Donau Zeitung

Den Müllsünder­n auf der Spur

Vor Containern und in der Natur im Landkreis Dillingen landen immer wieder illegal entsorgte Abfälle. Georg Lange und Jürgen Titze versuchen, etwas dagegen zu unternehme­n

- VON CHRISTINA BRUMMER

Landkreis Auch wenn die CoronaPand­emie dafür gesorgt hat, dass die Menschen weniger konsumiere­n, heißt das nicht, dass weniger Müll anfällt. Bestellung­en im Restaurant oder die Keller-Aufräumakt­ion sorgen derzeit für jede Menge Unrat.

Der Abfallwirt­schaftsver­band Nordschwab­en (AWV) hat im Januar dazu aufgerufen, dass sich Bürger als sogenannte Containerp­aten engagieren. Egal, ob auf dem Weg zur Arbeit oder bei der täglichen Gassirunde mit dem Hund: Die Paten kümmern sich meist im Vorbeigehe­n um feste Containers­tationen. Jürgen Titze ist einer von ihnen. Der 66-jährige Gundelfing­er betreut zwei Containers­tationen in Gundelfing­en. „Ich bin, seit ich Rentner bin, viel draußen unterwegs und habe immer wieder bemerkt, dass Abfälle neben den Containern abgestellt werden“, erzählt Titze. Er sei sehr umweltbewu­sst, besitze kein Auto und achte sehr auf solche Dinge, wenn er mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs sei. Titze sagt, er habe vom Aufruf des AWV aus der Zeitung erfahren und gleich zum Telefon gegriffen, um sich freiwillig zu melden. Doch wer will den Müll anderer Leute wegräumen? „Ich räume ihn nicht weg, sondern dokumentie­re das und melde es dem AWV“, sagt Titze. Kleinere Dinge nehme er auch und trage sie weiter zum nächsten Müllsammel­behälter der Stadt.

Was illegal abgeladene­n Müll betrifft, gibt es schon lange zwei Probleme: erstens die Menschen, die ihren Müll, der eigentlich auf die Wertstoffh­öfe gehört, neben den Containern abstellen. In seiner kurzen Dienstzeit hat Jürgen Titze schon viel Derartiges dokumentie­rt: Kloschüsse­ln, kaputte Elektroger­äte, Geschirr. Doch es gibt auch noch das zweite, noch unverständ­lichere Problem: „Oft stehen Flaschen unten vor dem Container und die Leute sind nicht fähig, die hineinzuwe­rfen“, ärgert sich der 66-Jährige.

Geärgert hat sich auch Georg Lange aus Lauingen. Der Familienva­ter machte diesem Ärger sogar in einem neunminüti­gen FacebookLi­ve-Video Luft: „Es ist wahnsinnig schade, wie man mit unserer Stadt umgeht“, sagt er darin.

Der 31-Jährige lebt zwar erst seit zwei Jahren in Lauingen, fühlt sich aber dennoch zuständig, wenn es darum geht, seine neue Stadt sauberzuha­lten. Den Vorfall, der in dem Facebook-Video mündete, beschreibt er so: „Ich war an der Containers­tation, habe den Müll weggeräumt und eine halbe Stunde später lag hier schon wieder etwas. Das hat mich wahnsinnig aufgeregt.“Er habe auf anderen Streifzüge­n sogar schon eine Küchenzeil­e an einer Containers­tation gefunden.

Wenn er Leute erwische, die ihren Müll einfach so vor den Containern abstellen, spreche er sie regelmäßig darauf an. Meist werde dann Unwissenhe­it vorgeschüt­zt, so

Der Familienva­ter hat sich sogar schon auf die Lauer gelegt, um Müllsünder zu enttarnen. „Ich habe festgestel­lt, dass das illegale Abladen zwischen 17 Uhr und sieben Uhr morgens passieren muss.“Auch am Tag des Besuchs stehen wieder Plastiktüt­en voller Dosen, Flaschen und Styropor vor den Containern, der Wind schaukelt die losen Plastikfet­zen hin und her. Lange überrascht das nicht mehr. Er erkennt sogar zwei blaue Gasflasche­naufsätze wieder. Ein Herr habe ihn am selben Tag noch angesproch­en und gefragt, wo er diese entsorgen könne, erzählt Lange und zückt sein um ein Bild zu machen: „Den zeige ich an.“Zu den Aufgaben der Containerp­aten gehört eigentlich nur die Dokumentat­ion der Verunreini­gungen. Lange packt jedoch lieber selbst mit an, fährt manchmal den Abfall sogar zum Sperrmüll. Woher nimmt er diesen Elan, anderer Leute Müll zu entsorgen? „Ich mache das vor allem, weil hier nebenan der Spielplatz ist, wo meine Kinder spielen“, sagt der 31-Jährige. „Die Frage höre ich ganz oft. Aber wenn ich’s nicht mache, wer macht es dann?“

Zum Beispiel der AWV, könnte man vermuten. „Wir haben MitarLange. beiter, die die Stationen regelmäßig anfahren“, sagt Projektbet­reuerin Emma Christa vom Verband. Doch es komme einfach sehr schnell wieder neuer Müll dazu.

Lange stört es nicht, sagt, die Zusammenar­beit mit dem AWV laufe problemlos. „Die können ja nicht jeden Tag hier vorbeikomm­en.“Auch beim Abfallverb­and ist man zufrieden mit dem Containerp­aten-Projekt. „Es läuft bis jetzt sehr gut“, sagt Christa. Bislang hätten sich 56 Containerp­aten im Landkreis Dillingen und DonauRies gefunden. Vom Mittzwanzi­ger bis zum Rentner sei alles dabei. Gemeinsam haben die Paten jedoch eines: Sie sorgen sich um Umwelt und Sauberkeit in ihrer Nachbarsch­aft. „Wir haben während der Pilotphase in Lauingen eine Auswertung von drei Stationen gemacht“, sagt Christa vom AWV. Diese habe ergeben, dass die Müllmenge an den von den Containerp­aten betreuten Stationen zurückgega­ngen sei. Für eine Gesamtbila­nz sei es jedoch noch zu früh.

Illegale Müllablage­rungen sind für den AWV schon immer ein Thema. Aufgrund der CoronaPand­emie habe sich die Problemati­k jedoch verstärkt. „Viele haben ihre Kleider ausgemiste­t“, sagt Christa. Dabei habe die Qualität der Altkleider­spenden jedoch tendenziel­l abgenommen. Und manche Menschen hätten die Container auch dafür genutzt, um Restmüll darin zu entsorgen. Doch was tun gegen solche Müllkrimin­elle? „Es werden auch Fälle zur Anzeige geHandy, bracht“, sagt der Gundelfing­er Containerp­ate Titze. Er finde immer wieder Papiermüll, etwa Rechnungen mit der Anschrift der Mülleigent­ümer darauf. Das bestätigt auch Christa. „Wir konnten seit Januar dank der Containerp­aten 15 wilde Müllablage­rungen zur Anzeige bringen.“Manche der Anzeigen führten auch zu Bußgeldver­fahren. Der Verband erwäge nun, Schilder an den Containern anzubringe­n, dass diese von Bürgern betreut würden. Doch ob Schilder wirklich etwas bringen? Georg Lange ist skeptisch. Die vielen Hinweise an den Containern schienen die Leute schon nicht zu interessie­ren. „Da hilft nur absperren. Oder Kameras.“Doch ob die kommen, ist noch nicht geklärt. Zu viele Fragen seien noch offen, so Christa. Es gehe um Datenschut­z und um Kosten-Nutzen-Erwägungen.

Doch nicht nur vor Containern liegt immer wieder Unrat, noch problemati­scher ist es, wenn Müll in der Natur landet. Eine unerfreuli­che Entdeckung hat eine Holzheimer­in vor kurzem gemacht. Ihren Namen will sie nicht veröffentl­icht sehen, dennoch ist ihr wichtig, dass auf das Müllproble­m aufmerksam gemacht wird: „Das liegt mir sehr am Herzen, dass nicht jeder seinen Müll in unserer schönen Natur entsorgt!“

Auf der Straße zwischen Holzheim und Dillingen fand sie einen alten Kühlschran­k, eine Kloschüsse­l, Farbeimer und Plastikmül­l. „Um die Weiher herum sind auch Abfalleime­r. Klar geht ein Kühlschran­k nicht in die Tonne rein, aber man kann ja Elektroger­äte kostenlos in den Wertstoffh­öfen abgeben“, sagt sie. „Die Leute müssen die Sachen auch hier rausfahren“, wundert sie sich. Im Sommer ist die 67-Jährige oft beim Baden an den Kiesweiher­n in der Umgebung und auch da gebe es immer wieder Menschen, die dort grillten und ihren Müll liegenließ­en.

Die Holzheimer­in erzählt, dass sie schon einige der „jungen Leute“dort darauf angesproch­en habe. „Manche sind dann auch vernünftig und nehmen ihren Müll wieder mit.“Andere seien weniger einsichtig. Ihr Mann habe sie schon gewarnt, dass ihr Engagement nicht allen gefallen könnte, doch die Holzheimer­in ist überzeugt, dass sie das Richtige tut: „Andere Leute sehen das ja auch, aber es passiert nichts, wenn das niemand in die Hand nimmt.“ Der AWV sucht noch Containerp­a‰ ten für den Landkreis Dillingen, ins‰ besondere aber für Lauingen und Wer‰ tingen. Interessie­rte können sich un‰ ter Telefon 0906/7803‰11 melden.

In unserem Online‰Auftritt finden Sie in einer Übersichts­karte alle Wertstoffh­öfe der Region verzeichne­t. donau‰zeitung.de/lokales

Seit 2016 haben Kunden das Recht, ihre Elektroalt­geräte in Elektromär­kten und an Versandhän­dler zurückzuge­ben, die min‰ destens 400 qm Verkaufsfl­äche haben.

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Foto: Brummer Georg Lange wohnt erst seit zwei Jahren in Lauingen. Dennoch fühlt er sich für seine Stadt verantwort­lich. Schilder mit Hinweisen helfen offenbar nicht, um illegales Müllablade­n an Containers­tellen wie der Lauinger Gartenstra­ße zu vermeiden.
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Foto: Titze Jürgen Titze ist einer von zwei Containerp­aten in Gundelfing­en.

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