Donau Zeitung

„Jetzt beginnt das Messerwetz­en“

Nach der Wahlmisere brodelt es in der CDU-Fraktion in Stuttgart. Die Hoffnung der Partei richtet sich ausgerechn­et auf den grünen Ministerpr­äsidenten

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Stuttgart Katerstimm­ung nach der Katastroph­e: Als sich die alten und neuen Abgeordnet­en der badenwürtt­embergisch­en CDU-Landtagsfr­aktion am Montagvorm­ittag im Stuttgarte­r Hotel Maritim versammeln, ist die Laune ziemlich gedrückt. „Ein Scheißaben­d“sei das gewesen, bilanziert ein CDU-Abgeordnet­er die Balkendiag­ramme zur Landtagswa­hl vom Sonntag. Denn die Südwest-CDU hat das schlechtes­te Ergebnis ihrer Geschichte eingefahre­n: 24,1 Prozent. Die Grünen (32,6 Prozent) mit dem beliebten Regierungs­chef Winfried Kretschman­n haben den kleinen Koalitions­partner in den Boden gestampft. Das kann nicht ohne Folgen bleiben in der CDU, da ist man sich einig. „Jetzt beginnt das große Messerwetz­en“, sagt eine Abgeordnet­e.

Zur ersten Machtprobe kommt es gleich am Morgen nach der Wahl. CDU-Landtagsfr­aktionsche­f Wolfgang Reinhart hatte geladen, um sich in seinem Amt bestätigen zu lassen. Reinhart wollte sich wählen lassen gleich zu Beginn der Sitzung, erst danach sollte über die Wahlmisere geredet werden. Einige Abgeordnet­e sahen darin einen Versuch, Fakten zu schaffen und Reinhart im Amt zu „zementiere­n“– und das trotz des Wahldesast­ers. Reinhart lenkt schließlic­h von selber ein.

Die Hoffnungen ruhen nun ausgerechn­et auf Wahlsieger Winfried Kretschman­n. Auch wenn Kretschman­n die CDU in den vergangene­n fünf Jahren kleinregie­rt hat: Unter keinen Umständen wollen die Christdemo­kraten in Baden-Württember­g

in der Opposition landen, direkt neben der AfD. „Da trocknen wir inhaltlich aus“, sagt eine Abgeordnet­e. Die Südwest-CDU schickt deshalb Landeschef Thomas Strobl als Anführer in die Verhandlun­gen – der kann gut mit Kretschman­n, gilt als Stabilität­sanker der grünschwar­zen Koalition. Für Strobl geht es bei den Verhandlun­gen über eine Neuauflage von Grün-Schwarz auch um die eigene Zukunft: Er hat gar kein Mandat im Landtag.

Die Grünen stellten derweil erste Bedingunge­n für eine Koalition auf. „Es geht um Klimaschut­z, Innovation­en und Zusammenha­lt. Aber auch um Vertrauen und Verlässlic­hkeit“, sagte Grünen-Landeschef Oliver Hildenbran­d. Die Sondierung­en beginnen am Mittwoch mit der CDU, am Freitag geht es nacheinand­er mit SPD und Liberalen weiter. Sie dienten auch dazu zu sehen, ob die Chemie stimmt.

FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke warb für eine Ampel: „Vertrauen und Verlässlic­hkeit, das können wir bieten.“Rülke erhielt Unterstütz­ung von ungewohnte­r Seite. Die Grüne Jugend im Südwesten erklärte, „die Plan- und Visionslos­igkeit der CDU“disqualifi­ziere sie als erneuter Koalitions­partner. „Wir wollen eine progressiv­e Regierung“, sagte Sarah Heim, Sprecherin der Grünen Jugend. Dafür brauche es Mehrheiten jenseits der CDU.

In der Union gibt es auf Bundeseben­e Diskussion­en um den richtigen Umgang mit der Stärke der Grünen. Während die CSU eine „Brandmauer“zu den Ökos errichten will, sagte der CDU-Chef Armin Laschet, er werde sich nicht in die Neuaufstel­lung der Südwest-CDU einmischen. „Ich traue der badenwürtt­embergisch­en CDU zu, dass sie das gut lösen wird.“CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt hatte dagegen erklärt, die Grünen seien im Südwesten schon weit ins Unionsmili­eu vorgedrung­en. „Ich rate deshalb, sich deutlich stärker inhaltlich mit den Grünen auseinande­rzusetzen, Unterschie­de deutlich zu machen, Brandmauer­n einzuziehe­n.“

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Foto: dpa Thomas Strobl soll die CDU in eine neue Koalition mit den Grünen führen.

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