Donau Zeitung

Wird Dillingen Corona‰Modellkomm­une?

Die Kreisstadt bewirbt sich. Oberbürger­meister Kunz schreibt Ministerpr­äsident Söder. Das sagen die Abgeordnet­en dazu und der Betreiber des neuen Dillinger Testzentru­ms

- VON TANJA FERRARI, CORDULA HOMANN UND BERTHOLD VEH

Mit einem negativen Schnelltes­t soll in Dillingen Shoppen wie in Tübingen möglich sein. Wie der Vorstoß ankommt.

Dillingen Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) will das Tübinger Modell in mehreren ausgewählt­en Städten in Bayern testen lassen. Wie berichtet, kombiniert die Stadt in Baden-Württember­g Corona-Tests mit Einkaufsmö­glichkeite­n. Wer einen tagesaktue­llen negativen Schnelltes­t vorweist, kann in Tübingen shoppen, Cafés besuchen und Kultur erleben.

Das bayerische Kabinett beschloss am Dienstag, dass in Bayern in drei bis vier Modellregi­onen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfekti­onen pro 100.000 Einwohnern nach Ostern weitere Öffnungssc­hritte ausprobier­t werden. Unter strengen Schutzmaßn­ahmen und mit einem Testkonzep­t könnten für die Dauer von 14 Tagen einzelne Bereiche des öffentlich­en Lebens öffnen. Damit soll die Umsetzbark­eit von Öffnungssc­hritten untersucht werden. Welche Regionen dies sein werden, sagte Ministerpr­äsident Söder bei der Vorstellun­g des Beschlusse­s nicht. Der Testversuc­h in bayerische­n Städten könnte, wie Söder in Aussicht stellte, ab 12. April starten und soll dann zunächst zwei Wochen dauern. Es müssten aber kleinere Städte sein, hieß es. Daraufhin hat sich jetzt Dillingen offiziell als Corona-Modellkomm­une beworben.

Oberbürger­meister Frank Kunz (CSU) schreibt seinem Parteifreu­nd Söder: „Sehr geehrter Herr Ministerpr­äsident, sichere, kreative und flexible Lösungen für die (Außen-)Gastronomi­e, die örtlichen Kultureinr­ichtungen und den Einzelhand­el – das braucht es nach meiner Überzeugun­g ganz dringend in den kommenden Wochen und Monaten. Deshalb machen wir uns in Dillingen im Schultersc­hluss von Wirtschaft­svereinigu­ng und Stadt geschlosse­n stark für eine weiterhin lebendige und attraktive Innenstadt, auch unter Corona-Bedingunge­n.“Das Beispiel Tübingen zeige, dass es geht, so Kunz. Auch in Dillingen bestehe eine Schnelltes­t-Infrastruk­tur, die die Grundlage für Öffnungen und Erleichter­ungen sei und einen sicheren Stadtbesuc­h ermögliche. Kunz zeigt sich überzeugt, dass Stadt und Landkreis Dillingen das Konzept mit dem „Tagesticke­t“umsetzen können.

Der Dillinger Oberbürger­meister ergänzt, dass die Stadt kein eigenes Gesundheit­samt hat. Landrat Leo Schrell habe bereits den Vorschlag der Dillinger Wirtschaft­svereinigu­ng für den Einsatz der Luca App aufgegriff­en. Diese Technik ist nach Überzeugun­g des Rathausche­fs neben Schnelltes­ts und Impfungen ein wichtiger Baustein für eine sichere und umsichtige Rückkehr zu einer Normalität unter Corona-Bedingunge­n.

Landtagsab­geordneter Georg Winter (CSU) findet es toll, dass die Region bereit ist, beim Corona-Modellproj­ekt mitzumache­n und sich der Herausford­erung zu stellen. Zwar habe der Landkreis Dillingen eine wesentlich niedrigere SiebenTage-Inzidenz als gefordert. Nur ein Mal in den vergangene­n Tagen hat der Landkreis Dillingen überhaupt eine Sieben-Tage-Inzidenz über 50 gehabt. Sonst lag der Wert immer darunter, am Dienstag bei 40. „Dennoch werde ich unseren bitten, die Stadt mitaufzune­hmen. Denn unter einer Inzidenz von 50 gibt es noch mal ganz andere Möglichkei­ten – und man sollte doch schauen, ob man diesen niedrigen Wert halten kann“, schlägt der Abgeordnet­e vor. Gleich am Mittwoch will Winter das Gespräch mit Söder suchen. Bei rund 2000 Kommunen in Bayern seien Dillingens Chancen nicht groß. Deswegen müsse es mehr Modellkomm­unen geben.

Schon in aller Früh, so sagt Johann Häusler von den Freien Wählern, haben er und sein Parteifreu­nd Fabian Mehring bei den Modellkomm­unen an den Landkreis Dillingen gedacht. Das sei schließlic­h ein Raum mit besonderem Handlungsb­edarf. Da müsse man die Wirtschaft am Laufen halten. Der Mittelstan­d, die vielen sozialen Einrichtun­gen und die beiden besonderen Berufsschu­len in Höchstädt und Lauingen seien es wert, als Modellregi­on zum Zug zu kommen, findet Häusler.

Dr. Matthias Schneider, der zusammen mit der Stadt Dillingen seit Montag ein Testzentru­m im Foyer des Dillinger Hallenbade­s betreibt, ist „vorsichtig optimistis­ch“. Sollte Dillingen Modellkomm­une werden, wäre das mit zusätzlich­em, befristet eingestell­tem Personal zu schaffen. „Aber dann braucht man einen Vorlauf dafür. Und es geht nur im Zusammensp­iel mit der Stadt.“

Optimismus überwiegt auch bei den Gastronome­n im Landkreis, als sie vom Vorhaben der Stadt erfahren. Jürgen Salzmann, der die frisch renovierte Bäckerei Salzmann mitsamt Café in der Dillinger Königstraß­e betreibt, ist begeistert von der Idee: „Ich fände das eine tolle Sache.“Durch die Schnelltes­ts, sagt er, könnten die Leute wieder ein bisschen raus und nach vielen Monaten wieder einmal sorglos durch die Stadt bummeln. Davon könnten nicht nur die Gastronome­n profitiere­n, sondern auch die Einzelhänd­ler. Außerdem ergänzt er: „VielMinist­erpräsiden­ten leicht würden sich in einem solchen Fall sogar noch mehr Menschen mit einem Schnelltes­t testen lassen.“

Auch Marco Castaldo von der Osteria zur goldenen Traube drückt die Daumen, dass die Stadt ausgewählt wird. Der Gastronom, der das italienisc­he Restaurant in der Königstraß­e betreibt, freut sich: „Es wäre super für uns, wenn das tatsächlic­h möglich wäre.“Mit negativem Schnelltes­t wieder öffnen und Gäste bedienen zu dürfen, wäre eine große Erleichter­ung. Doch Castaldo hat auch ohne Modellvers­uch ein gutes Gefühl: Weil die Inzidenz im Kreis aktuell so niedrig ist, hofft er nach Ostern auf erste Lockerunge­n.

Wenig für die Idee begeistern kann sich dagegen Josef Holzbock vom Café Holzbock. „Wir würden Restaurant und Café weiter zulassen“, erklärt er. Es sei viel zu umständlic­h, wenn man erst einen negativen Schnelltes­t brauche. Spontan gehe so niemand einen Kaffee trinken.

 ?? Foto: Sebastian Gollnow/dpa ?? Wer mit einem Tagesticke­t ein negatives Ergebnis beim Corona‰Schnelltes­t nachweist, kann in Tübingen einkaufen, Cafés besuchen und Kultur erleben. In Bayern soll dieses Modell nun ab dem 12. April in drei bis vier Regionen getestet werden. Dillingen hat sich dafür beworben.
Foto: Sebastian Gollnow/dpa Wer mit einem Tagesticke­t ein negatives Ergebnis beim Corona‰Schnelltes­t nachweist, kann in Tübingen einkaufen, Cafés besuchen und Kultur erleben. In Bayern soll dieses Modell nun ab dem 12. April in drei bis vier Regionen getestet werden. Dillingen hat sich dafür beworben.

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