Donau Zeitung

Dritte Welle rollt rasant auf Kliniken zu

Mediziner warnen vor einem drastische­n Anstieg der Intensivpa­tienten in kurzer Zeit: Ohne eine konsequent­e Anwendung von regionalen Notbremsen drohten bereits im Mai so viele Schwerstkr­anke wie auf dem Höhepunkt im Winter

- VON MICHAEL POHL

Berlin Trotz Lockdown-Lockerunge­n oder „Click & Meet“-Angeboten herrschte am Samstag in vielen deutschen Einkaufsze­ntren und Geschäften eine größere Leere, als viele Händler ohnehin befürchtet hatten. Nicht nur das durch viele Auflagen gehemmte Shoppingve­rgnügen scheint den Kundenandr­ang zu bremsen, sondern auch die vielen Warnungen vor der dritten Welle: Nicht nur die Zahl der Neuinfekti­onen dreht langsam aber unaufhörli­ch nach oben. Inzwischen steigt nach langem Rückgang auch wieder in mehreren Bundesländ­ern die Zahl der Intensivpa­tienten mit schwersten Corona-Erkrankung­en. Auch in Bayern hat seit zehn Tagen ein gefährlich­er Aufwärtstr­end begonnen.

Die Zahlen belegen eine Entwicklun­g, vor der die deutschen Intensivme­diziner bereits seit Wochen warnen. Die Deutsche Interdiszi­plinäre Vereinigun­g für Intensiv- und Notfallmed­izin (DIVI) hat nun ein Berechnung­smodell entwickelt, um das Rennen zwischen steigender Mutationsa­usbreitung und Massenimpf­ungen im Wettlauf gegen die Zeit so exakt wie möglich vorhersage­n zu können. Angesichts der raAusbreit­ung der britischen Virusmutan­te B.1.1.7 warnen sie nun vor einem dramatisch­en Wiederanst­ieg der Intensivpa­tientenzah­len binnen weniger Wochen. Schon bis Anfang Mai könnte die Zahl der Corona-Intensivpa­tienten laut einer neuen, unserer Redaktion vorliegend­en DIVI-Prognose fast den Höhepunkt der zweiten Welle zum Jahreswech­sel erreicht haben.

„Die Zahlen steigen“, warnt DIVI-Präsident Gernot Marx in der Zeitung. Insbesonde­re wenn die von Bund und Ländern vereinbart­e regionale Notbremse bei einer SiebenTage-Inzidenz von 100 nicht angewendet werde, drohen die Zahlen der Intensivpa­tienten steil anzusteige­n. Würde die Notbremse – wie in Brandenbur­g geplant – erst ab einem Wert von 200 angewendet, sagen die Mediziner einen Anstieg der Intensivpa­tienten bis Anfang Mai auf 4800 bis 5000 schwerst an Corona erkrankten Menschen voraus. „Die DIVI fordert mit Blick auf die steigenden Zahlen die Umsetzung der am 7. März beschlosse­nen Maßnahmen der Ministerpr­äsidentenk­onferenz“, betont Marx. Bei einem Lockdown bei einem Inzidenzwe­rt von 100 könnte der Anstieg der Intensivpa­tienten laut dem Prognose

auf rund 3000 begrenzt werden, da sich die steigende Zahl der Impfungen entlastend für die Kliniken auswirken könnten.

„Bis nach den Osterferie­n müssten wir durch die aktuelle Impfstrate­gie bedingt noch die Füße stillhalte­n“, fordert DIVI-Präsident Marx. „Dann können wir alle entspannte­r auf den Sommer und Herbst blicken und die Welle ausrollen lassen“, lautet seine positive Prognose, wenn Politik und Bürger jetzt noch wenige Wochen Geduld trotz Pandemiemü­digkeit beweisen.

Allerdings muss laut dem Mediziner für eine beherrschb­are dritte Welle unbedingt die regionale Notbremse konsequent angewendet werden. Dies geschehe aber oft nicht, kritisiert der wissenscha­ftliche Leiter des DIVI-Intensivre­gisters, Christian Karagianni­dis: „Köln ist zum Beispiel am Wochenbegi­nn bei 101. Die Ministerpr­äsidentenk­onferenz hat gesagt, bei 100 ist Stopp. Aber es bleibt offen.“Es gebe aber auch positive Beispiele: „Regensburg hingegen ist konseschen quent und hat wieder kompletten Lockdown“, sagt Karagianni­dis.

Auch zwei Landkreise in Brandenbur­g kündigten an, trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 keine schärferen Corona-Regeln einzuführe­n. Die Stadt Pirmasens zog die Notbremse nur mit halber Kraft ohne Geschäftss­chließunge­n und Ausgangssp­erre, obwohl die Inzidenz dort seit mehr als drei Tagen über 100 liegt und mit 154 den Höchstwert in Rheinland-Pfalz hält. Der Pirmasense­r CDU-Oberbürger­meister Markus Zwick hält einen Lockdown für unverhältn­ismäßig und rechtswidr­ig, weil die Infektione­n auf Kindergärt­en zurückzufü­hren seien.

Auch in Bayern färbt sich die Corona-Landkarte zunehmend rot – am Montag lagen 37 von insgesamt 96 Städten und Kreisen über der kritischen Grenze von 100. Bislang wird im Freistaat die Notbremse allerdings gemäß den Vorgaben der Ministerpr­äsidentenk­onferenz anscheinen­d überall umgesetzt.

Alles andere scheint nach wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen ein gefährlich­es Spiel: Laut zwei neuen Studien aus Großbritan­nien ist die britische Variante B.1.1.7 nicht nur erheblich ansteckend­er, im Vermodell gleich zu dem ursprüngli­chen Virus ist auch das Sterberisi­ko bei Infektione­n um 55 bis 64 Prozent höher. Inzwischen ist mehr als die Hälfte aller Neuinfekti­onen in Deutschlan­d auf die britische Corona-Mutation zurückzufü­hren.

Die DIVI-Experten rechnen deshalb mit einem weiteren Anstieg der Infektions­zahlen. „Es muss darauf hingewiese­n werden, dass in den schlimmen Szenarien eine dritte Welle mit sehr hohen Infektions­raten sehr deutlich über 30000 pro Tag zu erwarten ist“, warnen sie in ihrer Prognose. Wenn die Risikogrup­pen rechtzeiti­g geimpft werden, würde sich hauptsächl­ich die Bevölkerun­g unter 60 Jahren infizieren, bei jüngeren Menschen unter 35 sei das Risiko schwerer Krankheits­verläufe sehr klein. Allerdings seien generell Spätfolgen der CoronaKran­kheit nicht ausgeschlo­ssen.

Die Mediziner gehen davon aus, dass die Inzidenz von 100 bereits Ende März, Anfang April erreicht wird. Spätestens dann müsse es zum Lockdown kommen. Andernfall­s könnten die Belastunge­n der Intensivst­ationen die maximalen Belegungsz­ahlen der zweiten Welle von Ende Dezember, Anfang Januar noch übersteige­n.

Britische Variante laut neuen Studien tödlicher

und einem Fünfjahres­wachstum um 15 Prozent sind sie heute für 37 Prozent der Exporte verantwort­lich (im Fünfjahres­zeitraum davor 32 Prozent). Fast die Hälfte der Rüstungsgü­ter lieferte Washington in den Nahen Osten. Größter Abnehmer bleibt Saudi-Arabien. Die Region mit den meisten Importen ist jedoch Asien und Ozeanien. Dort sei für viele Staaten „eine wachsende Wahrnehmun­g von China als Bedrohung der Haupttreib­er für Rüstungsim­porte“, so Wezeman.

Die Bundesrepu­blik ist für 5,5 Prozent der global verkauften Rüstungsgü­ter verantwort­lich. Die größten Abnehmer unter 55 Staaten waren Südkorea, Algerien und Ägypten. Sipri-Experte Wezeman wies darauf hin, dass Deutschlan­d Restriktio­nen für Waffenlief­erungen nach Saudi-Arabien erlassen habe. In den Sektoren Marine-Ausrüstung und Panzerfahr­zeuge bleibe Deutschlan­d „einer der wichtigste­n Lieferante­n der Welt“. Greenpeace kritisiert­e, dass Deutschlan­d Waffen auch an Diktaturen, in Kriegs- und Krisengebi­ete sowie an Entwicklun­gsländer verkaufe.

Grüne und Linke forderten umgehend die Bundesregi­erung erneut zum Überdenken ihrer Waffenlief­erungen auf. „Die Sipri-Zahlen belegen, dass Deutschlan­d erneut die Waffenausf­uhren in die Höhe getrieben hat – und zwar gegen den weltweit gegenläufi­gen Trend“, sagte die Abrüstungs­sprecherin der Grünen, Katja Keul. Der Mythos einer restriktiv­en Rüstungsex­portpoliti­k könne so längst nicht mehr aufrechter­halten werden. „Union und SPD sind beste Garanten für Megagewinn­e der deutschen Rüstungsin­dustrie“, kritisiert­e Sevim Dagdelen von den Linken.

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Foto: Carl Gierstorfe­r, dpa Ärzte und Pfleger arbeiten auf der Corona‰Intensivst­ation der Charité am Bett einer jungen Patientin.
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Foto: dpa Bei Panzern und Fregatten gehört Deutschlan­d zu den wichtigste­n Waffen‰ exporteure­n der Welt.

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