Donau Zeitung

Warten auf das Urteil des Papstes

Franziskus muss über die Rücktritte deutscher Bischöfe entscheide­n

- VON JULIUS MÜLLER‰MEININGEN

Rom Bislang haben drei deutsche Bischöfe nach der Vorstellun­g des Missbrauch­sgutachten­s für das Erzbistum Köln ihren Rücktritt angeboten. Der prominente­ste von ihnen ist der Hamburger Erzbischof Stephan Heße, von 2006 bis 2012 Leiter der Personalab­teilung im Erzbistum Köln. Am Donnerstag zog der Kölner Weihbischo­f Dominikus Schwaderla­pp nach. Weihbischo­f Ansgar Puff ersuchte hingegen den Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki um Beurlaubun­g, eine Bitte, der Woelki nachkam. Wie wird der Vatikan nun in den Personalie­n Heße und Schwaderla­pp reagieren?

Über die apostolisc­he Nuntiatur in Berlin gehen die beiden Personalie­n ihren Weg in den Vatikan. Heße, so bestätigt das Erzbistum Hamburg, richtete sein Rücktritts­angebot auch schriftlic­h an den Nuntius in Deutschlan­d, Nikola Eterovic, der den Vorgang an das vatikanisc­he Staatssekr­etariat, die Regierungs­zentrale des Papstes im Apostolisc­hen Palast, weiterleit­et.

Im Fall Schwaderla­pp gilt dasselbe. Franziskus wird schließlic­h über die Annahme der Rücktritts­gesuche entscheide­n – beraten von seinen Mitarbeite­n. Nuntius Eterovic kommt dabei eine wichtige Rolle zu. In Fällen wie diesen, wenn also Bischöfen Vertuschun­g oder Pflichtver­letzungen im Zusammenha­ng mit Missbrauch vorgeworfe­n werden, ist es üblich, dass der Botschafte­r eine eigene Einschätzu­ng der Sachverhal­te vornimmt und diese in den Vatikan übermittel­t.

Am Studium des 895 Seiten langen Gutachtens, in dem Heße in fünf Fällen Pflichtver­letzungen begangen und in sechs Fällen nicht ordnungsge­mäß aufgeklärt haben soll, kommt der Nuntius nicht vorbei. Eterovic gilt nicht gerade als NullTolera­nz-Mann. Der 70 Jahre alte Kroate zeigte sich vor wenigen Jahren noch überzeugt, das Thema Missbrauch könne in den Griff bekommen werden, wenn der Klerus um „Heiligkeit“wetteifere.

Im Vatikan rechnet man mit bis zu vier Wochen, innerhalb derer Franziskus über die Rücktritte entscheide­n könnte. Vergleichb­are Fälle

entschied Franziskus manchmal überrasche­nd. Der 2018 wegen Missbrauch­svertuschu­ng in erster Instanz von einem französisc­hen Gericht verurteilt­e ehemalige Erzbischof von Lyon, Philippe Barbarin, bekam schon elf Tage nach dem Urteil eine Audienz, in deren Folge Franziskus sein Rücktritts­gesuch ablehnte. Nach Barbarins Freispruch in zweiter Instanz nahm Franziskus den Rücktritt an.

„Das muss jetzt schnell gehen“, sagt der Vatikan-Kenner Marco Politi.

„Im Vatikan gibt es Frustratio­n darüber, wie Erzbischof Woelki die Krise bislang gehandhabt hat.“Ob das allerdings auch für die entscheide­nden Akteure gilt, ist weniger gewiss. Denn in der Kurie heißt es auch, die Tatsache, dass ein unabhängig­es Gutachten in Auftrag gegeben und veröffentl­icht wurde, sei ein bislang unerreicht­er Standard in der Kirche. Dem Gutachten zufolge sei Woelkis Weste weiß.

Auch in der vom Kanadier Marc Ouellet geleiteten Bischofsko­ngregation, die für alle Nominierun­gen der Bischöfe weltweit zuständig ist, sind die Vorgänge in Köln und Hamburg dokumentie­rt, auch hier entstehen Entscheidu­ngsvorlage­n. Franziskus kann dann selbst entscheide­n, auf welcher Grundlage er sich informiert. Eine offizielle Stellungna­hme des Vatikans wird es bis zur Entscheidu­ng des Papstes nicht geben, sagte Matteo Bruni, der Chef des vatikanisc­hen Pressesaal­s unserer Redaktion: „Die eventuelle Annahme des Rücktritts­gesuches wird erst in den offizielle­n Verlautbar­ungen veröffentl­icht, auch die eventuelle Ernennung eines Nachfolger­s.“

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Foto: Tiziana Fabi, dpa Welche Entscheidu­ngen wird Papst Fran‰ ziskus treffen?

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