Visitenkarten will er noch nicht drucken
Alerheims Bürgermeister Christoph Schmid spricht über die Kämpfe bei der Nominierung der Landesliste, die Chancen bei der Wahl und darüber, was er der SPD im Bundestag geben kann
Herr Schmid, Sie waren am Donnerstag in Berlin zum Fototermin in der SPD-Parteizentrale. Samt roter Krawatte und roten Sneakern?
Christoph Schmid: Ja, die roten Sneaker habe ich zwar getragen, aber die werden auf dem Plakat nicht zu erkennen sein. Das Plakat wird auch eine gewisse Überraschung haben, bei dem es auf die rote Krawatte nicht ankommt. So viel kann ich verraten. Es ist jetzt auch reiner Zufall, dass mein Termin jetzt kurz nach der Nominierung auf der Landesliste stattfand. Die Fototermine waren schon vor vier Wochen terminiert. Nachdem 300 Kandidatinnen und Kandidaten erst mal zum Friseur mussten und auch noch gar nicht alle nominiert waren, wurden da Termine nach hinten verlegt.
Den Termin in Berlin könnten Sie ja auch gleich mit einer Wohnungsbesichtigung verbinden, oder?
Schmid: Na ja, ganz so schnell geht es nicht. Es gibt vieles, was man in den nächsten Monaten vorbereiten muss, da gehört die Wohnungsfrage nicht dazu. Natürlich muss ich parallel planen, und es kann sein, dass ich in sechs Monaten Mitglied des Deutschen Bundestages bin. Aber die ersten Sitzungswochen kann man auch mal im Hotel verbringen.
Wie werden diese parallelen Planungen denn aussehen?
Schmid: Letztlich sind es drei Dinge. Zunächst einmal, dass ich ganz normal meiner Arbeit nachzugehen habe und ich das auch bis zum letzten Tag mit vollem Einsatz machen werde. Ich bin als Bürgermeister gewählt und habe hier meinen Job richtig zu machen. Da darf nichts drunter leiden. Dazu der Wahlkampf und die Frage, wie es danach weitergeht. Aber ich sehe mich noch nicht in Berlin sitzen. Natürlich weiß ich, dass das ein aussichtsreicher Platz ist, und eigentlich sollte dieser reichen. Aber es wäre vermessen, jetzt Visitenkarten mit „MdB Schmid“drucken zu lassen, das werde ich nicht tun.
Wie schätzen Sie Ihre Chancen für den Bundestag denn ein?
Schmid: Ich denke, dass die Wahrscheinlichkeit über 90 Prozent liegt.
Ihr Einzug hätte auch Auswirkungen auf die Gemeinde Alerheim, die dann einen neuen Bürgermeister oder eine neue Bürgermeisterin braucht. Gibt es da schon Pläne, wie das ablaufen kann? Schmid: Nein, die gibt es nicht. Ich teile auch nicht den Optimismus mancher, dass da heuer noch eine Wahl stattfinden wird, weil die letztendlichen Voraussetzungen erst dann eintreten, wenn ich nicht mehr im Amt bin. Aus meiner Sicht würde nach der Wahl der Vertretungsfall greifen, da würden die Amtsgeschäfte auf den Zweiten Bürgermeister übergehen. Zu dessen Aufgaben gehört es dann, mit der Verwaltung einen Zeitraum für die Neuwahl in Alerheim festzulegen. Ich denke, dass das eher Anfang des nächsten Jahres sein wird.
Das wird für Sie eine besondere Situation sein, die Gemeinde zu verlassen? Schmid: Ja, da ist auch ein weinendes Auge dabei. Auf der anderen Seite glaube ich, dass jeder ersetzbar ist. Ich weiß, dass es genügend Menschen gibt, die die Gemeinde Alerheim voranbringen würden. Es wird nicht leicht, es kommen noch Herausforderungen auf den Nächsten oder die Nächste zu. Es gibt ein paar Dinge, die ich gerne, wenn es so kommt, noch zu Ende gebracht hätte. Zum Beispiel die Dorferneuerung in Alerheim. Aber die Weichen sind gestellt, und das hängt nicht an mir als Person.
Um Personen ging es aber bei der Nominierung. Da hat die Schwaben-SPD nicht besonders gut abgeschnitten. Schmid: Es ist nicht so, wie wir es uns erhofft haben. Es gab eine Allianz der anderen Bezirke, nicht nur gegen Schwaben, sondern auch gegen Niederbayern. Nicht unbedingt mit dem Ziel, uns auszubooten, sondern vorrangig, um die eigenen Mandate abzusichern.
Die Bezirksvorsitzende Ulrike Bahr hat nur Platz 16 bekommen.
Schmid: Ich würde das nicht als Niederlage von Ulrike Bahr betrachten. Wir hatten immer das Ziel, zwei Schwaben unter den ersten 16 zu haben, und wollten Ulrike Bahr unter den ersten acht haben, das ist uns nicht geglückt. Es ist eine Herausforderung, aber nicht unmöglich. Insgesamt ist es für Schwaben kein erfreuliches Ergebnis. Wir haben an jenem Wochenende um diese Plätze wahnsinnig gekämpft. Es gab auch von mir das Angebot, um vier Plätze nach hinten zu gehen, wenn dadurch ein besserer Platz für Ulrike Bahr herausspringen würde. Aber das war gegen den Widerstand aus Mittelfranken und Oberbayern nicht zu organisieren.
Schadet das der SPD letztlich nicht, wenn es intern solche Grabenkämpfe gibt?
Schmid: Man kann das natürlich jetzt als Grabenkämpfe bezeichnen. Man kann aber auch von demokratischen Auseinandersetzungen sprechen. Letztendlich wird Personal in unseren Parteien rekrutiert, das sich gegen Wettbewerber durchsetzen muss. Nur so fördert man auch eine Auswahl. Ich würde mich ja selber schlechtreden, wenn ich sage, dass meine Arbeit in den letzten zehn Jahren keine Rolle gespielt hat. Ich habe mich in der Partei bewiesen. Dass es zu Härtefällen kommt, ist klar, weil wir aus Schwaben die Arbeit von Ulrike Bahr höher einschätzen als jemand aus der Oberpfalz. Das wird auch immer so sein, dass es bei solchen Listen Enttäuschungen gibt.
Was für einen Schub könnten Sie der Partei im Bundestag denn geben? Schmid: Ich glaube, die Verwurzelung in der Kommunalpolitik. Ich war hier nicht einfach Bürgermeister, es wusste jeder, ich bin ein SPD-Bürgermeister. Ich laufe mit den roten Turnschuhen durch die Gegend, trage meine Partei bewusst nach außen. Und so habe ich auch bewiesen, dass man als Sozialdemokrat im ländlichen Raum in Bayern mit einem optimistischen Zukunftsansatz Politik gestalten kann.
Wie machen Sie das?
Schmid: Natürlich ist es dem Abwasser egal, ob es von „Rot“oder „Schwarz“regiert wird. Aber eine Aufbruchstimmung zu erzeugen, Menschen mitzunehmen und für politische Zusammenhänge zu begeistern, das war mir immer wichtig. Das kann die Partei von mir erwarten, dass ich ein Stück Bodenständigkeit und trotzdem solide politische Arbeit mitbringe. Ich bin – positiv konnotiert – einfach Dorfbürgermeister. Ich bin keiner aus einem großstädtischen Bezirk, der sich seinen Weg durch interne Veranstaltungen gebahnt hat, sondern ich bin von meinen Nachbarinnen und Nachbarn, Vereinskolleginnen und -kollegen und anderen Schuleltern gewählt worden. Ein positives Bild von Politik zu vermitteln, das Zusammenleben der Menschen zu gestalten. Das lebe ich und das möchte ich auch in Berlin nicht aufgeben – auch wenn es sicher schwieriger wird.