Donau Zeitung

Wenn rot-grün alles grau werden lässt

- VON ANDREA BOGENREUTH­ER klan@augsburger‰allgemeine.de

Andi Toompuu hat es als farbenblin­den Fußball-Profi einst heftig erwischt. Vor acht Jahren musste der Kapitän des schwedisch­e Zweitligis­ten IK Brage tatsächlic­h auf ein Heimspiel seines Klubs verzichten, weil die Gegner in der für ihn „falschen Farbe“aufliefen, nämlich in roten Trikots. Toompu war raus, weil sein eigener Verein grün trägt. Er selbst leidet aber an einer Rot-Grün-Sehschwäch­e. Ein wenig einfühlsam­er Schiedsric­hter, der einen Trikotwech­sel aus diesem Grund als für nicht notwendig erachtete, hinterließ kollektive­s Kopfschütt­eln – und einen ziemlich wütenden Toompuu.

Verständli­ch, schließlic­h erschwert dieser Gen-Defekt, von dem in Deutschlan­d neun Prozent aller Männer, aber nur 0,8 Prozent der Frauen betroffen sind, schon genug die Orientieru­ng im Alltag. Bei Fußballpro­fis kann er im Spiel mitunter zu folgenreic­hen Verwechslu­ngen führen. So erzählte Ralf Rangnick – neben dem Dortmunder Verteidige­r Thomas Delaney einer der prominente­sten Betroffene­n der Fußballsze­ne – ganz offen von seinen Schwierigk­eiten. Wie er einen roten Spielball im Schnee nicht erkennen konnte oder einen Schiedsric­hter im roten Hemd als Gegenspiel­er seiner Mannschaft wahrnahm.

Wenn sich Rot-Grün oder auch Pastelltön­e vor den eigenen Augen zu einer grau-braunen Masse vereinen, wird der Pass zum richtigen Mitspieler schwierig. Angesichts des unaufhalts­amen Trends zu Mint, Rosé oder Violett in der fußballeri­schen Oberbeklei­dung dürften den hoch bezahlten Trikotdesi­gnern solche Probleme fremd sein.

Jetzt hat aber ausgerechn­et der FCA, der seine Kicker seit 1907 in den traditione­llen Augsburger Stadtfarbe­n rot-grün-weiß kleidet, in Freiburg für ein farbliches Dilemma gesorgt. Die Augsburger hatten ihre grünen Auswärtstr­ikots dabei – und wahrschein­lich auch ihre roten Ausweichtr­ikots. Doch mit beiden hätte ein SC-Fußballer aufgrund einer Rot-Grün-Sehschwäch­e Probleme gehabt.

Unter SC-Trainer Streich gab es da kein Zögern und auch kein Verlassen auf den Schiedsric­hter. Kurzerhand ordnete er das Wechseln des beliebten roten Heimtrikot­s an. In das leuchtende Gelb des Ausweichtr­ikots. Eine in Streich-Manier unbürokrat­isch-empathisch­e Entscheidu­ng, die wohl nicht nur Andi Toompuu in Schweden mit Wohlgefall­en wahrgenomm­en hat.

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Foto: dpa Die Heimmannsc­haft Freiburg siegte auch in ungewohnte­m Gelb.
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