„Was für ein verrücktes Jahr!“
Mountainbikerin Theresia Schwenk hat nicht nur Team und Trainer gewechselt, sondern sich auch Gedanken über ihre Spezialisierung gemacht. Jetzt hofft die Wittislingerin trotz Corona auf möglichst viele Rennstarts im Sommer
Als Individualsportlerin ist Theresia Schwenk von den Corona-Beschränkungen nicht so sehr betroffen wie etwa Handballer oder Fußballer. Doch auch die aus Wittislingen stammende Mountainbikerin kann mit Blick auf die vergangenen zwölf Pandemie-Monate nur feststellen: „Was für ein verrücktes Jahr!“2020 durfte die Studentin erstmals im August an den Start gehen. Die neue Saison 2021 begann für die 25-Jährige jetzt immerhin schon im März mit zwei BundesligaRennen im südlichen Landkreis Günzburg. Darüber, aber auch ihren Trainer- und Teamwechsel sowie die sportlichen Ziele 2021 sprachen wir mit Theresia Schwenk.
Theresia, Sie studieren seit über fünf Jahren in Heidelberg. Kommen Sie ab und zu noch nach Wittislingen? Schwenk: Aktuell bin ich im zweiten Master-Semester Wirtschaftspädagogik an der Uni Heidelberg. Auch weil die Trainingsbedingungen hier perfekt sind, ist die Stadt mein Zuhause geworden. Ich komme aber nach wie vor sehr gerne nach Wittislingen und in den Landkreis Dillingen, wo meine Eltern wohnen. Wittislingen ist meine Heimat.
In Ihrer Mountainbike-Karriere gab es vergangenes Jahr eine große Veränderung …
Schwenk: Ich fahre seit 2020 für das Team Bulls. Ursprünglich kam das daher, dass ich mich mehr auf Mountainbike-Enduro konzentrieren wollte und Bulls in diesem Bereich Aktive gesucht hat. Letztes Jahr hatte ich den Plan, die komplette Enduro World Series zu fahren, so wären wir im März für zwei Rennen nach Südamerika geflogen. Bedingt durch Corona wurde diese Reise dann aber natürlich vollständig abgesagt und auch alle weiteren Rennen erst mal auf Eis gelegt. Aufgrund der ruhigen Zeit während Corona habe ich mir dann viele Gedanken über meine sportlichen Ziele gemacht und beschlossen, mich doch noch einmal voll auf Cross-Country zu konzentrieren. Ich bin sehr froh, das Bulls voll hinter meiner Entscheidung stand und mich jetzt im Cross-Country unterstützt.
Wie lautet Ihr Fazit zur Corona-Saison 2020?
Schwenk: Was für ein verrücktes Jahr! Die erste Saisonhälfte fand überhaupt nicht statt, weshalb ich mich auf mein Studium konzentriert und meine Bachelor-Arbeit geschrieben habe. Ich habe dann im Frühjahr meinen Trainer gewechselt und für mich festgelegt, dass ich meine Träume und Ziele im CrossCountry wieder verfolgen möchte.
Philipp Seipp, mein neuer Coach, ist eigentlich Trainer im Triathlon-Bereich und ist dort eine richtige Koryphäe. Unter anderem betreut er Sebastian Kienle und Laura Philipp, die übrigens seine Frau ist. Der Wechsel hat mir wirklich sehr viel Motivation für Cross-Country gegeben. Im Juni ging es dann ins Höhentrainingslager nach St. Moritz mit einigen AthletInnen der „Seippsquad“– so nennen wir die Trainingsgruppe von Philipp.
… und die Rennergebnisse? Schwenk: Im August konnte ich dann doch noch in die Rennsaison starten. Zwar mit einem Marathon, aber besser als gar kein Rennen. Dort wurde ich Dritte hinter zwei guten Fahrerinnen. Es folgten weitere Starts. Da ich aufgrund der hohen Corona-Zahlen in Tschechien nicht zum World-Cup reisen konnte bzw. wollte, entschied ich mich kurzfristig zwei Cyclocross-Rennen in Deutschland zu fahren, was mir sehr viel Spaß gemacht hat. Bei den beiden Cyclocross-Bundesligarennen wurde ich zweimal Dritte – das war eine große Überraschung bei meiner Cross-Premiere. Der Saisonabschluss war dann die deutsche Meisterschaft im Cross-Country in Obergessertshausen. Bei wirklich verrückten Bedingungen verpasste ich leider knapp das Podium und wurde Vierte. Dennoch konnte ich am Ende der Saison schon einen deutlichen Leistungsfortschritt zum Jahresbeginn oder Vorjahr feststellen und war sehr motiviert für das Wintertraining mit meinem neuen Trainer.
Der südliche Landkreis Günzburg war dann im März 2021 wieder Ihr sportliches Reiseziel, weil erneut Bundesliga-Rennen in Krumbach und Obergessertshausen anstanden. Zufrieden mit Ihrer Leistung?
Schwenk: Ja, sehr zufrieden, auch wenn es vor allem am zweiten Tag nicht so gut lief wie zuvor bei meinen beiden Saisonauftakt-Starts in Italien. Beide Läufe in Mittelschwaben waren international sehr stark besetzt, sogar die amtierende Weltmeisterin war dabei. In Krumbach konnte ich sehr lange mit der Spitsehr zengruppe mitfahren, was mich, ehrlich gesagt, sehr überrascht hat. Platz neun. Ich hab mich ein bisschen geärgert, weil ich in der letzten Treppenabfahrt unnötigerweise gestürzt bin. Ich war einfach so erschöpft. Das hätte ich mir sparen können, dann wäre vielleicht noch Platz acht drin gewesen.
Wie lief es einen Tag später in Obergessertshausen?
Schwenk: Sonntag war ein total verrücktes Rennen. Vom letzten Jahr wusste ich, wie krass die Bedingungen sein können. Heuer war der Boden im Wald fast komplett gefroren und auf den Wiesenflächen war es total matschig. Da müsste man eigentlich zwei völlig unterschiedliche Reifen wählen. Die Reifenwahl war demnach sehr wichtig für das Rennen, quasi wie bei der Formel 1. Ich habe durchaus gute Entscheidungen getroffen, bin aber dennoch in den matschigen Wiesenabschnitten kaum vom Fleck gekommen und musste, wie die anderen Fahrerinnen auch, viele Passagen schieben. Im Wald fühlte ich mich richtig wohl und vor allem die technischen Passagen machten mir viel Spaß. In der letzten Runde ist mir dann leider in einer Abfahrt ein Fehler unterlaufen und ich bin gestürzt. Deshalb musste ich die letzte halbe Runde komplett im Stehen fahren. In den matschigen Passagen bin ich so aber kaum vorangekommen, da ich keinen Grip am Hinterrad hatte. Am Ende kam ich auf Rang 13. Bis Platz 15 gibt es Weltrangliste-Punkte. So bin ich mit meiner Leistung als drittbeste Deutsche dieses Laufs zufrieden und freue mich schon sehr auf die kommenden Rennen.
Wie geht es für sie 2021 weiter? Welche Ziele verfolgen Sie, welche sportlichen Höhepunkte stehen an?
Schwenk: Ende April möchte ich das nächste Bundesliga-Rennen in Heubach fahren. Und dann folgen im Mai schon die ersten World-Cups. Die sind definitiv die Saison-Höhepunkte.
Corona: Wie ist die Situation für Sie als Leistungssport-Mountainbikerin? Schwenk: Dadurch, dass wir eine Individualsportart sind, sind wir von den Corona-Beschränkungen gar nicht stark betroffen. Ich kann mein Training ganz normal ausüben, nur beim Krafttraining mussten wir ein bisschen kreativ werden. Die Fitnessstudios sind ja überall geschlossen. Für die Wettkämpfe ist aktuell schon etwas Mehraufwand nötig, weil wir uns viel testen lassen müssen und zum Beispiel bei Rennen im Ausland zahlreiche Dokumente brauchen, um die Reise durchführen zu können. Verordnungen lesen, Quarantäne-Pflichten checken oder mit dem Ordnungsamt austauschen – das alles gehört gerade als Leistungssportlerin zum Corona-Alltag. Das viele Testen und Informieren sehe ich aber durchaus auch als meine Pflicht an und finde das nicht schlimm.