Endlich wieder färben, lackieren und garteln
Seit Montag sind Friseurbesuche wieder erlaubt. Gartencenter, Blumenläden und Baumärkte haben geöffnet. In aller Frühe starten die Kunden zum Einkaufen. Uns erzählen sie, worauf sie sich am meisten freuen
Landkreis Eilig schiebt eine ältere Frau einen Einkaufswagen über den Baywa-Parkplatz in Dillingen. Es ist fast halb neun. „Die ersten waren schon vor einer Stunde da“, sagt die Frau aus Altenberg und nimmt Tempo auf. „Ich hab Orchideen gekauft, die sollen mir nicht erfrieren“, ruft sie noch, dann ist sie schon verschwunden. Der Parkplatz ist voller Autos, die Dächer leuchten in der Morgensonne. „Wochenlang habe ich auf diesen Tag gewartet“, sagt Walter Grimm und strahlt über das ganze Gesicht. Der Lauinger will Holz und Schrauben für eine Konstruktion im Garten kaufen. „Ich bin in Rente, ich muss was tun.“Petra Jung aus Reistingen will einen neuen Spiegelschrank und Blümchen fürs Grab, Horst Wenger aus Gundelfingen lädt kiloweise Estrichbeton in seinen Kofferraum, dazu Silikon und Sägeblätter. „Endlich kann ich wieder zur Baywa“, sagt er und lacht so laut, dass man es durch die Maske hört. Das Wetter passt, jetzt wird im Garten betoniert. Er habe jetzt alles gekauft, was er dafür braucht: „Das war’s – vorerst“, sagt er.
Auch bei Blumen Söhner in Dillingen ist alles für den Start vorbereitet. Saxifraga, Narzissen und Bellis leuchten in allen Farben. Vor 8 Uhr steht schon eine Finningerin vor der Tür, die Salatpflanzen kaufen möchte. „Die Leute wollen garteln, wollen raus“, sagt Gabriele Söhner. Sie ist überglücklich, dass das Geschäft wieder öffnen kann. „Es ist ein Segen.“Ihr Sohn erzählt, dass vor allem in den vergangenen beiden Wochen viel Ware per Click und Collect bestellt worden ist. Er sei dankbar für das Angebot der Stadt Dillingen, die vorerst noch bis Ende dieser Woche bestellte Waren über Dienstleister zu den Kunden bringt. „Das hat uns den Rücken freigehalten.“Anfragen erhält das Geschäft auch per E-Mail von Übersee. „Eine Frau ist kürzlich gestorben, deren Tochter in Kanada lebt. Sie hat uns mit der Grabbepflanzung beauftragt. Wir haben auch Kunden in den USA und einen in Australien. Die möchten immer ein Bild von unserer Arbeit haben. Das ist kein Problem.“
Auch Petra Wörner sucht etwas fürs Grab. Zum Todestag ihrer Mutter sollen es gelbe Rosen sein. Die Osterglocken hat die Dillingerin schon zuvor bestellt. Für sie hätten die Läden auch bis Ostern zubleiben können. Baumärkte und größere Menschenansammlungen möchte sie weiterhin meiden. „Primeln, Salatpflanzen und ein Geschenk“stehen auf der Einkaufsliste einer Kicklingerin, die in das Blumengeschäft eilt. „Nein, nein, zum Baumarkt fahr’ ich nicht mehr, ich will einfach nur Blumen“, ruft sie noch.
Sich einfach mal wieder etwas Gutes tun – ein Grund, warum Susanne Engel die erste Kundin von Friseurmeisterin Kristin Wager am Montagmorgen ist. „Und weil der Ansatz auf jeden Fall gefärbt werden muss“, sagt die blonde Frau und lacht – was trotz FFP2-Maske zu hören und sehen ist. Gleich am ersten Tag der Wiedereröffnung haben Chefin Kristin Wager und ihr Team des Lauinger Salons „Kristin Senft“alle Hände voll zu tun. „Wir haben uns sehr, sehr gefreut, dass es wieder losgeht. Endlich“, sagt sie.
Zum Start gibt es deshalb nicht nur für ihre Kundin, sondern auch für die Mitarbeiterinnen Blumen und kleine Motivationsgeschenke. Die Lauinger Friseurin erzählt, dass an dem Tag, an dem offiziell bekannt wurde, dass die Salons ab 1. März wieder öffnen dürfen, ihr Handy pausenlos geklingelt habe. 50 Telefonate habe sie locker geführt und Termine vereinbart – für Stammkunden und neue Gesichter. Die nächsten Tage sind deshalb schon ziemlich ausgebucht, wenngleich Kristin Wager auch genug Puffer eingeplant habe. Sei es für langjährige Kunden oder um selbst nach stundenlangem Haareschneiden mit Maske frische Luft zu schnappen.
„Wir haben viel aus dem ersten Lockdown gelernt und auch wirtschaftlich so gearbeitet, dass wir Rücklagen hatten. Deshalb sind wir mit der Situation entspannt umgegangen, auch wenn wir wissen, dass dieses Jahr betriebswirtschaftlich gesehen kein gutes Jahr wird. Aber wir sind fest entschlossen“, sagt die Chefin. Vier Kunden kann sie mit ihrem Team in ihrem Lauinger Salon aufgrund der Vorgaben aktuell gleichzeitig bedienen. Jeder, der kommt, muss sich in eine Liste eintragen, Hände desinfizieren, einen
Einmalumhang tragen und darf die Maske nur kurz zum Trinken abnehmen. Und dann dürfen sich die Frauen und Männer zurücklehnen und entspannen. „Endlich“, sagt Susanne Engel, die sich seit vielen Jahren die Haare nur von Kristin Wager schneiden und färben lässt. „Ich gehe alle vier bis fünf Wochen zum Friseur und habe mich deshalb sehr gefreut, dass der Salon wieder aufhat. Vor allem in dieser Zeit geht es doch auch darum, dass man sich wohlfühlt.“Daheim färben oder schneiden kommt für sie deshalb nicht infrage. „Ich vertraue nur meinem Friseur.“
Zwar konnten Geschäftsführerin Stefanie Reiter von der gleichnamigen Baumschule in Wertingen und ihre Kollegen mittels Click & Collect ein wenig Kontakt zu den Kunden halten, die Lieferungen sollen auch künftig beibehalten werden. Aber die Freude der Wiedereröffnung am Montag ist riesig – auch bei den Kunden. Schon am Vormittag herrscht reger Betrieb in ihrem Laden. Eine Kundin ist Birgit Böller.
„Jetzt im Frühling will man schon raus und Blüten sehen“, sagt die Wertingerin. Gerade die Gärtnereien und Baumschulen hätten spezielle Sachen für den Frühling da, findet sie. Deshalb ist sie im Laden, um Deko und Pflanzen passend zur Jahreszeit zu besorgen. Und für den Geburtstag einer Freundin will sie etwas einkaufen.
Auch Magdalena Keiß atmet auf. Sie führt seit 2020 das Blumengeschäft blütenWERK in der Wertinger Stadtmitte. Sie freut sich vor allem, dass die Beratung der Kunden nun wieder einfacher ist als nur am Telefon. „Es ist einfach etwas anderes, wenn man die Blumen sehen und anfassen kann“, sagt sie. Manche Pflanzen seien im Lockdown beinahe vergessen worden, die Tulpen beispielsweise. Deshalb hat Keiß immer wieder kostenlos welche zu den Bestellungen dazugegeben – bevor sie im Laden verwelken. Seit Montag zeigen sich Tulpen und Co. aber wieder in all ihren Farben den Kunden. Vor Ort im Laden. Zum Anschauen und Anfassen.