Donau Zeitung

Söder wird mehr tun müssen, als Parteifreu­nde vom Hof zu jagen

Die Masken-Affäre stürzt die CSU in ihre größte Krise seit Jahrzehnte­n. Das liegt auch daran, dass der Lobbykrati­e kein wirksamer Riegel vorgeschob­en wurde

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger‰allgemeine.de

Die CSU steckt in ihrer größten Krise seit Jahrzehnte­n. Sechs Monate vor der Bundestags­wahl muss Parteichef Markus Söder sich mit alten Gespenster­n herumschla­gen, die längst vertrieben schienen. Der schlimme Verdacht, dass einflussre­iche christsozi­ale Politiker sich durch lukrative Vermittlun­gstätigkei­ten im Geschäft mit Masken und Schutzausr­üstung persönlich bereichert haben könnten, wirft eine äußerst unangenehm­e Frage auf: Warum gibt es in der CSU immer noch Amigos? Die Antwort ist einfach, aber nicht weniger schmerzhaf­t: weil man sie gewähren ließ.

Dennoch sollte man mit der Partei nicht umgehen wie mit einem rückfällig gewordenen Straftäter. Es handelt sich nicht um Verfehlung­en, wie sie im Zuge der AmigoAffär­e 1993 oder der Verwandten­Affäre 2013 aufgedeckt wurden. Diese Formen des Missbrauch­s öffentlich­er Ämter wurden abgestellt und von der Partei geächtet. Der Vorwurf, den sich die CSU als Dauerregie­rungsparte­i machen lassen muss, ist, dass sie keine weitergehe­nde Vorsorge getroffen hat.

Obwohl im Landtag zuletzt 2013 Vorschläge für ein strengeres Abgeordnet­enrecht und schärfere Anti-Korruption­s-Regeln auf dem Tisch lagen, wurde wieder nur das geregelt, was unausweich­lich war. Der Graubereic­h zwischen Abgeordnet­enmandat und der Tätigkeit als Anwalt, Berater oder Lobbyist blieb unangetast­et. Dass – abgesehen von der Forderung nach einem Lobbyregis­ter – auch aus den Reihen der Opposition im Landtag keine neuen Initiative­n in diese Richtung gestartet wurden, gehört zur Wahrheit dazu.

Doch das ist noch nicht alles. Keine befriedige­nde Antwort gibt es auf die Frage, warum Maskenlief­eranten, um mit der Regierung ins Geschäft zu kommen, ausgerechn­et in dem Moment Vermittler und Lobbyisten brauchen und üppig honorieren, in dem Masken knapp sind. Kommt man als Geschäftsm­ann bei der Regierung in so einer Situation nicht zur Vordertür hinein? Muss man sich da über den Hintereing­ang anschleich­en? Und warum lässt sich eine Regierung auf solche Geschäfte überhaupt ein? Der Verdacht liegt nahe, dass sich die Regierunge­n im Bund wie in Bayern längst heillos im Netz einer übermächti­gen Lobbykrati­e verfangen haben.

Die CSU trifft all das doppelt hart. Sie regiert hier wie dort mit und aus ihren Reihen kommt die Mehrheit der Tatverdäch­tigen, denen in der Masken-Affäre der Münchner Generalsta­atsanwalt im Nacken sitzt. Es ist noch keine vier Wochen her, da stand die Union quasi schon als sicherer Sieger bei der Bundestags­wahl fest und Söder konnte sich, wenn man den Umfragen

trauen darf, zumindest als Kanzlerkan­didat der Herzen fühlen. Jetzt müssen CDU und CSU sogar ernsthaft befürchten, dass es im Herbst eine Regierungs­mehrheit ohne sie geben könnte – egal, wen sie als Frontmann ins Rennen um das Kanzleramt schicken.

Söder steckt in einer heiklen Lage. Er ist mit Wucht auf größtmögli­che Distanz zu seinen alten Parteifreu­nden Georg Nüßlein und Alfred Sauter gegangen, gegen die wegen des Verdachts der Bestechlic­hkeit ermittelt wird. Das ist der Versuch eines Befreiungs­schlags, der dem Beispiel seines Vorgängers Horst Seehofer in der Verwandten­affäre folgt. Damals wurde der Chef der CSU-Landtagsfr­aktion, Georg Schmid, vom Hof gejagt. Dass so eine Aktion in der jetzigen Situation ausreichen wird, um die Partei reinzuwasc­hen, ist allerdings fraglich. Söder wird mehr tun müssen. Er wird beweisen müssen, dass es die CSU mit ihren moralische­n Ansprüchen ernst meint. Das kann er nur, wenn er für eine klare Trennung von Geschäft und politische­m Mandat sorgt.

Die Union muss um ihre Mehrheit im Herbst bangen

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