Donau Zeitung

„Das Beste kommt erst noch“

Bayerns Grüne präsentier­en sich bei der Nominierun­g ihrer Kandidaten für die Bundestags­wahl in großer Geschlosse­nheit. Claudia Roth und Toni Hofreiter führen die Liste an. Thomas von Sarnowski ist neuer Landeschef

- VON ULI BACHMEIER

Augsburg Vielleicht ist es ja Zufall, dass der einzige Widerspruc­h, der sich an diesem Nachmittag gegen die Spitzenleu­te der Grünen in Bayern erhebt, von einem 84-Jährigen kommt. Alfred Mayer aus München jedenfalls geht das in der Augsburger Kongressha­lle alles zu glatt. 90-Prozent-Ergebnisse ohne Gegenkandi­daten und ganz ohne kontrovers­e Debatte – das hätte es früher in der einstmals streitlust­igen Partei nicht gegeben. Also tritt Mayer an – gegen Fraktionsc­hef Toni Hofreiter, für Platz zwei auf der Bundestags­liste der bayerische­n Grünen. Es ist ein humorvolle­r Auftritt. „Ihr werdet euch zu Recht fragen: Was will dieser alte Dackel da?“, sagt Mayer und erinnert an den Ernst der Lage: „Von unserer Partei hängt ab, ob die Erde noch zu retten ist.“

Die wenigen Delegierte­n in der Kongressha­lle nehmen den Auftritt des alten Mannes mit Humor. Die vielen anderen, die an diesem Hybrid-Parteitag von zu Hause aus teilnehmen, vermutlich auch. Doch gerade weil die Lage ernst ist und die politische­n Chancen für die Grünen so gut stehen wie wohl noch nie in ihrer Geschichte, bleibt Mayers Auftritt eine Episode. Nur elf Delegierte geben ihm ihre Stimme. Für Hofreiter votieren 296.

Tatsächlic­h wird in Augsburg das Führungspe­rsonal der bayerische­n Grünen in großer Einmütigke­it gewählt. Auch Bundestags­vizepräsid­entin Claudia Roth, die sich ohne Gegenkandi­daten erneut für Platz eins bewirbt, kann sich über ein 95-Prozent-Ergebnis (315 Ja-Stimmen) freuen. Und hinter ihr und Hofreiter werden auch die weiteren Spitzenplä­tze ohne ernsthafte Kampfkandi­daturen besetzt. Auf Platz drei kommt die Bundestags­abgeordnet­e Ekin Deligöz (Neu-Ulm), auf Platz vier der frühere Landesvors­itzende Dieter Janecek (München). Die Botschaft lautet: Niemand soll in diesem Bundestags­wahlkampf an der Entschloss­enheit der Grünen zweifeln.

Es herrscht Einigkeit. „Vielleicht waren wir Grüne noch nie so wichtig wie heute“, sagt Roth und ruft in die Halle: „Mit euch zusammen will ich den Wahlkampf unseres Lebens führen.“Für Hofreiter geht es bei der Bundestags­wahl um eine entgesamte scheidende Weichenste­llung: „Gelingt es uns, unsere Demokratie und unsere Lebensgrun­dlagen zu verteidige­n und zu erhalten?“Er zeigt sich überzeugt: „Das Beste kommt erst noch.“Als Wahlziel gibt er aus: „Wir wollen die führende Kraft in unserem Land werden.“

Ins selbe Horn stößt der Bundesvors­itzende Robert Habeck in einer Videobotsc­haft an die Landesdele­giertenkon­ferenz in Bayern. Er wolle den stärksten grünen Wahlkampf führen, der jemals geführt worden sei, „mit dem besten Ergebnis, das eine grüne Partei jemals geholt hat“.

Die Disziplin beim Spitzenper­sonal der Ökopartei reicht so weit, dass nicht einmal in Hintergrun­dgespräche­n über taktische Erwägungen diskutiert wird. Auf die Frage, wer ihnen denn als Kanzlerkan­didat der Union der liebere Gegner wäre – Markus Söder (CSU) oder Armin Laschet (CDU) – gibt es keine Antwort. Zwar ist allen klar, dass Söder als Kanzlerkan­didat aus Bayern gerade in Bayern viele zusätzlich­e Stimmen ziehen könnte. Zumindest bei Franz Josef Strauß und Edmund Stoiber sei das so gewesen. Doch bange ist ihnen vor dem CSU-Chef offenbar nicht. Söder, so heißt es, polarisier­e wie kein Zweiter. Das könne für die Grünen ein Vorteil sein – in Bayern wie auch bundesweit. Außerdem sei die Situation heute mit den Wahlkämpfe­n vor 20 oder 40 Jahren nicht zu vergleiche­n.

Mit großer Mehrheit wird bei dem Parteitag in Augsburg auch ein Nachfolger von Eike Hallitzky im Amt des Landesvors­itzenden gewählt. Der 33-jährige Thomas von Sarnowski aus dem oberbayeri­schen Ebersberg setzt sich mit 297 zu 33 Stimmen gegen Hans-Jürgen Hödl aus Niederbaye­rn durch. Mit der Co-Vorsitzend­en Eva Lettenbaue­r, 27, bildet Sarnowski das jüngste Führungsdu­o eines grünen Landesverb­andes in Deutschlan­d.

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Foto: Ulrich Wagner Der Alte und der Neue: Eike Hallitzky (links) übergab am Samstag das Amt des Landesvors­itzenden der bayerische­n Grünen an seinen Nachfolger, den 33‰jährigen Thomas von Sarnowski aus Ebersberg.

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