„Uns braucht man nicht“
Das kleine Theater Knuth aus Eppisburg steht seit mehr als einem Jahr still
Es ist ein Kampf um die Existenz, bei dem jeder Tag zählt: Vielen Unternehmern geht der Lockdown an die Substanz, persönlich wie geschäftlich. Wer nicht als systemrelevant gilt, steht in Corona-Zeiten schnell auf dem Abstellgleis. In unserer Serie stellen wir Beispiele vor.
Eppisburg Im März hat sich der Tag gejährt, an dem mit Eintritt des Lockdowns in Bayern auch die Theatervorhänge fielen. Franka Kilger erinnert sich, passend zum Welttag des Theaters am Samstag, noch gut an ihre letzte Vorstellung und ihre Ängste, die sie danach plagten: „Wir befürchteten damals, dass unser voll ausgebuchter März gestrichen werden könnte, so war es auch, aber wenn mir jemand gesagt hätte, dass wir ein Jahr lang nicht mehr spielen dürfen, ich hätte es nicht geglaubt.“Seitdem wurden bereits mehr als 200 Vorstellungen des kleinen Theaters Knuth aus Eppisburg abgesagt, viele davon sind zwei oder dreimal verschoben worden. Und die lukrativen Auftritte auf großen Festivals fielen schließlich auch ins Wasser.
Seit 2003 arbeiten Franka und Andreas Kilger als Puppenspieler, ein Leben, das sie lieben, aber auch eines, das sich damals mit einem Mal änderte. Das Publikum blieb zuhause, das Theater geschlossen. Früher führten Tourneen das Ehepaar mit ihrem „Theater Knuth“durch ganz Deutschland. Franka und Andreas Kilger lieben und leben ihre Kunst, mussten jedoch nun in ihre alten Jobs als Heilpädagogen zurückkehren. Diese mögen sie zwar, doch die größere Leidenschaft gilt natürlich ihrer Kunst. Die Umstellung fiel nicht leicht, die finanziellen Hilfen vom Staat seien mit allerlei Scherereien verbunden gewesen. „Das Problem ist“, erklärt Andreas Kilger, „dass man Hilfen in Aussicht stellt, dass man dann aber lange nichts beantragen kann, und wenn man’s endlich online beantragen kann, die Bedingungen geändert werden.“
Das hatte für ihn und seine Frau unangenehme Folgen: „Man hat einen Antrag weggeschickt und dachte, man bekommt Geld und kann die Zeit überbrücken. Und dann gibt’s doch nix, weil es heißt‚ da gibt es eine Ausnahme und der kriegt nichts und so ist man immer unter denen, die eigentlich Pech haben.“Auch ihre Steuerberaterin sei mit der Masse an Kleingedrucktem völlig überfordert gewesen. Franka Kilger ergänzt: „Die großen Theater, die eh schon staatlich gefördert werden, die sind immer noch früher dran, als die, die ganz für sich alleine gearbeitet haben.“
Andreas Kilger beklagt, dass Hilfsgelder an den falschen Stellen eingesetzt würden – so würden Investitionen wie Lüftungsanlagen und Reservierungssoftware bezuschusst. Ausstattung, die sie als mobiles Theater nicht benötigen. Die große Gruppe der Kleinkünstler, der auch die Kilgers angehören, sei durch solche Initiativen zu wenig berücksichtigt. Die ersten Gelder kamen erst kürzlich bei ihnen an – aus Sicht der Kilgers, fast ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie, viel zu spät.
Mit einer derart prekären Situation rechneten die Theaterbetreiber wie viele andere Künstler nicht. „Ich dachte, ich brauche nie wieder Zeugnisse, für eine Bewerbung. Das hätte ich mir nie träumen lassen“, sagt Franka Kilger. Ihr Mann Andreas fasst seinen Frust so zusammen: „Was schade ist, dass den Künstlern fälschlicherweise signalisiert wird: ‚Euch braucht man nicht’. Es wird einem jetzt bewusst, wie schnell die Kunst hinten runterfällt.“Ein kleiner Trost für die Puppenspieler sei, dass sie immer gerne als Heilpädagogen gearbeitet haben. Hätten sie jedoch noch einmal die Wahl, würden sie sich wieder für das Künstlertum entscheiden. Trotz allem.
Das Ehepaar wird nun das Theater nebenberuflich weiterführen, sobald es wieder möglich ist. Das habe vor allem finanzielle Gründe, aber es sorge auch für mehr Flexibilität im Alltag und für einen Abschied vom endlosen Reisen. Erste Aufträge kämen bereits wieder herein, so das Ehepaar, denn die Kindergärten haben nun wieder geöffnet. Dort präsentieren sie nun bereits ihr neues Stück: „Mascha und der Bär“. Die Zielgruppe sind die „ganz Kleinen“, Kinder unter drei Jahren. Gastspielreisen bleiben für das Theater „Theater Knuth“aber erst einmal noch Zukunftsmusik.