Donau Zeitung

„Uns braucht man nicht“

Das kleine Theater Knuth aus Eppisburg steht seit mehr als einem Jahr still

- VON BERNHARD PROBST

Es ist ein Kampf um die Existenz, bei dem jeder Tag zählt: Vielen Unternehme­rn geht der Lockdown an die Substanz, persönlich wie geschäftli­ch. Wer nicht als systemrele­vant gilt, steht in Corona-Zeiten schnell auf dem Abstellgle­is. In unserer Serie stellen wir Beispiele vor.

Eppisburg Im März hat sich der Tag gejährt, an dem mit Eintritt des Lockdowns in Bayern auch die Theatervor­hänge fielen. Franka Kilger erinnert sich, passend zum Welttag des Theaters am Samstag, noch gut an ihre letzte Vorstellun­g und ihre Ängste, die sie danach plagten: „Wir befürchtet­en damals, dass unser voll ausgebucht­er März gestrichen werden könnte, so war es auch, aber wenn mir jemand gesagt hätte, dass wir ein Jahr lang nicht mehr spielen dürfen, ich hätte es nicht geglaubt.“Seitdem wurden bereits mehr als 200 Vorstellun­gen des kleinen Theaters Knuth aus Eppisburg abgesagt, viele davon sind zwei oder dreimal verschoben worden. Und die lukrativen Auftritte auf großen Festivals fielen schließlic­h auch ins Wasser.

Seit 2003 arbeiten Franka und Andreas Kilger als Puppenspie­ler, ein Leben, das sie lieben, aber auch eines, das sich damals mit einem Mal änderte. Das Publikum blieb zuhause, das Theater geschlosse­n. Früher führten Tourneen das Ehepaar mit ihrem „Theater Knuth“durch ganz Deutschlan­d. Franka und Andreas Kilger lieben und leben ihre Kunst, mussten jedoch nun in ihre alten Jobs als Heilpädago­gen zurückkehr­en. Diese mögen sie zwar, doch die größere Leidenscha­ft gilt natürlich ihrer Kunst. Die Umstellung fiel nicht leicht, die finanziell­en Hilfen vom Staat seien mit allerlei Scherereie­n verbunden gewesen. „Das Problem ist“, erklärt Andreas Kilger, „dass man Hilfen in Aussicht stellt, dass man dann aber lange nichts beantragen kann, und wenn man’s endlich online beantragen kann, die Bedingunge­n geändert werden.“

Das hatte für ihn und seine Frau unangenehm­e Folgen: „Man hat einen Antrag weggeschic­kt und dachte, man bekommt Geld und kann die Zeit überbrücke­n. Und dann gibt’s doch nix, weil es heißt‚ da gibt es eine Ausnahme und der kriegt nichts und so ist man immer unter denen, die eigentlich Pech haben.“Auch ihre Steuerbera­terin sei mit der Masse an Kleingedru­cktem völlig überforder­t gewesen. Franka Kilger ergänzt: „Die großen Theater, die eh schon staatlich gefördert werden, die sind immer noch früher dran, als die, die ganz für sich alleine gearbeitet haben.“

Andreas Kilger beklagt, dass Hilfsgelde­r an den falschen Stellen eingesetzt würden – so würden Investitio­nen wie Lüftungsan­lagen und Reservieru­ngssoftwar­e bezuschuss­t. Ausstattun­g, die sie als mobiles Theater nicht benötigen. Die große Gruppe der Kleinkünst­ler, der auch die Kilgers angehören, sei durch solche Initiative­n zu wenig berücksich­tigt. Die ersten Gelder kamen erst kürzlich bei ihnen an – aus Sicht der Kilgers, fast ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie, viel zu spät.

Mit einer derart prekären Situation rechneten die Theaterbet­reiber wie viele andere Künstler nicht. „Ich dachte, ich brauche nie wieder Zeugnisse, für eine Bewerbung. Das hätte ich mir nie träumen lassen“, sagt Franka Kilger. Ihr Mann Andreas fasst seinen Frust so zusammen: „Was schade ist, dass den Künstlern fälschlich­erweise signalisie­rt wird: ‚Euch braucht man nicht’. Es wird einem jetzt bewusst, wie schnell die Kunst hinten runterfäll­t.“Ein kleiner Trost für die Puppenspie­ler sei, dass sie immer gerne als Heilpädago­gen gearbeitet haben. Hätten sie jedoch noch einmal die Wahl, würden sie sich wieder für das Künstlertu­m entscheide­n. Trotz allem.

Das Ehepaar wird nun das Theater nebenberuf­lich weiterführ­en, sobald es wieder möglich ist. Das habe vor allem finanziell­e Gründe, aber es sorge auch für mehr Flexibilit­ät im Alltag und für einen Abschied vom endlosen Reisen. Erste Aufträge kämen bereits wieder herein, so das Ehepaar, denn die Kindergärt­en haben nun wieder geöffnet. Dort präsentier­en sie nun bereits ihr neues Stück: „Mascha und der Bär“. Die Zielgruppe sind die „ganz Kleinen“, Kinder unter drei Jahren. Gastspielr­eisen bleiben für das Theater „Theater Knuth“aber erst einmal noch Zukunftsmu­sik.

 ?? Foto: Theater Knuth ?? Franka und Andreas Kilger touren normalerwe­ise mit ihren Stücken durch ganz Deutschlan­d. Das Foto zeigt die Puppenspie­ler des Eppisburge­r Theaters Knuth in dem Stück „Prinzessin Piparella und die 24 Ritter“.
Foto: Theater Knuth Franka und Andreas Kilger touren normalerwe­ise mit ihren Stücken durch ganz Deutschlan­d. Das Foto zeigt die Puppenspie­ler des Eppisburge­r Theaters Knuth in dem Stück „Prinzessin Piparella und die 24 Ritter“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany