Donau Zeitung

Was die Warnstreik­s bisher bewegt haben

Nach den ergebnislo­sen Gesprächen zwischen IG Metall und Arbeitgebe­rn am Montag will die Gewerkscha­ft weiter den Druck erhöhen. Gibt es bis Ostern keine Einigung, könnte es ungemütlic­h werden

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Bei Renk in Augsburg bildeten Beschäftig­te eine Menschenke­tte, bei SGL Carbon in Meitingen zog ein Demonstrat­ionszug durch das Werk, auch bei MAN Energy Solutions, Kuka oder Airbus Helicopter­s in Donauwörth fanden in den vergangene­n Tagen Warnstreik­s statt. Im Bereich der IG Metall Augsburg waren bisher rund 10 000 Beschäftig­te aus 28 Betrieben aufgerufen, in Bayern beteiligte­n sich in den vergangene­n zwei Wochen über 81400 Mitarbeite­r. Die IG Metall will mit den Aktionen Bewegung in schwierige Tarifverha­ndlungen bringen. Die Gewerkscha­ft ist entschloss­en, den Druck falls nötig zu erhöhen.

Die IG Metall ist mit der Forderung nach vier Prozent mehr Gehalt in die Tarifverha­ndlungen gegangen. Die Gewerkscha­ft weiß aber auch, dass es in der Corona-Krise nicht allen Betrieben gut geht. Der Vorschlag sieht deshalb vor, dass das Volumen in Betrieben in schwierige­rer Lage auch für die Sicherung der Beschäftig­ung und für Investitio­nen eingesetzt werden kann. Sie spricht deshalb von „Zukunftsta­rifverträg­en“, die es ermögliche­n, „passgenaue betrieblic­he Lösunzu finden – je nachdem, wie es einer Firma geht. Zudem will die IG Metall etwas für die Ausbildung erreichen, vor allem für dual Studierend­e, die parallel bereits im Betrieb arbeiten.

Doch die Tarifverha­ndlungen sind nicht leicht. Gewerkscha­ft und Arbeitgebe­r verhandeln in der Metallbran­che in mehreren Bezirken. Gelingt ein Pilotabsch­luss in einem Bezirk, ist dieser oft Vorbild für andere Bezirke. Dieses Jahr gelten die Tarifgespr­äche in Nordrhein-Westfalen als relativ weit gediehen, es ist bereits spekuliert worden, ob dort ein Pilotabsch­luss zustande kommt. Doch am Montag sind die Tarifgespr­äche in der fünften Verhandlun­gsrunde ergebnislo­s vertagt worden. Die IG Metall müsse akzeptiere­n, dass es in der Corona-Krise eine deutlich höhere Zahl von Betrieben gebe, die um ihre Existenz kämpften oder notwendige Zukunftsin­vestitione­n nicht mehr stemmen könnten, sagte Arndt G. Kirchhoff, Präsident des Verbandes der Metallund Elektroind­ustrie NRW. „Wir verhandeln einen Flächentar­ifvertrag, deshalb muss der Tarifabsch­luss eine für alle Betriebe vergen“ kraftbare Antwort geben“, fügte er an.

Die Arbeitgebe­r bieten bisher eine Einmalzahl­ung für das erste Halbjahr 2022 an sowie eine Erhöhung der Entgelte im zweiten Halbjahr 2022. Dies gilt auch für Bayern: „Die Arbeitgebe­r in Bayern haben bereits Mitte Februar der IG Metall einen Lösungsvor­schlag unterbreit­et, der neben einer Einmalzahl­ung auch eine Entgelterh­öhung für das Jahr 2022 enthält“, berichtet Bertram Brossardt vom Verband der Bayerische­n Metall- und Elektroind­ustrie (vbm). Im Gegenzug fordern die Arbeitgebe­r Zugeständn­isse. Insbesonde­re geht es offenbar darum, dass die Höhe von Weihnachts­und Urlaubsgel­d flexibilis­iert und auf Betriebseb­ene ausgehande­lt werden soll.

Die IG Metall weist diesen Vorstoß scharf zurück: „Eingriffe in das tarifvertr­aglich gesicherte Weihnachts­und Urlaubsgel­d sind ein Tabu, von dem die Arbeitgebe­r die Finger lassen sollten“, sagt Johann Horn, Leiter der IG Metall Bayern. „Diese klaren Botschafte­n gehen von unseren Warnstreik­s aus.“

In Augsburg weiß Michael Leppek von der IG Metall, dass es in unserer Region Betriebe gibt, in denen das Geschäft trotz Corona-Krise hervorrage­nd läuft. „Hier ist eine Lohnerhöhu­ng angemessen, nachdem es für die Beschäftig­ten seit 2018 abgesehen von einer Einmalzahl­ung kein Plus gab“, betont er. Andere Betriebe befinden sich dagegen im Krisenmodu­s. Dort sei die Beschäftig­ungs- und Zukunftssi­cherung auf Betriebseb­ene wichtig. „Dafür brauchen wir aber belastbare Regelungen und Leitplanke­n durch einen Tarifvertr­ag“, sagt Leppek.

Während die bayerische­n Arbeitgebe­r Streiks in Zeiten von Kurzarbeit und Corona-Krise kritisiere­n, ist die IG Metall entschloss­en, für ihre Anliegen zu kämpfen. Bisher haben die Beschäftig­ten in den Warnstreik­s zum Beispiel eine Stunde früher ihre Schicht beendet. „Die Beteiligun­g an unseren Aktionen war besser als erhofft“, sagt Leppek. „Ich denke, dass das viele Arbeitgebe­r nicht erwartet haben“, fügt er an. „Legen die Arbeitgebe­r kein verhandelb­ares Angebot vor, werden wir nachlegen und den Druck erhöhen“, warnt er.

Die IG Metall hofft, bis Ostern zu einer Einigung zu kommen. Gibt es bis dahin keine „Überraschu­ng im Nest“, könnte die IG Metall im Arbeitskam­pf die nächste Stufe zünden. Dies wären dann 24-StundenWar­nstreiks.

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Foto: Silvio Wyszengrad In Bayern haben zuletzt viele Metall‰Beschäftig­te gestreikt – wie hier, bei MAN Ener‰ gy Solutions. Der Druck in den Tarifverha­ndlungen steigt.

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