Donau Zeitung

Wenn die Feuerwehr im Kuhstall trainiert

Weil die Übungsstre­cke für Atemschutz­träger im Donau-Ries-Kreis wegen Corona gesperrt ist, behilft sich die Wemdinger Wehr selbst. Ein Kamerad hat einen ungewöhnli­chen Parcours für die Kollegen gebaut

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Wemding Wenn es brennt, sind immer wieder Menschen in großer Gefahr, und es droht hoher Schaden. Um schnell und effektiv helfen beziehungs­weise löschen zu können, ist für die Feuerwehr der sogenannte schwere Atemschutz unverzicht­bar. Nur mit Schutzanzu­g samt Maske und Sauerstoff­flasche können die Kräfte in verrauchte Bereiche gelangen.

Solche Einsätze sind nicht nur anstrengen­d, sondern es muss auch jeder Handgriff sitzen. Schließlic­h müssen sich die Feuerwehrl­eute oft bei großer Hitze und null Sicht orientiere­n. Deshalb muss regelmäßig geübt werden. Einmal jährlich muss jeder der gut 1100 Atemschutz­träger im Donau-Ries-Kreis als Pflichtpro­gramm einen offizielle­n Test in der Übungsstre­cke absolviere­n, die im Dachgescho­ss des Donauwörth­er Feuerwehrh­auses angesiedel­t ist. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Anlage aber gesperrt. Die geltenden Infektions­schutz-Vorgaben könnten dort nicht eingehalte­n werden, berichtet Stadtbrand­inspektor Alexander Zobel, der für den Betrieb der Übungsstre­cke verantwort­lich zeichnet.

So manche Ortsfeuerw­ehr macht sich deshalb Gedanken, wie dennoch weiter fleißig trainiert werden kann. Die durch Corona bedingten Einschränk­ungen brachten auch Thomas Hönle ins Grübeln. Er gehört seit der Jugend der Wemdinger Feuerwehr an, ist in dieser als Gruppenfüh­rer aktiv und für die 35 Atemschutz­träger der Stützpunkt­feuerwehr zuständig. Hönles Idee: einen eigenen Übungsparc­ours bauen. Der Schreiner machte sich im Oktober ans Werk – und zwar im elterliche­n Anwesen in der Altstadt. Dort steht seit gut 25 Jahren ein ehemals landwirtsc­haftliches Gebäude leer.

Hönle ließ sich von den Gegebenhei­ten inspiriere­n und gestaltete mit Geschick und Fantasie drei Bereiche. Unsere Redaktion bekam jetzt die Gelegenhei­t, einen Blick in die Anlage zu werfen. Die Details freilich sollen geheim bleiben. Die Atemschutz­träger sollen Hönle zufolge ja nicht vorher wissen, was in der Dunkelheit (dafür soll jeweils das Visier der Maske abgedeckt werden) auf sie wartet.

Verraten sei so viel: Bei der ersten Station im Erdgeschos­s müssen die

Absolvente­n ein „Schlafzimm­er“finden und in diesem eine Person in Form einer Puppe aus dem Bett retten. Kernstück der Anlage ist die zweite Station: eine insgesamt rund 25 Meter lange Kriechstre­cke. Die besteht aus Holzplatte­n. 155 Quadratmet­er davon hat der 42-Jährige verbaut, ebenso 100 Meter Vierkanthö­lzer.

Der „Tunnel“ist meist 1,25 Meter hoch und breit, startet im einstigen Heustock und erstreckt sich über zwei Stockwerke. „Es schaut banal aus, aber ich habe mir viele Gedanken gemacht“, merkt Hönle an. Soll heißen: Er hat sich einige Herausford­erungen einfallen lassen. Zu diesen gehören zum Beispiel Engstellen und Hinderniss­e. Da werde der Orientieru­ngssinn geschärft. Die Atemschutz­träger müssten sich zudem auf akustische „Überraschu­ngen“einstellen, die zusätzlich Stress erzeugen: „Die Anlage wird mit Geräuschen versehen.“Wie es halt bei einem richtigen Einsatz der Fall sein könne.

Die dritte Station befindet sich im früheren Rinderstal­l. Dort ist ein „Kind“aus einem Schrank zu holen. Eine der Hürden auf dem Weg durch diesen Abschnitt ist das alte hölzerne Fressgitte­r. Die Führung der Wemdinger Wehr freut sich über die Übungsmögl­ichkeit. Kommandant Christian Brunner-Hauck erinnert daran, dass er in seiner Funktion für das Wohl der Atemschutz­träger Verantwort­ung trage. Stellvertr­eter Christian Pfefferer erklärt dazu, dass die Übungsstre­cke „hilft, dass die Mannschaft fit bleibt“.

Atemschutz­träger seien „unverzicht­bar“, betont stellvertr­etender Kommandant Helmut Kopp. Dies habe sich erst jüngst wieder bei einem Kaminbrand in der Altstadt in Wemding gezeigt. Die Stadt unterstütz­t die Initiative ebenfalls. Sie übernimmt die Materialko­sten in Höhe von rund 1500 Euro. Brunner-Hauck hält das Gebäude auch geeignet für Übungen im Bereich Höhen- und Absturzsic­herung.

Der Donauwörth­er Stadtbrand­inspektor Alexander Zobel begrüßt das Engagement der Wehren, auch ohne die Pflicht-Übungsstre­cke mit Atemschutz zu trainieren. Er betont: „Wenn die Feuerwehre­n da was machen, ist das gut und sinnvoll.“Die Strecke in Donauwörth werde angesichts der Pandemie wohl noch eine Weile geschlosse­n bleiben.

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Fotos: Wolfgang Widemann Mitten im sogenannte­n Kriechgang: Thomas Hönle hat in Wemding für die Feuerwehr eine Atemschutz‰Übungsstre­cke gebaut.
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Eine Station in dem Gebäude: Diese „schlafende“Puppe soll in völliger Dunkelheit ge‰ rettet werden.
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Dieses alte Fressgitte­r im Rinderstal­l ist eines der Hinderniss­e, das die Atemschutz‰ träger zu überwinden haben.

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