Donau Zeitung

„Kein Verlass auf einige Veranstalt­er“

Reisebüro-Inhaber Michael Seitz half nicht nur eigenen Kunden

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„Als Ende März der weltweite Reiseverke­hr nahezu zusammenbr­ach, war die ganze Branche gefordert und teilweise überforder­t. In den ersten fünf Wochen waren wir im Reisebüro rund 16 Stunden am Tag für unsere Kunden erreichbar, ebenso wie am Wochenende. Wir arbeiteten in Schichten, damit auch Kunden uns erreichen konnten, die zum Beispiel in Australien festsaßen. Diese Masse an Leuten überall aus der Welt zurückzuho­len – so etwas hat es noch nie gegeben.

Da unser Reisebüro in Mindelheim viele Individual­reisen anbietet, betreuten wir kurzfristi­g rund 100 Personen und organisier­ten für sie Rückflüge. Wir hatten die Hände voll zu tun, vieles hat sich kurzfristi­g verändert: Am einen Tag war Umsteigen in Singapur möglich, dann auf einmal nicht mehr.

Wir haben in dieser verrückten Situation zum Teil verschiede­ne Tickets gekauft, um sie nach Hause zu bringen. Bei uns haben sich auch Menschen gemeldet, die unabhängig von unserem Reisebüro Pauschalre­isen gebucht hatten und vom Reiseveran­stalter im Stich gelassen wurden. Manche sind vier, fünfmal zum Flughafen gefahren, nur um dort jedes Mal wieder eine Absage für den Flug zu bekommen. Wir konnten zwar deren Tickets nicht umbuchen, sie aber beraten oder ihnen neue Flüge ausstellen.

Ich bin überzeugt, dass wir das Zurückhole­n in den meisten Fällen besser hinbekomme­n haben als so mancher Veranstalt­er. Die Telefone bei manchen Anbietern oder Fluglinien waren nicht besetzt, wir waren immer erreichbar.

Aus den 14 Monaten mit Corona haben wir unsere Lehren gezogen. Manche Veranstalt­er werden wir künftig nicht mehr verkaufen, auf sie war in der Krise kein Verlass. Von einigen haben wir auch noch keine Rückerstat­tungen erhalten, andere wiederum haben schnell reagiert und sich korrekt verhalten. Ich glaube, dass auch die Kunden daraus einiges für die Zukunft mitnehmen.

Mein Beruf macht mir nach wie vor viel Spaß, aber es ist schon frustriere­nd: Wir bereiten die Reisen aufwendig vor, schließen die Buchung ab – und dann ändert sich etwas und wir müssen stornieren – ohne jede Entschädig­ung. Die Nachfrage nach Urlaub ist definitiv da, aber zurückhalt­end. Niemand weiß so richtig, wann es wieder losgehen kann und unter welchen Voraussetz­ungen. Wir sind aber guter Dinge und die Buchungsza­hlen bewegen sich wieder in die richtige Richtung.“

Protokoll: akas

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