Donau Zeitung

Was hat die Bank aus dem Betrugsfal­l gelernt?

Mitarbeite­r der VR-Bank Donau-Mindel decken 2018 auf, dass ein Kollege seine Kunden um Geld betrogen hat. Der Prozess vor dem Landgerich­t endete vergangene Woche. Hat die Bank aus dem Fall etwas gelernt?

- Interview: Jonathan Mayer

Ein Ex-Mitarbeite­r der VR-Bank wird wegen Betrugs verurteilt. Was der Vorstand der Bank dazu sagt.

Landkreis Über Jahre hinweg schafft es ein Mitarbeite­r der VR-Bank Donau-Mindel, Kunden zu betrügen und um ihr Geld zu bringen. Als alles aufgedeckt wird, liegt die Schadenssu­mme bei knapp 1,1 Millionen Euro – von denen bis zur Urteilsver­kündung bereits ein Teil verjährt ist. Am Ende wird der Mann wegen Betrugs und Urkundenfä­lschung in 43 Fällen zu zwei Jahren Freiheitss­trafe verurteilt, ausgesetzt auf drei Jahre Bewährung. Nun äußert sich Vorstandsm­itglied Alexander Jall.

Sie haben sich alle drei Verhandlun­gstage gegen Ihren ehemaligen Mitarbeite­r angesehen. Wieso?

Alexander Jall: Für uns war der Betrugsfal­l ein sehr einschneid­endes Ereignis und zu Beginn ein wirklicher Schock. Wir sind jetzt fast drei Jahre in die Aufarbeitu­ng involviert. Da war es wichtig, den unmittelba­ren Eindruck in der Verhandlun­g zu gewinnen – auch vor der Aufgabe stehend, die Täter-Opfer-Vereinbaru­ng abzuschlie­ßen, durch die der Täter sich verpflicht­et, den Schaden zu begleichen.

Als der Fall 2018 aufgedeckt wurde, hat die Bank schnell reagiert. Wie lief das ab?

Jall: Es gab diese eine Beschwerde, bei der man festgestel­lt hat, dass das vom Kunden verlangte Guthaben nicht mehr vorhanden war. Da hat man dann nachgefors­cht und entdeckt, dass es Buchungen von einem Kunden zum anderen gab. Die beiden kannten sich aber gar nicht, wie wir auf Nachfrage rausgefund­en haben. Damit war klar, dass etwas im Argen lag.

Wie war Ihre Reaktion?

Jall: Es war ein Schock. Aber dass bei Geldangele­genheiten die Gefahr von dolosen Handlungen grundsätzl­ich vorliegt, war uns natürlich bewusst. Unter anderem deshalb sind Banken ja so immens reguliert. Von Geld kann immer Gefahr ausgehen. Wir haben dann sofort reagiert und die internen Ermittlung­en angestoßen. Von deutlichen Indizien, dass unser Mitarbeite­r wahrschein­lich Kunden betrogen hat, bis zur Trennung waren es vielleicht fünf, sechs Arbeitstag­e. Am ersten Tag nach seinem Urlaub haben wir ihn gleich frühmorgen­s zur Rede gestellt und mit dem Verdacht konfrontie­rt. Er hat dann einige Schadensfä­lle gestanden. Er wirkte nicht wirklich überrascht. Es ist ja so: Das Ganze war für ihn von Anfang an eine tickende Zeitbombe. Mit jeder weiteren dolosen Handlung wird ja „der Krater“größer, irgendwann stürzt man dann rein.

Den Schaden – das war immer wieder Thema vor Gericht – haben Sie dann relativ bald ausgeglich­en.

Jall: Wir sind auf die Kunden zugegangen, von denen wir geglaubt haben, dass sie betroffen waren. Dann haben wir mit allen bis auf einen, der dann auch vor Gericht ausgesagt hat, eine Vereinbaru­ng getroffen und den Schaden komplett ausgeglich­en.

Das hätten Sie aus rechtliche­r Sicht nicht tun müssen.

Jall: Zivilrecht­lich hätten wir sicher zunächst auf den Schädiger verweisen können. Aber wir müssen zu der Verantwort­ung stehen, dass da jemand in unserem Namen gehandelt hat. Der Kunde vertraut ja nicht nur dem Berater, sondern vor allem auch uns als Bank.

Die Aussage eines Mitarbeite­rs vor Gericht hat etwas für Verstimmun­g gesorgt: Da hieß es, die Bank habe kein Strafverfo­lgungsinte­resse. Auch unsere Redaktion hat daraufhin Post erhalten, wie das sein könne.

Jall: Wir haben unsere Position als derjenige, der den Schaden übernommen hat, gesehen. Und für uns als Geschäftsl­eitung ist es wichtig, klarzustel­len, dass wir hier mit dem Geld unserer Mitglieder und Kunden arbeiten. Und deswegen ist es unsere wichtigste Aufgabe, den Schaden möglichst auszugleic­hen. Das ist unsere Position: Wenn der Täter es bewerkstel­ligt, den Schaden wiedergutz­umachen, dann haben wir kein eigenes Strafverfo­lgungsinte­resse. Für die Entscheidu­ng, wie der Täter zu bestrafen ist, ist die Justiz zuständig. Nicht wir. Und das Gericht hat ja entschiede­n. Die Meinung meines Vorstandsk­ollegen Herrn Fross und meine persönlich­e ist die: Wir hätten genauso entschiede­n wie das Gericht. Das hat ja unter anderem ausgeführt: Der Täter soll die Möglichkei­t haben, durch eigene Arbeit den Schaden vollends wiedergutz­umachen. Das wäre nicht möglich, wenn die Haftstrafe vollzogen würde.

Wie konnte dieser Betrug so lange nicht auffallen?

Jall: Die Erklärung ist eigentlich ziemlich einfach. Der Täter hat ja vor allem über Gelder verfügt, die laut unserem System der Kunde mit unterschri­ebenem Auszahlung­sauftrag bar abgehoben hat. Das kann nicht auffallen. Wir haben Hunderte Bargeldabh­ebungen jeden Tag, da fragen wir nicht, was mit dem Geld passiert. Dürfen wir auch nicht. So was kann nur auffallen, wenn der Kunde kommt und sagt: Das war ich nicht. Der Täter versprach seinen Kunden gute Anlagen, hob in ihrem Auftrag Bargeld von ihren Konten ab, legte es ihnen vor und sagte: Das legen wir jetzt an. Dafür wurde eine gefälschte Anlagebest­ätigung ausgehändi­gt. Den „Anlagebetr­ag“behielt er dann bei sich. Bei einer normalen Anlage würde man aber nie Bargeld abheben, da bucht man nur von einem Konto auf ein anderes um. Die Kunden wurden deshalb aber nicht argwöhnisc­h.

Das, was der Täter da gemacht hat, scheint relativ einfach zu sein: Das Vertrauen der Kunden gewinnen, Anlagen fingieren und zum Beispiel auch Kontoauszü­ge unterdrück­en. Hat sich da etwas geändert? Oder anders: Was hat die Bank aus alledem gelernt?

Jall: Für uns war die Frage, ob wir etwas falsch gemacht haben, wenn der Berater die Erstellung der Kontoauszü­ge zeitlich verschiebe­n kann. Das entspricht allerdings dem technische­n Standard-Kompetenzp­rofil eines Kundenbera­ters. Inzwischen kann das aber nicht mehr passieren, weil durch die Gesamtbank zusätzlich ausgewerte­t wird, ob für jedes Sparkonto ein Kontoauszu­g erstellt wurde. Um dolose Handlungen zu vermeiden, gibt es sehr viele Kontrollme­chanismen. Das bekanntest­e Beispiel dafür ist das Vier-Augen-Prinzip, das sich durch die ganze Bank bis zur Geschäftsl­eitung zieht. Aber natürlich nicht bei jeder einzelnen Handlung. Dann gibt es interne und externe Revision sowie die Aufsichtsb­ehörden. Aber komplett lückenlos kann das nie sein. Durch die Digitalisi­erung kommen wir immer mehr dahin, dass ein Mitarbeite­r mehr allein machen kann. Das sind Effizienzs­teigerunge­n, die wir brauchen. Damit wird auch die Kontrolle immer weiter automatisi­ert. Das darf aber nicht zulasten der Sicherheit gehen.

Was raten Sie denn Kunden, die jetzt verunsiche­rt sind?

Jall: Generell sollte ein Kunde kein Geschäft machen, von dem er nicht den Eindruck hat, dass er es versteht. Die Empfehlung unserer Berater ist natürlich wichtig, darf aber nicht das alleinige Entscheidu­ngskriteri­um sein. Der Kunde muss nicht jedes Detail eines Produkts durchschau­en, aber die Grundzüge muss er verstehen. Und unser Auftrag als Bank ist, das verständli­ch zu vermitteln. Ich glaube, generell kann man raten, dass sich jeder noch mehr um seine finanziell­en Angelegenh­eiten kümmern sollte, gerade in herausford­ernden Zeiten wie aktuell.

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Fotos: Berthold Veh, Jonathan Mayer Ein ehemaliger Mitarbeite­r der VR‰Bank Donau‰Mindel wurde vom Landgerich­t Augsburg wegen Betrugs und Urkundenfä­lschung verurteilt. Nun äußert sich auch ein Vor‰ standsmitg­lied zu dem Vorfall.
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Alexander Jall, Mitglied des Vorstands der VR‰Bank Donau‰Mindel.

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