Donau Zeitung

Sucuk statt Schweinsha­xe

Im Landkreis Dillingen bestehen jenseits der großen Ketten nicht mehr viele kleine inhabergef­ührte Supermärkt­e. Es gibt aber trotzdem noch Läden, die mit ihrem Angebot eine Nische gefunden haben

- VON CHRISTINA BRUMMER

Landkreis Ein großes Büschel frischer Koriander, Oliven im Jahresvorr­atsglas oder eine Portion zuckersüße­s Baklava: Manche Dinge sind in deutschen Supermärkt­en einfach schwer zu bekommen – oder sehr teuer.

Wer im Landkreis kulinarisc­h im Wortsinne über den Tellerrand blickt, der kann in den spezialisi­erten Supermärkt­en der Region Neues ausprobier­en. Hier finden sich dafür eine Handvoll Läden, die sich auf arabische, türkische oder russische Lebensmitt­el spezialisi­ert haben. Der Markt von Majed Alnumairi ist einer von ihnen, und er ist einer der neuesten, denn er öffnete im Januar seine Türen an der Großen Allee in Dillingen. Für den Betreiber ist er jedoch mehr als ein Job, für ihn ist er der Weg aus der Krise. Drei Jahre arbeitete Alnumairi bei seinem alten Arbeitgebe­r in Gundelfing­en.

Wegen Corona war er dann monatelang in Kurzarbeit, bevor er mit der Eröffnung seines Supermarkt­es wieder neue Hoffnung schöpfte. „Meine Frau und ich haben sechs Kinder, das war mit Kurzarbeit finanziell schwierig“, erzählt der 48-Jährige. In Syrien betrieb er einen kleinen Baustoffha­ndel, kam jedoch vor fünf Jahren nach Deutschlan­d. „Hier ist es super“, sagt er. Und auch der Supermarkt laufe gut. Von seinem Cousin habe er einen Kredit erhalten, um die ersten Waren einkaufen zu können. Alnumairi sagt, es kämen alle möglichen Leute zu ihm und die Kunden seien zufrieden.

Bei ihm bekommt man so manches, was man in einem normalen Supermarkt vermisst. Bulgur in Kilosäcken und verschiede­nen Körnungen, Linsen in allen Farben und Formen, Lammfleisc­h, Sucuk, eine türkische Wurst aus Rind, Kalb und Lamm. Besonders stolz ist er auf seine Käseauswah­l. Der Käse kommt aus Syrien, dem Libanon und der Türkei und füllt drei Fächer im Kühlregal. Noch stemmt der Haunsheime­r die Arbeit im Laden größtentei­ls alleine. Ab und zu hilft ihm seine Familie. „Alleine ist es schwierig“, gibt er zu. Das hindert ihn jedoch nicht daran, von Montag bis Samstag im Laden zu stehen. „Hauptsache nicht zum Arbeitsamt gehen müssen“, sagt der 48-Jährige.

Auch Kamil Dogan betreibt in Lauingen einen Supermarkt, der mehr zu bieten hat als das übliche Sortiment. Den Dogan Market hat er erst vor eineinhalb Jahren zusammen mit seiner Frau Zülfiye übernommen, ist mit dieser Entscheidu­ng aber sehr glücklich. „Ich war die letzten 20 Jahre als Lkw-Fahrer unterwegs“, erzählt er. „Ich wollte einfach runter vom Bock. Statt Lastwagen fahren also Gurken verkaufen“, sagt Dogan und lacht. Er habe schon immer gerne experiment­iert. Seine neue Arbeit empfindet der 59-Jährige als sehr angenehm. „Jeder Kunde, jeder Tag ist eine neue Herausford­erung.“

Den Bedarf an türkischen Lebensmitt­eln sieht Dogan im Landkreis Dillingen doch nicht nur bei türkischst­ämmigen Menschen – im Gegenteil. „80 Prozent unserer Kunden sind Einheimisc­he. Ich bin seit 55 Jahren in Deutschlan­d und die Zeiten haben sich geändert. Die junge Generation ist viel offener. Die wollen nicht nur Schweinsha­xen, die wollen auch andere Geschmäcke­r ausprobier­en.“Was sich gut verkaufe, seien vor allen Dingen Fleisch, Gewürze und frisches Gemüse. Letzteres hole er drei Mal die Woche beim Großmarkt in Stuttgart, so Dogan. Obwohl er sich um das Kaufmännis­che kümmere, so sei jedoch seine Frau die eigentlich­e Chefin. Zülfiye Dogan winkt ab und lacht, gibt dann aber zu: „Es ist schon ganz schön, Chefin zu sein“, sagt sie.

Wer im Landkreis nach Osten reist, für den geht es auch kulinarisc­h gesehen ostwärts. Der Ari Market in Höchstädt bietet neben russischen Lebensmitt­eln auch polnische, rumänische, albanische und türkische Spezialitä­ten. Olga Berbatovci betreibt den Ari Market schon seit elf Jahren zusammen mit ihrem Mann Ibrahim. Noch befindet sich der Markt in der Nähe des Bahnhofes, zieht aber im September in die Herzogin-Anna-Straße um. „Es war schon immer mein Traum, ein eigenes Geschäft zu haben“, erzählt Berbatovci. Als sie nach Deutschlan­d kam, habe sie eine Ausbildung zur Einzelhand­elskauffra­u gemacht, dann jedoch Kinder bekommen.

„In Höchstädt war es damals schwer, einen Job zu finden und ich habe gemerkt, dass mir mein Russisch immer mehr abhandenge­kommen ist“, sagt die 44-Jährige heute. „Dann haben wir es eben gewagt und einen eigenen Laden aufgemacht.“Natürlich kämen viele Kunden, die ihre Wurzeln in Russland oder Osteuropa haben, doch es kämen auch Deutsche. Maultasche­n seien im Markt besonders beliebt. Russische versteht sich. „Die Wurst geht auch immer gut“, sagt Berbatovci. „Weil die so gut gewürzt ist, das sagen sogar die deutschen Kunden.“

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Fotos: Brummer/Berbatovci Majed Alnumairi hat im Januar den Alnumairi Market an der Großen Allee in Dillingen eröffnet.
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Olga und Ibrahim Berbatovci in ihrem Supermarkt in Höchstädt.
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Kamil und Zülfiye Dogan betreiben den Dogan Market in Lauingen.

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