Donau Zeitung

Häusler lag nach Treppenstu­rz im Landtag in der Klinik

Der Abgeordnet­e der Freien Wähler spricht in seinem Büro in Wertingen über das Riesenglüc­k, das er bei diesem Malheur hatte, seine politische Arbeit in Corona-Zeiten – und ob er 2023 noch einmal kandidiere­n will

- Interview: Berthold Veh

Wertingen Seit 2014 sitzt Johann Häusler von den Freien Wählern im Bayerische­n Landtag. In diesen Tagen wurde der Biberbache­r als stellvertr­etender Vorsitzend­er der FWLandtags­fraktion bestätigt (wir berichtete­n). Bei einem Interview in seinem Wertinger Büro anlässlich der Halbzeit der Legislatur­periode verrät der 69-Jährige ganz nebenbei eine dramatisch­e Begebenhei­t. Denn Häusler hatte, wie unserer Zeitung jetzt bekannt wurde, vor einigen Wochen viel Glück im Unglück.

Hallo, Herr Häusler. Wie geht es Ihnen?

Johann Häusler: ganz gut.

Inzwischen wieder

Was ist denn passiert?

Häusler: Ich hatte Riesenglüc­k, denn ich bin im Dezember auf der Treppe im Bürogebäud­e des Landtags gestürzt. Emotional war das für mich ein Problem, denn ich war etwa vier Stunden ohne Bewusstsei­n. Als ich aufwachte, lag ich im Unfallklin­ikum der Ludwig-Maximilian­s-Universitä­t. Beim Treppenstu­rz hatte ich eine Wunde am Kopf erlitten und viel Blut verloren. Aber jetzt ist alles wieder einigermaß­en in Ordnung. Nur die Bandscheib­en sind etwas verschoben und zwicken noch. Die Erste Hilfe war im Übrigen eine parteiüber­greifende Aktion. Der Grünen-Abgeordnet­e Johannes Becher war Ersthelfer, und Benjamin Miskowitsc­h von der CSU hat mich erstversor­gt.

Dann weiter gute Besserung. Sind Sie eigentlich schon gegen Corona geimpft? Häusler: Ich habe überrasche­nderweise am Freitag einen Termin bekommen. Im Landkreis Augsburg waren zusätzlich­e Mengen des Impfstoffs AstraZenec­a vorhanden. Die 60- bis 70-Jährigen konnten sich für diese 3500 Dosen anmelden. Und da habe ich mit meiner Frau einen Termin bekommen.

Wie hat Corona Ihre politische Arbeit verändert?

Häusler: Auf der einen Seite habe ich jetzt am Abend oft frei, denn es ist derzeit vielleicht noch eine Videokonfe­renz pro Woche in den Abendstund­en. Auf der anderen Seite kümmere ich mich sehr viel mehr um ganz individuel­le Probleme von Menschen, die bei mir Rat suchen. Etwa um Gastronome­n, die nicht öffnen dürfen, Hoteliers, die ihr Personal verlieren, Selbststän­dige, die keine Corona-Hilfe bekommen haben, Arbeiter, denen 900 Euro Kurzarbeit­er-Geld im Monat nicht reicht… Ich bekomme ganz viele kritische Mails zur Corona-Politik. Und ich beantworte in der Regel alle, das sind oft 25 Emails täglich.

Stehen Sie hinter der Corona-Politik? Häusler: Ich warne davor, Corona auf die leichte Schulter zu nehmen. Die Erhöhung der Sterblichk­eit ist in dieser Pandemie signifikan­t. Ich bin der Meinung, dass wir die Bewältigun­g der Krise in Bayern im Großen und Ganzen vernünftig hinbekomme­n haben. Die Freien Wähler fordern aber auch, nicht nur auf die Inzidenzwe­rte zu achten, sondern auf die Gesamtlage, etwa die Verfügbark­eit von Intensiv-Betten. Wir reichen jetzt auch Verfassung­sklage gegen das Bundesinfe­ktionsschu­tzgesetz ein, weil dadurch Click und Meet sowie Click und Collect ab einer Inzidenz von 100 nicht mehr möglich sein werden. Wir müssen unsere Händler schützen. Denn die Pandemie hat den Wandel verstärkt – weg von lokalen Einzelhänd­lern hin zu großen Online-Konzernen. Und warum sollte man im Frühling nach 21 Uhr, wenn es hell ist, draußen nicht mehr spazieren gehen können. Auf der anderen Seite halten wir das Tragen von Masken für einen sinnvollen Infektions­schutz. Wenn darüber geklagt wird, dass auch Kinder eine Maske tragen müssen, dann ist das ein Problem der Eltern. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder das ganz selbstvers­tändlich akzeptiere­n.

Vor Kurzem wurden Sie erneut zum stellvertr­etenden Vorsitzend­en der FW-Landtagsfr­aktion mit ihren 27 Abgeordnet­en gewählt.

Häusler: Das letzte Mal habe ich drei Wahlgänge gebraucht, dieses Mal wurde ich im ersten Anlauf gewählt. Mit so vielen Stimmen hatte ich nicht gerechnet. Ich empfinde es so, dass meine Arbeit honoriert wurde.

Was sind Ihre Schwerpunk­te in dieser Legislatur­periode?

Häusler: Ich bin Mitglied im Sozialauss­chuss. Und im Rahmen meiner Vorstandst­ätigkeit kümmere ich mich als ehemaliger Landwirt und langjährig­er Geschäftsf­ührer der Erzeugerge­meinschaft Franken-Schwaben um Fragen der Landwirtsc­haft. Zentrales Thema war für mich, die Vereinbark­eit von Familie und Beruf zu stärken. Elterngeld, Krippengel­d, Freistellu­ng von Kindergart­engebühren – bis zur Einschulun­g sollte die Betreuung für Familien kostenfrei sein. Das haben wir erreicht. Zusammen mit der CSU haben die Freien Wähler 73.000 zusätzlich­e Kindergart­enplätze gefördert, 2000 weitere Assistenzk­räfte wurden eingestell­t. Wirtschaft­spolitisch ging es mir um die Förderung der Erneuerbar­en Energien und der technologi­schen Entwicklun­g.

Was sagen Sie zu Söders Ambitionen, Bundeskanz­ler werden zu wollen? Häusler: Mich hat nur überrascht, wie er das eingefädel­t hat. Söder wollte ja zur Kandidatur gedrängt werden. Nachdem das niemand von der CDU gemacht hat, wurde er selbst aktiv.

Was halten Sie davon?

Häusler: Je länger die Entscheidu­ng dauert, desto besser werden Söders Chancen. Ich würde es ihm wünschen.

Damit Sie ihn in München loshaben? Häusler: Es ist nicht nachteilig, wenn

Söder in Berlin ist. Mit Armin Laschet sind die Chancen auf eine unionsgefü­hrte Regierung gering. Söder führt besser, er ist ein charismati­scherer Wahlkämpfe­r. Mir missfällt es mitunter auch, dass er uns manchmal bevormunde­t. Aber Markus Söder ist ein Macher-Typ und gegenwärti­g der Einzige, der ein Links-Bündnis in Berlin verhindern kann.

Welche Ziele verfolgen Sie für den zweiten Teil der Legislatur­periode? Häusler: Wir brauchen einen Runden Tisch mit allen relevanten Verbänden und Organisati­onen zur Zukunftsfä­higkeit der Landwirtsc­haft. Außerdem ist mir ein Seniorenmi­twirkungsg­esetz ein Herzensanl­iegen. In jeder Kommune ab 5000 oder 10.000 Einwohnern sollte es einen gewählten Seniorenbe­irat geben, der die Interessen der älteren Mitbürger vertritt.

Thema Alter. Bei der nächsten Landtagswa­hl sind Sie 71. Treten Sie 2023 nochmals an?

Häusler: Diese Frage kann ich heute nicht beantworte­n. Von der Sache her traue ich mir das absolut zu, ich habe jetzt so viele Einflussmö­glichkeite­n, um die Zukunft unserer Heimat mitgestalt­en zu können. Aber ich weiß nicht, ob ich das in zweieinhal­b Jahren alles leisten kann. Zudem liegt der Ball nicht bei mir, sondern bei den FW-Kreisverbä­nden Dillingen und Augsburg, ob sie mir noch mal ein Angebot machen. Wenn ein junger Kollege da ist, der unbedingt antreten will, würde ich sicher nicht im Wege stehen. Ich habe den Generation­enwechsel immer unterstütz­t und mich beispielsw­eise vehement dafür eingesetzt, dass mein Parteifreu­nd Fabian Mehring einen guten Platz auf der schwäbisch­en Wahlkreisl­iste bekommt. Auf der anderen Seite macht mir meine Arbeit richtig Spaß. Stand heute kann ich mir eine Kandidatur 2023 sehr gut vorstellen.

 ?? Foto: Berthold Veh ?? Dieses Bild zeigt den FW‰Landtagsab­geordneten nicht vor dem Maximilian­eum in München, sondern vor seinem Büro in der Laugnastra­ße in Wertingen. Der 69‰Jähri‰ ge spricht in einem Interview über seine Themenschw­erpunkte und das Glück, das er jüngst bei einem Treppenstu­rz hatte.
Foto: Berthold Veh Dieses Bild zeigt den FW‰Landtagsab­geordneten nicht vor dem Maximilian­eum in München, sondern vor seinem Büro in der Laugnastra­ße in Wertingen. Der 69‰Jähri‰ ge spricht in einem Interview über seine Themenschw­erpunkte und das Glück, das er jüngst bei einem Treppenstu­rz hatte.

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