Donau Zeitung

Gikiewicz will unbedingt zur EM

Der Torhüter spielt seit Wochen auf Top-Niveau, doch zur Nominierun­g für die polnische Nationalma­nnschaft reichte es noch nicht. Denn da gibt es ein Problem

- VON ROBERT GÖTZ

Augsburg Als Rafal Gikiewicz das erste Mal im Mai 2019 für die polnische Nationalma­nnschaft nominiert wurde, weinte er Freudenträ­nen. Verständli­ch. Nicht nur, dass er wenige Stunden vorher mit Union Berlin nach einem 2:2 (Hinspiel 0:0) auswärts gegen den VfB Stuttgart im zweiten Relegation­sspiel den Bundesliga­aufstieg feiern durfte. Nein, es flatterte auch die Nominierun­g von Nationaltr­ainer Jercy Brzeczek für die beiden EM-Qualifikat­ionsspiele gegen Mazedonien und Israel ins Haus. Gikiewicz sagte damals: „Was ich gefühlt habe? Es gab Tränen. Und ich schäme mich nicht dafür. Als ich meiner Frau von der Einladung erzählte, hat sie auch vor Glück geweint.“Zum Einsatz kam er allerdings nicht. Es spielte Lukas Fabianski (West Ham United).

Zwei Jahre sind seitdem vergangene­n. Polen ist für die EM qualifizie­rt, Brzeczek durch den Portugiese­n Paulo Sousa ersetzt. Aber Gikiewicz wartet immer noch auf seinen ersten Länderspie­leinsatz für sein Heimatland. Dabei trug er einen Löwenantei­l dazu bei, dass Union Berlin nach dem Aufstieg in der Bundesliga blieb.

Und auch nach seinem Wechsel zum FC Augsburg würden die Augsburger Fans ihn, wenn sie in die WWK-Arena dürften, wohl nach jedem Spiel mit lauten Sprechchör­en feiern. Mit seinen zahlreiche­n Paraden ist er der Hauptgaran­t dafür, dass der FCA nach dem 25. Spieltag nicht mitten im Abstiegska­mpf steckt, sondern mit 29 Punkten acht Zähler Vorsprung auf den Relegation­splatz (Hertha BSC/21 Punkte) hat. Einen beeindruck­enden Beweis seiner derzeitige­n TopForm lieferte er beim 3:1 (0:0)Heimsieg gegen Borussia Mönchengla­dbach ab. Mit über einem halben Dutzend Paraden brachte er die Borussen über 90 Minuten zur Verzweiflu­ng. Egal ob gegen Neuhaus, Thuram, Lazaro oder Plea – Gikiewicz parierte.

Im Jahr der EM gibt er alles, um auf sich aufmerksam zu machen. Der stolze Pole wünscht sich nichts sehnlicher als eine Nominierun­g für die kontinenta­len Spiele im Sommer. „Mein Traum ist immer gleich: mit Fans in der Bundesliga spielen und mit der Nationalma­nnschaft bei der EM. Ich mache meinen Job, es ist mein Beruf, Bälle zu halten“, sagte Gikiewicz am Freitag. Längst hat er sich auch in der Mannschaft­shierarchi­e nach oben gearbeitet. So soll er auch einer der Spieler gewesen sein, die in der Halbzeit des Gladbach-Spiels laut geworden sind. Nach der Partie gab er zu, dass es ein „paar harte Worte in der Kabine“unter den Spielern gab. Gikiewicz: „Die ersten paar Minuten ist der Trainer nicht in der Kabine, da reden wir einfach selbst, weil wir wissen, was wir falsch machen.“

Diese Kombinatio­n aus Führungsan­spruch und Leistung begeister auch Sport-Geschäftsf­ührer Stefan Reuter. Ihm ist mit der ablösefrei­en Verpflicht­ung ein Transferco­up gelungen. Reuter sagt: „Wir sind superglück­lich, wie er sich hier einbringt und wie sensatione­ll er uns heute im Spiel gehalten hat.“Das sei Grundvorau­ssetzung, um Ansprüche für eine Berufung stellen zu dürfen.

Aber Gikiewicz hat ein Problem. Die Konkurrenz ist groß. So nominierte Sousa für die kommenden Länderspie­le Ende März die internatio­nal erfahrenen Wojciech Szczesny (30/Juventus Turin) und Fabianski (35/West Ham) und als Nummer drei Lukasz Skorupski (29/FC Bologna). Alles ebenfalls Stammtorhü­ter. Und das nicht in irgendwelc­her Ligen, sondern in der Serie A und in der Premier League. Zudem ist man sich in Polen nicht sicher, ob sich der selbstbewu­sste Gikiewicz mit einer Rolle als Ersatzmann über Wochen zufriedeng­eben würde. Gikiewicz würde aber dies akzeptiere­n, um seinen Traum zu leben: „Ich würde auch die Nummer drei oder vier gerne nehmen.“

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Foto: Ulrich Wagner „Es ist mein Beruf, Bälle zu halten“, sagt FCA‰Torhüter Rafal Gikiewicz. Und dass er das kann, stellt er seit Wochen in der Bun‰ desliga unter Beweis.

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