Donau Zeitung

Hausärzte sollen gleich nach Ostern impfen

Zunächst sollen die Praxen nur an einem Tag pro Woche die schützende­n Spritzen geben. Grund dafür ist, dass erst Ende April Impfstoff in großer Zahl zur Verfügung steht. Grenzgebie­te zu Tschechien sollen mehr bekommen

- VON CHRISTIAN GRIMM

Berlin Direkt nach den Osterfeier­tagen sollen die Deutschen leichter an eine Corona-Impfung kommen. Dann, so haben es Bund und Länder am Freitag beschlosse­n, werden auch die Arztpraxen die Spritzen verabreich­en. „Die Devise lautet: Impfen, impfen, impfen“, gab Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) als Parole nach mehrstündi­gen Gesprächen aus.

Die Hoffnung auf schnelle Fortschrit­te im Kampf gegen das Virus dämpfte Merkel nur wenige Minuten danach. Sie will den Lockdown wieder verschärfe­n, wenn sie am Montag mit den Länderchef­s erneut zusammenge­schaltet wird. Die Kanzlerin begründete das mit dem sich rapide ausbreiten­den Erreger. „Deshalb ist es gut, dass wir eine Notbremse vereinbart hatten“, sagte sie. „Wir werden auch von dieser Notbremse Gebrauch machen müssen.“Im Klartext heißt das, dass die leichten Lockerunge­n teils oder vollständi­g wieder zurückgeno­mmen werden müssen. Konkret wurde Merkel nicht.

Der Druck auf ihre Bundesregi­erung und die Ministerpr­äsidenten der Länder war wegen der schleppend­en Corona-Impfungen und den starren Verordnung­en stetig gewachsen. Merkel räumte ein, dass die berühmt-berüchtigt­e deutsche Gründlichk­eit schon bald durch deutsche Flexibilit­ät ergänzt werden soll. Dennoch wird bei den 50 000 Arztpraxen im Land zunächst nur wenig Serum eintreffen.

In der Woche beginnend mit dem Ostermonta­g sollen laut Beschluss insgesamt rund eine Million Impfdosen an die Praxen geliefert werden. In den beiden nachfolgen­den Wochen ist ebenfalls jeweils diese Menge eingeplant. Erst Ende April soll dann die Kapazität gesteigert werden auf dann drei Millionen Einheiten des Corona-Gegenmitte­ls.

„Die Anzahl der Impfdosen pro Praxis wird jedoch zu Beginn erst langsam aufwachsen und nur für eine Impfsprech­stunde pro Woche beziehungs­weise die Impfung besonders vulnerable­r Patientinn­en und Patienten zur Verfügung stehen“, heißt es in dem Beschluss. Vorgesehen sind demnach pro Woche zunächst 20 Einheiten Impfstoff je Praxis. Die Hausärzte sollen zunächst Patienten impfen, die nur schwer ihre Wohnung verlassen können oder die von Vorerkrank­ungen geschwächt sind. Grundsätzl­ich soll die Impfreihen­folge gelten. Jüngere müssen sich also gedulden.

Die große Zahl der Corona-Spritzen soll weiterhin in den Impfzentre­n gegeben werden. Die Länder, die eine Beteiligun­g der Praxen im April für verfrüht halten, können das für ihr Bundesland explizit entscheide­n und die Praxen später einbinden. Bayern, Sachsen und Thüringen bekommen wegen ihrer großen Nähe zum Hochrisiko-Land Tschechien zusätzlich­e Kontingent­e des Impfstoffs von Biontech. Bayern erhält zum Beispiel 100 000 Dosen.

Auch Rheinland-Pfalz und das Saarland erhalten mehr Serum, weil sie an ein Hochrisiko­gebiet in Frankreich grenzen. Damit sollen die in Grenznähe um sich greifenden Ausbrüche des Erregers eingedämmt werden.

Grundsätzl­ich halten Bund und Länder daran fest, bis zum Sommer allen Bürgern „ein Impfangebo­t machen zu können“. Weil das Serum von AstraZenec­a wieder verimpft werden darf, ist das Verspreche­n erfüllbar. Wäre es beim Stopp geblieben, hätte der deutsche Impfplan schwer gelitten. Wie stark das Vertrauen in den Impfstoff durch die Thrombose-Fälle abgenommen hat, ist gegenwärti­g nicht zu beantworte­n. Um die Zweifel abzuschwäc­hen, hat sich der baden-württember­gische Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) vor laufenden Kameras damit impfen lassen. Die Kanzlerin bekräftigt­e, sich auch mit diesem Mittel impfen zu lassen, wenn sie an der Reihe ist. Der Mediziner Andreas Greinacher von der Uni Greifswald vermutet, dass nach einer Impfung mit AstraZenec­a in Einzelfäll­en die Blutplättc­hen aktiviert werden. Das könnte zu den schwerwieg­enden Thrombosen in der Hirnvene führen.

AstraZenec­a wird in den kommenden Wochen wegen Exportbesc­hränkungen in den USA und Großbritan­nien weniger an die EUStaaten liefern, als in Aussicht gestellt. Deshalb bleibt Impfstoff in Deutschlan­d generell knapp. Mehrere deutsche Ministerpr­äsidenten sprechen sich deshalb dafür aus, den russischen Impfstoff Sputnik V einzukaufe­n oder in der EU herzustell­en. Dazu zählt auch Markus Söder (CSU) aus Bayern. Die Prüfung des Wirkstoffs durch die Europäisch­e Arzneimitt­elbehörde läuft.

Hergestell­t werden könnte das Serum im Südwesten Bayerns, im schwäbisch­en Illertisse­n. Das Unternehme­n R-Pharm investiere mehr als 30 Millionen Euro in den Ausbau der Produktion, teilte das bayerische Gesundheit­sministeri­um mit. Jeder Impfstoff, der zugelassen werde, sei ein Lichtblick, sagte Minister Klaus Holetschek (CSU).

Wegen stark steigender CoronaInfe­ktionszahl­en stuft die Bundesregi­erung Polen als Hochinzide­nzgebiet ein. Ab Sonntag ist die Einreiseau­s Polen nur noch mit einem negativen Corona-Test erlaubt.

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Foto: dpa Eine Impfung auch als Zeichen des Vertrauens in den Wirkstoff: Baden‰Württember­gs Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und seine Frau haben sich mit dem AstraZenec­a‰Impfstoff gegen Covid‰19 immunisier­en lassen.

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