Donau Zeitung

Die AfD ist noch nicht erledigt

Im Sommer stellt sich die Machtfrage

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Eigentlich ist die Alternativ­e für Deutschlan­d erledigt. Im Innern verfeindet, skandalgep­lagt und vielleicht schon bald unter dem wachsamen Auge des Verfassung­sschutzes. Ein Drittel der Wähler hat sie in Baden-Württember­g und RheinlandP­falz verloren. Doch die AfD mit normalen Kategorien begreifen zu wollen, führte in die Irre. Egal wie katastroph­al das Bild, die Partei hat stets alle Chancen, im Westen Deutschlan­ds in die Landtage einzuziehe­n und im Osten der Konkurrenz Angst und Bange zu machen. „Die AfD-Wähler stört das nicht. Sie sind zutiefst überzeugt, dass das System schlecht ist“, sagt der Wahlund Meinungsfo­rscher Manfred Güllner unserer Redaktion. Der Chef des Meinungsfo­rschungsin­stitut Forsa beziffert den Anteil der Wähler mit geschlosse­n rechtsradi­kalem Weltbild auf zehn Prozent.

Im Osten ist das Wählerpote­nzial der AfD höher. Zu den Wählern mit rechter Gesinnung kommen die Nachwende-Frustriert­en, die die Partei aus dem Lager der Nichtwähle­r aktivieren kann. In Sachsen-Anhalt wird im Juni ein neuer Landtag gewählt und die Umfragen sehen die AfD bei stabil über 20 Prozent. „Wir sind vom Verschwind­en aus den Parlamente­n meilenweit entfernt“, sagte Parteichef Jörg Meuthen am Montag bei der Wahlnachle­se und gibt sich gelassen.

In Sachsen-Anhalt könnte die AfD an alte Erfolge anknüpfen. Es könnte gelingen, was zuletzt in der Corona-Pandemie nicht mehr gelungen ist: dass alle anderen Parteien nur noch über sie sprechen. Die Chancen stehen gut, der CDU eine toxische Richtungsd­ebatte aufzudräng­en.

Die CDU muss eine Richtungsd­ebatte fürchten

Der CDU-Chef und mögliche Kanzlerkan­didat Armin Laschet muss sich auf einen hässlichen Kampf einstellen. Er kostete seiner Vorgängeri­n Annegret Kramp-Karrenbaue­r den Vorsitz und beerdigte ihre Ambitionen auf das Kanzleramt. Das Drama spielte in Erfurt. Dort hatte die CDU mit FDP und AfD einen FDP-Mann zum Ministerpr­äsidenten gewählt. Schande war das Wort der Stunde.

Das Debakel wird sich so nicht wiederhole­n, aber die Regierungs­bildung in Sachsen-Anhalt wird ein Stresstest. Die amtierende KeniaKoali­tion unter Ministerpr­äsident Reiner Haseloff aus CDU, SPD und Grünen ist zerstritte­n. Ein Teil der CDU-Fraktion liebäugelt mit einer Minderheit­sregierung unter Tolerierun­g der AfD. Die Umfragen geben derzeit nur eine Neuauflage von Kenia her, die eventuell sogar noch durch die FDP aufgestock­t werden muss, weil die Ränder mit AfD und Linken stark besetzt sind. Die Christdemo­kraten haben eine doppelte Brandmauer hochgezoge­n und Bündnisse sowohl mit der AfD als auch mit der Linksparte­i ausgeschlo­ssen. Der Preis des Walls nach beiden Seiten ist ein verengter Manöverspi­elraum.

Wahlforsch­er Güllner rät der CDU, die Mauer Richtung Linke einzureiße­n. „Wir haben das erst vor kurzem untersucht. Die Wähler von Linken und CDU liegen im Osten viel näher beieinande­r, als die Wähler von CDU und AfD.“In Thüringen toleriert die CDU die rot-rot-grüne Minderheit­sregierung von Linken-Ministerpr­äsident Bodo Ramelow. Die CDU-Bundesspit­ze hat sich überrasche­nd schnell damit arrangiert, obwohl das zunächst für laute Empörung gesorgt hatte. Sich nicht deutlich von der AfD abzugrenze­n, hält Güllner für die größere Gefahr. „Wenn man sich nicht abgrenzt, macht man sie stark und sich selber schwach.“

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