So verändert Corona die Hochzeitsbranche
Ihre Hochzeit haben viele Paare im Landkreis Dillingen im vergangenen Jahr abgesagt. Fotografen, Gastronomen, Brautmodenhändler und Juweliere berichten davon, wie die Pandemie ihre Arbeit verändert hat
Auch im Kreis Dillingen hatten viele Hochzeitsfeiern verschoben werden müssen. Kreative Ideen sind so gefragt wie nie zuvor.
Landkreis Als sie im November das Juweliergeschäft in der Wertinger Hauptstraße schließen musste, machte sich Anina Hirn große Sorgen. Zunächst hoffte sie, dass bald Lockerungen kommen würden, doch die ließen lange auf sich warten. Der Dezember, so die Juwelierin, ist nicht nur aufgrund des Weihnachtsgeschäfts ein starker Monat – auch für Verlobungen ist er beliebt. Wenig optimistisch war sie auch, als das neue Jahr beginnt: „Januar und Februar sind traditionell unsere beratungsstärksten Monate.“Das Geschäft musste coronabedingt zubleiben. Auch Einzelberatungen waren nicht möglich. Es scheint aussichtslos. Doch Hirn gibt nicht auf. „Wir haben lange überlegt und uns dann wirklich ganz spontan einen Caravan gekauft“, erinnert sie sich. Eine Entscheidung, die viel Mut abverlangte, den das finanzielle Risiko ist groß. Doch die Idee, die dahintersteckt, ist einmalig: Mithilfe des mobilen Anhängers will die Juwelierin mitsamt der Trauringe zu den Kunden in den Garten.
„Wir haben versucht ein richtiges Erlebnis daraus zu machen“, erklärt Hirn. Die Genehmigungen für das Projekt waren schnell in der Tasche. „Einige haben gesagt, dass wir spinnen, diesen Schritt zu gehen“, sagt sie und lacht. Doch der Service kommt bei den Brautpaaren gut an. Logistisch war das gar nicht so einfach, verrät Hirn. Denn die Ware muss bei jeder Fahrt zunächst vom Geschäft in das Mobil geladen und anschließend auch wieder aufgeräumt werden. Trotz Mehraufwand fällt ihr Fazit positiv aus: „Es hat sich gelohnt.“Den Caravan wolle das Geschäft auf jeden Fall behalten – auch wenn inzwischen wieder das Einkaufen vor Ort möglich ist.
Dass die Nachfrage nach Trauund Verlobungsringen seit dem Lockdown zurückgegangen ist, hat auch Theo Steur in seinem Geschäft in Dillingen bemerkt. „Wir haben Click und Collect angeboten und unsere Ladentüre war immer auf“, erklärt er. Dabei sei aber die Beratung teilweise auf der Strecke geblieben. Wenn die Geschäfte nun wieder öffnen dürfen, hofft der Juwelier, dass sich die Lage langsam und stetig erholt. Geheiratet wird schließlich trotz Pandemie.
Auf große Hochzeitsfeiern und Flitterwochen in exotischen Ländern musste zwar verzichtet werden, standesamtliche Trauungen gab es aber auch 2020 im Landkreis. „Gerade für viele, die im kleinen Rahmen feiern wollten, war der Anlass gut“, sagt Caroline Klein vom Wertinger Standesamt. Die Wittislinger Standesbeamtin Anja Kraut
allerdings, dass sich das 2021 ändern wird: „Im vergangenen Jahr hat man Corona bei den Ehezahlen noch nicht so gemerkt, aber heuer ist das spürbar.“Die Anfragen gingen auch hier Richtung Sommer, wie auch die Terminverschiebungen. „Schnapszahlen“, oder andere besondere Daten, seien in der Gemeinde aber allgemein noch nie ein Thema gewesen. Auch der 12.2.21 wäre ein guter Zeitpunkt zum Heiraten gewesen. Rainer Schechinger vom Standesamt Buttenwiesen sagt: „Da waren coronabedingt aber nur das Brautpaar und vielleicht noch zwei Trauzeugen erlaubt.“Das Interesse an Eheterminen steige allerdings im Moment wieder: „Die Leute haben anscheinend die Hoffnung, dass im Sommer wieder im größeren Rahmen gefeiert werden kann“, sagt er.
Aus dieser Situation heraus waren schon im vergangenen Jahr viele neue Ideen entstanden. Das hat auch der Fotograf Markus Schnitzler aus Lauingen beobachtet. „Der Hochzeitsmarkt hat sich sehr verändert –
muss aber nicht unbedingt negativ sein“, sagt er. Wenn Feiern nicht immer nach dem gleichen Prinzip abliefen, sei das auch eine Chance für die Hochzeitsfotos. Viele Brautpaare, hat er bemerkt, brauchen nicht das ganz große Tamtam, sondern konzentrieren sich wieder auf das Wesentliche.
Viele Absagen musste auch Anna Mardo verkraften. Normalerweise begleitet die Gundelfinger Fotografin pro Saison rund 30 Ganztageshochzeiten; 2021 waren es lediglich sieben. „Man glaubt nicht, wie viele Feiern dann doch stattgefunden haben“, erzählt sie. Vor allem kleine Gartenhochzeiten seien beliebt gewesen. Doch auch verhältnismäßig große Feiern gab es. Bis auf den Gang zur Toilette mit Maske sei im vergangenen Sommer vieles wieder ganz ohne Einschränkungen möglich gewesen. Die Fotografin hofft, dass das auch heuer wieder möglich sein wird. Gerade die Samstage in den Sommermonaten, waren schnell mit Terminen belegt „Einige Kunvermutet den haben sogar auf 2022 verschoben, um den Wunschtermin zu bekommen“, sagt Mardo. Während die einen Brautpaare ihre Termine im Frühling schon wieder verschoben haben, erhält die Fotografin auch viele Anfragen. „Noch so ein Jahr wie 2020 überlebt die Branche nicht“, stellt sie nüchtern fest.
Durchwachsen war das Jahr auch für Brautmoden. Wie es 2021 laufen wird, weiß Jutta Bunk, die in Dillingen ein Geschäft betreibt, noch nicht. Click und Collect eigne sich für Brautmode nur eingeschränkt. Das Erlebnis mit all den Kleidern im Geschäft, könnte dadurch nicht ersetzt werden. Doch auch die Hygieneauflagen erschweren ihre Arbeit. Unter den Masken verschwindet nicht nur die Mimik – auch Emotionen werden abgeschwächt. „Wir versuchen trotzdem das Beste aus der Situation zu machen“, sagt Bunk.
Wenige Wochen vor dem Lockdown hat auch Susanne Mettel im Gundelfinger Rosenschloss den Traum von einem eigenen Brautdas modengeschäft verwirklicht. Vier Wochen konnte sie ihre Kunden betreuen, dann musste sie schließen. Lange Zeit hieß es warten auf Lockerungen. „Es ging von einer Verlängerung in die nächste“, sagt Mettel. Ohne Beratung funktioniere der Brautkleidkauf nicht. Seit sie wieder öffnen darf, versucht sie für alle Bräute da zu sein: „Ich bin flexibel und ermögliche gerne am späten Abend noch einen Einzeltermin.“
Dass viele Brautpaare den Termin für ihren großen Tag verschieben, bemerken auch die Gastronomen im Kreis. Weil die Leute gerne im Sommer heiraten möchte, war es auch für Bernd Klinger von der Goldbergalm in Lutzingen schwer, Ausweichtermine zu finden. „Viel Paare haben sogar um zwei Jahre verschoben“, sagt er. Die ersten Feiern hätte er heuer im April gehabt. Ob daraus etwas wird, kann er aktuell nicht sagen: „Keiner weiß, wie es weitergeht.“Die Perspektivlosigkeit mache der Branche zu schaffen. Große Hochzeitsfeiern hatte es in seinem Lokal schon im vergangenen Jahr nicht mehr gegeben. Stattdessen wurde im kleinen Kreis gefeiert.
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