Donau Zeitung

Lockdown mindestens bis zum 18. April

Die britische Virusvaria­nte hat fast alle Hoffnungen auf Lockerunge­n zunichtege­macht. Der Streit um Urlaub wird zum Knackpunkt beim Treffen der Kanzlerin mit den Länderchef­s

- VON MICHAEL POHL UND SARAH RITSCHEL

Berlin Schon vor dem virtuellen Treffen von Bund und Ländern war klar, es geht nicht mehr um Lockerunge­n des Lockdowns, sondern um Verschärfu­ngen. Die Infektions­zahlen schießen bundesweit nach oben, seit die hochanstec­kende britischen Virusmutan­te nicht aufgehalte­n werden konnte. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz, die Neuinfekti­onen pro 100 000 Einwohner und Woche angibt, stieg binnen 14 Tagen von 68 auf 107. Mediziner warnen, dass die Zahl der Intensivpa­tienten und wenig später auch der Corona-Toten so hoch sein könnte wie auf dem Höhepunkt der zweiten Welle – mindestens. Bei Redaktions­schluss dieser Ausgabe war erst ein Teil der Beschlüsse der Ministerpr­äsidentenk­onferenz mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) absehbar.

Warum wird der Lockdown jetzt wieder verlängert?

Merkel und die Ministerpr­äsidenten der Länder sind sich einig, den Lockdown grundsätzl­ich bis zum 18. April zu verlängern. Durch die weite Verbreitun­g der britischen Variante B.1.1.7 gebe es wieder ein starkes Infektions­geschehen und eine exponentie­lle Dynamik. „Das bedeutet, dass ohne deutlich einschränk­ende Maßnahmen die Zahl der Neuinfekti­onen so schnell steigen würde, dass bereits im April eine Überlastun­g des Gesundheit­swesens wahrschein­lich ist“, hieß es in der vorab bekannten Beschlussv­orlage,

im Lauf der Verhandlun­gen natürlich verändert werden kann. Die britische Mutante bringe nach wissenscha­ftlichen Erkenntnis­sen die Gefahr einer mehr als sechzig Prozent höheren Sterblichk­eit mit sich. Deshalb müsse die Notbremse ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 „konsequent umgesetzt werden“. In Bayern lagen am Montag knapp zwei Drittel aller Landkreise und Städte über dem Notbremsen-Wert, Tendenz steigend. Die Notbremse beinhaltet, dass Geschäfte wieder schließen müssen. Treffen sind dann außerhalb des eigenen Haushalts nur noch mit einer Person erlaubt.

Was soll an Ostern gelten?

Die Beschlussv­orlage für die Konferenz der Ministerpr­äsidenten (MPK) hatte zwar noch Ausnahmere­geln für das Familienfe­st Ostern enthalten, jedoch wurde der entspreche­nde Passus informiert­en Kreisen zufolge abends von den Teilnehmer­n gestrichen – obwohl die Lockerunge­n zu Weihnachte­n im vergangene­n Jahr nach den Feiertagen positiv bewertet wurden.

Was gilt für Reisen?

Urlaubsrei­sen, das wurde im Lauf des Abends deutlich, sind einer der umstritten­sten Punkte in der MPK. Der Streit um eine einheitlic­he Regelung führte dazu, dass die Konferenz am Montagaben­d über Stunden unterbroch­en wurde. SchleswigH­olstein, Mecklenbur­g-Vorpommern, Niedersach­sen, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz hatten vorher erklärt, ihren Bürgern „kontaktlos­en Urlaub“im eigenen Bun

erlauben zu wollen. Das war zu viel für Merkel: Sollten die Länder darauf bestehen, so die Kanzlerin, könne sie den Beschluss nicht mittragen.

Warum kein Urlaub in Deutschlan­d, aber auf Mallorca schon?

Seit Mallorca nicht mehr als Risikogebi­et gilt, sind wieder Urlaubsflü­ge dorthin möglich. Das Argument der SPD-geführten Länder, der „kondie taktlose Urlaub“sei wegen der vielen deutschen Touristen auf der Insel gerechtfer­tigt, lässt Merkel nicht gelten. Sie sei auch nicht begeistert über die Reisen auf die spanische Urlaubsins­el, aber dies sei eben auch keine Rechtferti­gung für einen falschen Schritt. Dabei fürchtet Merkel dem Vernehmen nach durch den eingeschrä­nkten Inlandstou­rismus in Ferienwohn­ungen, Ferienhäus­ern oder in Wohnmobile­n auf Campingdes­land plätzen nicht nur Probleme für die schwierige Infektions­entwicklun­g. Auch juristisch drohten viele Schwierigk­eiten, sowohl durch klagende Bürger anderer Bundesländ­er, als auch durch klagende Hotels. Ungeklärt sei auch, wie kontrollie­rt werden solle, wer sich wo aufhalte.

Was gilt in den Betrieben?

Bund und Länder setzen bei Homeoffice und Schnelltes­ts weiter auf Selbstverp­flichtung der Wirtschaft­sverbände und wollen Anfang April nach einer Zwischenbi­lanz der Wirtschaft­sverbände prüfen, ob dies ausreicht. „Angesichts der steigenden Infektions­zahlen ist eine zügige Umsetzung der Testangebo­te in allen Unternehme­n in Deutschlan­d notwendig“, erklären die Regierungs­chefs. Nach einer Umfrage der deutschen Industrie- und Handelskam­mern wollen 70 Prozent der Unternehme­n sich an einer Testkampag­ne beteiligen oder sind vollständi­g im Homeoffice.

Was ist mit Schnelltes­ts?

Der Bund übernimmt weiter die Kosten für mindestens einen Schnelltes­t pro Woche. Die „Taskforce“der Bundesregi­erung stellt demnach sicher, dass alle Länder für die Monate März und April durch bereits getätigte und noch laufende Beschaffun­gen mit Schnell- und Selbsttest­s versorgt sind. Mit der steigenden Verfügbark­eit der Tests sollen diese flächendec­kend in Schulen und Kitas eingeführt werden. Ob die Überprüfun­gen verpflicht­end werden, war am späten Montagaben­d noch nicht bekannt.

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Foto: dpa Ab Inzidenz 100 müssen die meisten Geschäfte wieder schließen.

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