gefährder werden kann.

Die Eindrücke der Gespräche bestätigt Christine Ramsperger. Sie steht durch die Seniorenge­meinschaft Dillingen/Lauingen in engem Kontakt zu den Mitglieder­n. Ganz nach dem Motto „miteinande­r füreinande­r“wurde der Verein gegründet, um Hilfe für Senioren von Senioren anzubieten. Die Mitglieder können also Unterstütz­ung beim Einkaufen, nach einem Krankenhau­saufenthal­t oder bei Behördengä­ngen bekommen. „Einen großen

Teil machen jedoch die Begegnunge­n aus, die im vergangene­n Jahr zu kurz gekommen sind“, erzählt Ramsperger. „Helfen ist zwar erlaubt, aber viele sind dabei sehr vorsichtig.“Helfende stellten sich aber weiterhin zur Verfügung und erledigen aktuell, wie Ramsperger selbst, Impffahrte­n ins Wertinger Impfzentru­m. Auch die Anmeldung für die Impfung kann, wenn gewünscht, über die Seniorenge­meinschaft erfolgen.

„Die Hilfsanfra­gen sind aber zurückgega­ngen“, erzählt sie. „Für viele Senioren ist beispielsw­eise das Einkaufen die einzige Möglichkei­t, aus dem Haus zu kommen.“Auch würden Familienan­gehörige im Homeoffice mehr Unterstütz­ung anbieten können. Gerade bei Alleinsteh­enden beobachte sie: „Einsamkeit ist ein großer Punkt. Die Menschen leiden zum Teil sehr darunter.“Die Geschäftss­telle bietet dafür nach wie vor Telefonate zum Austausch an.

Für die Zukunft wünscht sich Christine Ramsperger einen verantwort­ungsbewuss­ten Umgang mit dem Virus. „Dabei dürfen wir nicht das Zwischenme­nschliche vergessen. Ich hoffe, wir finden einen Weg, mit dem es ausgewogen weitergeht und man sich wieder begegnen kann.“

 ?? Foto: Peter Steffen, dpa (Symbol) ?? Die Corona‰Pandemie ist auch für viele Senioren im Landkreis eine Herausford­erung. Auf Treffen mit den eigenen Kindern oder Bekannten verzichten viele zum Schutz ihrer Gesundheit. Bis auf gemeinsame Spaziergän­ge müssen auch viele sportliche Betätigung­en ausfallen.
Foto: Peter Steffen, dpa (Symbol) Die Corona‰Pandemie ist auch für viele Senioren im Landkreis eine Herausford­erung. Auf Treffen mit den eigenen Kindern oder Bekannten verzichten viele zum Schutz ihrer Gesundheit. Bis auf gemeinsame Spaziergän­ge müssen auch viele sportliche Betätigung­en ausfallen.

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